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Im Alperia-Dschungel

Mit ihrer Verwirrung über die neuen Alperia-Angebote sind viele Stromkunden nicht alleine. “Es ist äußerst kompliziert”, gesteht sogar VZS-Geschäftsführer Andreaus.
Kompass
Foto: web

Die Südtirolerinnen und Südtiroler werden diese Aktion zu schätzen wissen”, zeigte sich Magdalena Amhof überzeugt als vor rund zwei Wochen bekannt wurde, dass die landeseigene Energiegesellschaft Alperia ab sofort  (noch) kunden- und familienfreundlicher sein will und dazu neue Angebote für ihre Kunden ausgearbeitet hat. Ob Amhof recht behalten wird, kann man zum heutigen Zeitpunkt nicht sagen, denn viele Südtirolerinnen und Südtiroler – viele Alperia-Kunden sind zunächst einmal eines: verunsichert. Und Walther Andreaus spricht von einer “verpassten Chance”.

Fragen über Fragen

Mehr Leistung zum gleichen Preis: Unter diesem Motto gibt es bei Alperia seit 4. April den Tarif “Alperia Family”. Haushalte, die einen 3 Kilowatt-Anschluss nutzen, können ohne Tariferhöhung auf einen 4,5 Kilowatt-Anschluss umsteigen. Familien, die dazu noch auf den freien Markt wechseln und ihre Anschlussleistung von 3,3 auf 4,95 Kilowatt erhöhen, bekommen einen Bonus von 90,75 Euro. Daneben gibt es das Angebot “Alperia Free”, bei dem es einen Rabatt auf die Stromrechnungen und einen Bonus von 60 Euro gibt, wenn ein Kunde vom geschützten auf den freien Markt von Alperia wechselt. Soweit die Informationen, die von den Zuständigen der Energiegesellschaft an die Öffentlichkeit weiter gegeben wurden, als sie die Neuheiten Anfang April präsentierten. Die ersten Reaktionen fielen positiv aus. Genugtuung beim Landeshauptmann, Lob aus den Reihen der Gewerkschaften (“eine zweifellos anerkennenswerte Entscheidung zu Gunsten der Endverbraucher” – Tony Tschenett, ASGB) und zufriedene SVP-Arbeitnehmer.

Doch die anfängliche Euphorie ist längst nicht überall angekommen. Verunsicherung macht sich breit unter den Alperia-Kunden: Bringt mir eine Erhöhung der Leistung von 3 auf 4,5 Kilowatt tatsächlich Vorteile? Wie funktioniert der Umstieg und muss ich dafür etwas zahlen? Wie lange bin ich an das Angebot gebunden? Und wenn ich bereits einen 4,5 Kilowatt-Anschluss nutze, komme ich trotzdem in den Genuss des günstigeren 3-Kilowatt-Tarifs? Das sind nur einige Fragen, mit denen sich interessierte Familien in den vergangenen Tagen bei Alperia gemeldet haben. Aber nicht nur dort. So berichtet der Landtagsabgeordnete der Bürgerunion, Andreas Pöder, dass sich immer mehr verärgerte Stromkunden meldeten, “die sich falsch informiert und an der Nase herum geführt fühlen”. Er geht bereits so weit, das “Alperia Family” Angebot als “mögliche Mogelpackung” zu bezeichnen. Dass es trotz anders lautender Ankündigungen von Politik und Betrieb “gar nichts umsonst”, also gratis gibt, bemängelt auch die Südtiroler Plattform für Alleinerziehende. Dort kritisiert man, dass nur diejenigen in den Genuss der Vorteile des neuen Familien-Tarifs kämen, “die Geld investieren können und bereit sind, sich mit der komplizierten Änderung auseinander zu setzen oder sich gut beraten lassen”.

Sogar Experten brauchen Zeit

Die erste Anlaufstelle dafür ist die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS). “Wir haben tatsächlich bereits viele Anrufe bekommen”, bestätigt VZS-Geschäftsführer Walther Andreaus. Vor allem der neue “Family”-Tarif von Alperia habe großes Interesse in der Bevölkerung geweckt – entsprechend groß sei die Anzahl der Nachfragen und Hinweise, die es in jüngster Zeit dazu gegeben habe. Aber die Neuheiten aus dem Hause Alperia zu verstehen und zu vergleichen sei “äußerst kompliziert”, räumt Andreaus ein. So kompliziert, dass die Verbraucherschützer sich bislang nicht zu Wort gemeldet haben. “Eine Mitarbeiterin hat die neuen Angebote durchgekaut”, berichtet der Geschäftsführer. Nun, zwei Wochen später, ist man dabei, die Arbeiten abzuschließen. “Wir haben uns alles ganz genau angeschaut und werden unsere detaillierten Schlussfolgerungen in den kommenden Tagen bekannt geben”, kündigt Andreaus an. Allerdings in schriftlicher Form, ansonsten riskiere man, noch mehr Verwirrung in den ohnehin schon vorhandenen Tarifdschungel zu bringen.

Ein erstes Fazit

“Was ich heute schon sagen kann”, fährt Andreaus im Gespräch mit salto.bz fort, “ist, dass das ‘Alperia Family’ Angebot so kostenlos gar nicht ist und andererseits auch nicht günstig”. So hat man bei der VZS unter anderem festgestellt: “Wenn man sich für die neue Vertragsleistung von 4,5 statt 3 Kilowatt entscheidet, sind damit Kosten verbunden, und zwar über 150 Euro im Dreijahreszeitraum.” “Auf der anderen Seite”, meint Andreaus, “gibt es, wenn ich beim 3 Kilowatt-Anschluss bleibe, aber auf den freien Markt wechsle, große Einsparmöglichkeiten: bis zu 366 Euro im Jahr”. Da der geschützte Strommarkt in absehbarer Zeit abgeschafft wird – “trotz Proteste unsererseits”, betont Andreaus –, rät die VZS den Stromkunden sich aktiv nach den günstigsten Angeboten, die der freie Markt bietet, umzuschauen. Und zwar auf dem Portal der Aufsichtsbehörde für Strom, Gas und Wasser.

Doch was sagt Andreus nun zu “Alperia Family” – ist das Angebot eine Mogelpackung, wie Andreas Pöder vermutet? “Das kann man insofern nicht sagen, als dass es je nachdem in welcher Situation sich jemand befindet, diesen oder jenen Bonus gibt, und man sich Fall für Fall anschauen muss.” Eines steht für den VZS-Geschäftsführer allerdings außer Frage: “Hier hat man ganz eindeutig eine Gelegenheit verpasst, einen Beitrag dazu zu leisten, Stromtarife zu vereinfachen und besser verständlich zu machen.”

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Michael Bockhorni Sa., 22.04.2017 - 13:28

Bis jetzt habe ich von alperia nur telefonisch Auskunft bekommen, mit dem Rat als ehemaliger Etschwerke Kunde nicht zu wechseln. Die angefragten schriftlichen Unterlagen, um mir selber ein Bild zu machen, ist mir alperia bisher schuldig geblieben.

Sa., 22.04.2017 - 13:28 Permalink