Gesellschaft | Weltflüchtlingstag

(K)Ein Tag wie jeder andere

“Vielfach traumatisiert, aber noch lange nicht sicher” seien unbegleitete Minderjährige wenn sie auf ihrer Flucht in Italien landen, mahnt Paula Ladstätter.
Weltflüchtlingstag
Foto: Pixabay

“Es gibt zu viele Flüchtlinge, sagen die Menschen. Es gibt zu wenig Menschen, sagen die Flüchtlinge."
(Zitat Ernst Ferstl, österreichischer Lehrer und Dichter) 

Ein passender Satz für den 20. Juni, an dem auch dieses Jahr der Weltflüchtlingstag stattfindet. Ein Aktionstag, eingerichtet von den Vereinten Nationen, um “an die Stärke, den Mut und die Beharrlichkeit von Millionen Flüchtlingen” zu erinnern. Auch heuer hat das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR anlässlich des Welttages des Flüchtlings einen Bericht zur Entwicklung der Flüchtlingssituation weltweit. 68,5 Millionen Menschen waren Ende 2017 auf der Flucht – so viele wie noch nie und der größte Anstieg der Flüchtlingszahlen in einem Jahr in der Geschichte des UNHCR seit 1951.

“Für uns ist jeder Tag ein Weltflüchtlingstag, um so mehr als sich die Bedingungen der Flüchtlinge und die politische Lage nicht nur in ihren Herkunftsländern, sondern auch in Europa und auch in Italien zunehmend verschärft."
(Evangelisch-Lutheranische Kirche Italiens)

85 Prozent der Flüchtlinge haben 2017 Zuflucht in Entwicklungsländern gesucht, meist in Nachbarländern. Die meisten Flüchtlinge stammen aus Syrien (6,3 Millionen Menschen), gefolgt von Afghanistan (2,6 Millionen) und dem Südsudan (2,4 Millionen).

Die Hälfte der Flüchtlinge sind Kinder unter 18 Jahren. Jeder siebte Flüchtling ist minderjährig und unbegleitet. Anlass für die Südtiroler Kinder- und Jugendanwältin Paula Maria Ladstätter, auf die besonders delikate Situation hinzuweisen. “Kinder auf der Flucht müssen mit allem rechnen: Ausbeutung, Gewalt, Prostitution, Kinderarbeit, Gefängnis, Tod”, warnt Ladstätter. “Sie brauchen besonderen Schutz!”
Allein heuer sind in Italien 2.171 Minderjährige alleine angekommen. Das sind 15 Prozent der insgesamt 14.330 Flüchtlinge, die bis Juni in Italien registriert wurden. Vor zwei Jahren machten die unbegleiteten minderjährigen Mädchen und Jungen noch 13 Prozent aus. “Sie sind vielfach traumatisiert, aber noch lange nicht sicher. Auch wenn sie auf italienischem Boden sind, droht ihnen weiter Gefahr, ausgebeutet zu werden. Auf ein besseres Leben können sie zunächst nur hoffen”, mahnt Paula Ladstätter. In Südtirol kümmert sich die Kinder- und Jugendanwaltschaft seit Jahren um unbegleitete Minderjährige. Ladstätter selbst weiß aus zahlreichen Gesprächen: “Die Minderjährigen müssen allein zwischen Freund und Feind unterscheiden. Ihr Alltag ist von Angst und Verzweiflung geprägt.” Umso mehr freue sie sich über die große Bereitschaft von Südtirolerinnen und Südtirolern, sich für minderjährige Flüchtlinge zu engagieren. Etwa in Form von freiwilligen Vormunden.

“Ein freiwilliger Vormund verbringt mit den minderjährigen Geflohenen Zeit, kümmert sich bei bürokratischen Problemen, organisiert Freizeitangebote, bringt sie mit anderen Jugendlichen in Kontakt, begleitet sie zu Arztbesuchen, unterstützt sie bei der Suche nach Arbeit, lernt Deutsch oder Italienisch mit ihnen”, listet die Kinder- und Jugendanwältin auf. “Das ist eine Möglichkeit, um junge eingewanderte Menschen nachhaltig zu fördern und ihnen in Südtirol ein Leben in Würde und Sicherheit zu ermöglichen”, so Ladstätter. 65 freiwillige Vormunde hat die Kinder- und Jugendanwaltschaft 2017 ausgebildet. 36 davon sind im Verzeichnis beim Jugendgericht eingetragen und übernehmen für unbegleitete Minderjährige eine Art soziale Elternschaft.

Um freiwilliger Vormund zu werden, durchlaufen interessierte Menschen, die älter als 25 sind, eine 17-stündige Ausbildung und werden dann im entsprechenden Verzeichnis beim Landesgericht eingetragen.