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Frauenpower

Erstmals wird eine Frau den Vorstandsvorsitz in der Landesenergiegesellschaft übernehmen. Die Hintergründe zur Neuernennung der Gesellschaftsorgane der Alperia AG.
Seit Wochen wird intern gefeilscht. Nur nach außen darf nichts dringen. „Man gibt sich absolut zugeknöpft“, sagt einer der Betroffenen, „ich weiß heute selbst nicht, ob ich bestätigt werde oder nicht“.
Dabei wird die Landesregierung auf ihrer Sitzung am Dienstag die neue Führungsspitze der „Alperia AG“ bestimmen. Die Gesellschaftsorgane der Landesenergie-Holding sind mit der Bilanzgenehmigung verfallen. Am Donnerstag dieser Woche wählt die Alperia-Gesellschafterversammlung einen neuen Aufsichtsrat. Dieser nominiert dann den Vorstand der Alperia-Gruppe.
Die Weichen für diese Ernennungen werden politisch gestellt. Seit Monaten laufen deshalb direkte und durchaus kontroverse Verhandlungen zwischen dem Land, den beiden Gemeinden Bozen und Meran und der Selfin GmbH. Es geht dabei darum, ein Puzzle zusammenzustellen, das allen Bedürftigkeiten Rechnung trägt. Ein fast unmögliches Unterfangen.
Doch jetzt steht das Bild. Dabei wird zu einigen personellen Umstellungen und vor allem zu einem Wechsel an der Vorstandsspitze kommen.
 

Das duale System

 
Die „Alperia AG“ ist eine der Folgen des SEL-Skandals. In den Jahren 2014/15 wird ein Plan in die Tat umgesetzt, der zuvor zwei Jahrzehntelang immer wieder andiskutiert wurde: Die Fusion der zwei wichtigsten lokalen Energiegesellschaften: Der SEL AG und der Etschwerke AG. Heute gehört die Alperia zu 46,38 % dem Land Südtirol, zu je 21 % den Gemeinden Bozen und Meran und 11,62 % der Selfin GmbH.
Die neue Gesellschaft wird zum 1. Jänner 2016 operativ. Das Fusionsprojekt sieht dabei von Anfang eine Organisationsstruktur vor, die nach deutschem Vorbild in der neuen Landesenergiegesellschaft ein duales System einführt.
An der Spitze steht ein sechsköpfiger Aufsichtsrat, der die wichtigen strategischen Entscheidungen trifft. Die Aufsichtsräte sollen dann auch das Bindeglied zu den Gesellschaftern, spricht Land und Gemeinden sein. Für die operative Führung der Alperia ist aber ein sechsköpfiger Vorstand zuständig, dem neben dem Generaldirektor und seinem Stellvertreter auch vier externe Vorstände angehören. Dieses duale System sollte der Unternehmensführung eine gewisse Unabhängigkeit von der Landes- und Gemeindepolitik sichern.
 
 
Kurz vor Weihnachten 2015 wurde die Spitze der Alperia ernannt. Das internationale Beratungsunternehmen Egon Zender hatte alle von den Gesellschaftern vorgeschlagenen Personen einem Vorstellungsgespräch unterzogen und für Vorstand und Aufsichtsrat ein Organigramm vorgeschlagen, das mit geeigneten Kandidaten und Kandidatinnen gefüllt war.
Das Ergebnis: In den Alperia Aufsichtsrat wurden Mauro Marchi (Vorsitzender), Luitgard Spögler (Stellv. Vorsitzende) Maurizio Peluso, Helmuth Moroder, Manfred Mayr und Sabine Fischer entsandt. Für den Vorstand wurde hingegen als Vorsitzender der damalige SEL-Präsident Wolfram Sparber, Giuseppina Martelli, (Vizepräsidentin) Renate König, Siegfried Pohl und der Alperia-Generaldirektor Johann Wohlfarter, sowie sein Stellvertreter Paolo Acuti ernannt.
 
 

Sparbers Wechsel

 
Nach drei Jahren steht jetzt erstmals die Neuwahl der Alperia-Gremien an. Dabei wird es an der Vorstandspitze zu einem Wechsel kommen. Nach Informationen von salto.bz wird der bisherige Vorstandsvorsitzende Wolfram Sparber in den Aufsichtsrat wechseln. Dort soll  Sparber neuer Vizepräsident werden.
Die Rochade ist alles andere als freiwillig, sondern die Folge eines seit langem schwelenden Konfliktes. Es ist kein Geheimnis, dass das Klima zwischen Wolfram Sparber und Generaldirektor Johann Wohlfarter am Gefrierpunkt liegt. „Die reden seit langem nicht mehr miteinander“, sagt einer, der in der Alperia tätig ist. 
 
 
Dazu kommt, dass Wolfram Sparber in einem potentiellen Interessenkonflikt steht, der bisher kaum angesprochen wurde. Sparber leitet seit über einem Jahrzehnt das „Institut für Erneuerbare Energie“ in der Bozner Eurac. Das Institut betreibt angewandte Forschung in den Bereichen komplexe Energiesysteme und nachhaltige Energien. Dazu gehören nicht nur internationale Forschungsprojekte sondern auch direkte Kooperationen mit Industriepartnern. Ziel dieser Kooperationen soll die Entwicklung neuer Produkte oder die Evaluierung von Technologien und Anlagen sein. Diese Konstellation machte deutlich, dass die Rolle als Institutsvorstand und jener als Alperia-Vorstand zu Überschneidungen und Interessenkollisionen führen kann.
Wolfram Sparber wollte unbedingt ein zweites Mandat als Alperia-Vorstand anhängen. Diese Problematik und die Differenzen mit der Generaldirektion dürften letztendlich aber dazu geführt haben, dass sich die Politik für einen Wechsel entschieden hat.
 

Bozner Stechen

 
Auch die Gemeinden Bozen und Meran haben ihre Vertreter für den Alperia-Aufsichtsrat inzwischen nominiert. Vor fünf Jahren nominierte Bozen Mauro Marchi und Meran Maurizio Peluso. Zudem einigten sich beide Städte auf einen gemeinsamen dritten Kandidaten: Helmuth Moroder.
Mauro Marchi und Maurizio Peluso werden jetzt in ihren Funktionen bestätigt. Als dritte Vertreterin der beiden Städte in den Aufsichtsrat wird Paula Aspmair entsandt. Die Ehefrau des Laubenkaufmannes Thomas Rizzolli, die vor Jahren kurzzeitig im Verwaltungsrat eine Etschwerke-Tochter saß, drängt mit viel Schwung und Lobbyismus nach oben. So hat Aspmair bereits innerhalb der Bozner SVP Anspruch auf eine Spitzenkandidatur bei den anstehenden Bozner Gemeinderatswahlen angemeldet. Aspmair möchte Vizebürgermeisterin werden. Es dürfte deshalb kein Zufall sein, dass ausgerechnet Christoph Baur Aspmairs Berufung jetzt in die Alperia besonders befürwortet hat. SVP-Stadtobmann Dieter Steger brachte mit dem scheidenden Seab-Präsidenten Rupert Rosanelli und dem langjährigen Geschäftsführer des Speckkonsortiums Franz Mitterrutzner zwar zwei weitere Namen ins Spiel. Am Ende setzte sich Aspmair aber durch. Auch weil sie von der Bauernfraktion in der Bozner SVP unterstützt wurde.
 
 
Vor diesem Hintergrund würde Helmuth Moroder auf der Strecke bleiben. Doch Bozen und Meran haben sich darauf geeinigt, dass der Ingenieur, Verkehrsplaner und ehemalige Bozner City Manager in den Alperia-Vorstand wechselt.
Die in Rom lebende Wirtschafsberaterin Luitgard Spögler dürfte aus dem Aufsichtsrat ausscheiden. Noch unklar ist, ob Sabine Fischer bleibt. Die „Selfin GmbH“ wird hingegen den Kurtiniger Bürgermeister Manfred Mayr als ihren Vertreter im Aufsichtsrat bestätigen.
Auch um die Präsidentschaft im Aufsichtsrat gibt es noch ein Stechen. Eigentlich sollte Mauro Marchi Vorsitzender bleiben. Doch die Lega beansprucht das Amt für sich. Sie wird heute auf der Landesregierung einen Kandidaten oder eine Kandidatin ins Rennen schicken. Ob sie sich damit durchsetzt, wird sich zeigen.
 

Der neue Vorstand

 
Formal wird die Landesregierung auf ihrer Sitzung am Dienstag nur die Vertreter des Landes im Aufsichtsrat nominieren. Ernannt wird der Aufsichtsrat am Donnerstag auf der Gesellschafterversammlung der Alperia. Noch am selben Tag wird der neuer Alperia-Aufsichtsrat aber auf seiner konstituierenden Sitzung den neuen Vorstand ernennen.
Auch dieses Namenspaket wird politisch in der Landesregierung abgesegnet. Top secret ist dabei der Name der neuen Vorstandsvorsitzenden. Sicher ist: Das Land wird zum ersten Mal in der Geschichte eine Frau an die Spitze der Landesenergiegesellschaft berufen. Nach Informationen von salto.bz soll es sich um die Unterlandler Unternehmerin Flora Kröss (ewo) handeln. Sie sitzt unter anderem im IDM-Verwaltungsrat.
Zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden soll Pietro Borgo nominiert werden. Der ehemalige Iveco-Manager und Verwaltungsrat der Universität ist der Mann den Renzo Caramaschi unbedingt im Vorstand will. Ihren Platz im Vorstand behalten wird auch die Meraner Wirtschaftsberaterin Renate König. Mit Helmuth Moroder und Generaldirektor Johann Wohlfahrter, sowie seinen Vize Paolo Acuti (sie gehören dem Vorstand statutarisch an) ist das Lenkungsgremium des Südtiroler Energieriesen für die nächsten drei Jahre komplett.