Politik | Südtirol

“Referendum kann so nicht stattfinden”

“Die deutsche Fragestellung des Verfassungsreferendums ist falsch.” Andreas Pöder lässt aufhorchen. Für ihn kommt für Südtirol nur die Verschiebung infrage.
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Foto: Screenshot

Muss das Referendum zur Verfassungsreform in Südtirol verschoben und neu einberufen werden? Für Andreas Pöder steht fest: “Es kommt eigentlich gar nichts anderes in Frage.” Denn: “Die offizielle deutsche Fragestellung ist falsch.”

Der heutige 20. Oktober war der letzte Termin für die Aufhängung der Plakate mit der Wahlkundmachung durch die Gemeinden. Die Südtiroler Kommunen haben dabei sowohl die genau textlich vom Innenministerium vorgeschriebenen italienischen Plakate als auch die offiziellen deutschen Wahlkundmachungen aufgehängt. Auf diesen Wahlkundmachungen werden die Wählerinnen und Wähler formell auf das Verfassungsreferendum am 4. Dezember aufmerksam gemacht und es wird der Inhalt der Abstimmung mitgeteilt. Ein Blick auf die von Pöder in mehreren Gemeinden eingeholten Wahlkundmachungen verrät: Während im italienischen Text unter anderem “la riduzione del numero dei parlamentari” steht, so steht in der deutschen Referendums-Fragestellung “Reduzierung der Zahl der Abgeordneten”.


parlamentari” nicht gleich “Abgeordnete”

“Die ‘Abgeordneten’ sind jedoch die Mitglieder der Abgeordnetenkammer, und die Zahl der 630 Abgeordneten wird keineswegs verkleinert”, merkt Pöder an. “Spricht man von ‘parlamentari’, dann schließt das Abgeordnete und Senatoren mit ein. Für die deutschen Wähler in Südtirol ist aber der Begriff ‘Abgeordnete’ wenn eigentlich die ‘Senatoren’ gemeint sind irreführend und falsch.”

Man kann den Südtirolern nicht einfach sagen, stimmt über die Verringerung der Zahl der Abgeordneten ab, während diese Zahl gar nicht verkleinert wird.
(Andreas Pöder)


“Die offizielle deutsche Fragestellung zum Verfassungsreferendum ist falsch und eine Wählertäuschung”, kritisiert der Oppositionspolitiker. Noch hinzu komme, so Pöder, dass auch der italienische Text für die Abschaffung des CNEL (Consiglio Nazionale dell'Economia e del Lavoro) einfach übernommen wurde. “Kein Mensch versteht jedoch in Südtirol, was das CNEL ist, wobei man auch bezweifeln darf, dass dies sehr viele italienische Wähler wissen”.


Konsequenz: Verschiebung?
 
Wer nun glaube, das sei “textliche Erbsenzählerei”, täusche sich, so Pöder. “Denn gerade bei der Reform eines Gesetzes oder wie in diesem Fall der Verfassung geht es um hochsensible juridische Bereiche und somit um Beistriche und einzelne Worte.”

“Das Referendum kann so in Südtirol nicht stattfinden”, ist Pöder überzeugt. Einzig mögliche Konsequenz für ihn: “Das Referendum muss für Südtirol verschoben und neu anberaumt werden”. Andernfalls seien Rekurse und eine Annullierung möglich. Der Landtagsabgeordnete fordert nun Landeshauptmann und Landesregierung auf, “den korrekten deutschen Text sowie die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften für die Südtiroler Wählerinnen und Wähler zu garantieren”. Nachdem die Wahlkundmachungsfrist inzwischen aber vorbei sei, komme aber, so Pöder, nur mehr die Verschiebung der Wahl selbst und die Neukundmachung mit dem richtigen Text und die Bereitstellung von Stimmzetteln mit dem korrekten deutschen Text in Frage.

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gorgias Do., 20.10.2016 - 17:59

Derjenige der die Übersetzung gemacht hat, ist ein inkompetenter Pfuscher. deputati = Abgeordnete, parlamentari = Parlamentarier, das hätte ich zumindest vom Stand aus gewusst. Wer so was aber auch noch professionell macht, hat das auf alle Fälle zu wissen. Wer hat überhaupt den Text übersetzt und wieviel hat er dafür bekommen? Sowas dürfte nicht passieren.

Es ist ein Skandal wie schlecht, ungenau und inkorrekt die Übersetzungen sind, die der Südtiroler Bevölkerung immer wieder und zu allen möglichen Anlässen zugemutet werden. Dass sich das bis zu einem Text für ein bestätigendes Referendum für eine Verfassungsänderung hochzieht ist wohl kaum mehr zu toppen.

Do., 20.10.2016 - 17:59 Permalink
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Luis Durni Fr., 21.10.2016 - 07:33

endlich kann italien die östrreicher mit unendlichen wahlen toppen.
als anarchist freut mich das noch mehr, als die direkte demokratie.

Fr., 21.10.2016 - 07:33 Permalink
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Heinrich Zanon Fr., 21.10.2016 - 08:46

Der äußerst peinliche (um nicht zu sagen unglaubliche) Ausrutscher sollte verdeutlichen, wie wichtig die Arbeit an Terminologiebeständen für eine korrekte Handhabung der Zweisprachigkeit im Rechtsverkehr in Südtirol ist.
Die Relevanz der Terminolgiearbeit ist seit dem Erlass der Durchführungsbestimmung zur Zweisprachigkeit weitgehend verkannt worden.
Die vermurkste Fragestellung sollte allerdings eine Verschiebung des Referendums nicht nötig machen: der Hauptakzent der Fragestellung liegt nämlich darauf, ob der Wähler das Verfassungsgesetz, wie es im Gesetzesanzeiger der Republik Nr.88 vom 15. April 2016 kundgemacht worden ist, zu genehmigen wünscht oder nicht. Und so umschrieben, hat die Alternative als hinreichend klar zu gelten, auch wenn die Inhalte des vorgenannten Verfassungsgesetzes fehlerhaft übersetzt und ohnehin mit sehr unvollständiger Aufzählung wiedergegeben sind.
Daran ändert auch nichts, dass sich kaum ein Wähler die Mühe machen wird, sich den Gesetzesanzeiger zu beschaffen und in ihm nachzulesen (wo er den Gesetzestext auch nur in der italienischen Fassung abgedruckt haben würde).

Fr., 21.10.2016 - 08:46 Permalink
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gorgias So., 23.10.2016 - 17:19

Antwort auf von pérvasion

Das beste wäre wohl die Fragestellung ohne die inhaltliche Zusammenfassung zu formulieren mit dem reinen Verweis auf den Gesetzestext. Eine Zusammenfassung ist immer eine Form von Einflussname und Interpretation. Wer hingeht hat die Pflicht als Staatsbürger sich eh vorher gründlich zu informieren.
Wenn er in der Wahlkabine dann nicht weiss über was abgestimmt wird, sollte dann besser den Stimmzettel zurückgeben und annullieren lassen.

So., 23.10.2016 - 17:19 Permalink