Umwelt | Fauna

Ein Falter kehrt zurück

Nach 110 Jahren haben Forscher erstmals wieder den Borealen Zünslerfalter entdeckt: am Sellajoch, im Sonnenschein fliegend. Nun steht ein Gentest an.
Borealer Zünslerfalter
Foto: LPA/Vito Zingerle

Zuletzt wurde der Boreale Zünslerfalter (Agriphila biarmicus) am 18. Juli 1907 in den Dolomiten gesehen. Seither fehlt von der sehr seltene Schmetterlingsart jede Spur, sie galt als verschollen. Nach 110 Jahren vergeblicher Suche wurde sie nun am Sellajoch wiederentdeckt.
Im Rahmen einer Studie des Naturmuseum Südtirol in Zusammenarbeit mit den Tiroler Landesmuseen war erneut gezielt nach dem Borealen Zünslerfalter gesucht worden – mit Erfolg: Auf einem kleinen Quellmoor nahe dem Sellajoch wurde nicht nur ein Exemplar, sondern gleich eine starke Population dieses Falters gesichtet. Die Schmetterlinge wurden am vergangenen 13. und 14. Juli in größerer Zahl im Sonnenschein fliegend beobachtet.

"Mit lediglich 12 bis 17 Millimeter Flügelspannweite ist die Art relativ klein und eher unscheinbar", heißt es aus dem Naturmuseum. "Über die Biologie ist nichts bekannt, vermutlich leben die Raupen an Gräsern. Auch der Lebensraum scheint regional unterschiedlich zu sein, in den Dolomiten leben diese Tiere in Niedermooren, in Nordeuropa in steinigen und moosreichen Biotopen."
Der Boreale Zünslerfalter ist im nördlichen Europa und Nordrussland sowie in Kanada verbreitet. Sein völlig isoliertes Vorkommen in den Alpen – Sellajoch und Armentarawiesen – wird als Relikt aus der Nacheiszeit gedeutet. Das Naturmuseum infromiert: "Tiere mit einem derartigen sogenannten 'arktoalpinen Verbreitungsgebiet' – wie etwa auch das Schneehuhn und der Schneehase – gelten als besonders interessant, weil die Verbreitungsgebiete nach dem Ende der letzten Eiszeit getrennt wurden und kein genetischer Austausch mehr stattfinden konnte."

"Der Boreale Zünslerfalter wird nun erstmals auch genetisch untersucht. Dies wird weitere interessante Erkenntnis über das Tier liefern", freut sich Vito Zingerle, Direktor des Naturmuseums.