Kultur | Salto Weekend

GARGOOO!

Zum Internationalen Tag der Muttersprache lanciert das "MuseumPasseier" eine Internetplattform, die sich der lokalen Mundart widmet. Und über den Tellerrand hinausblickt.
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Foto: MuseumPasseier

salto.bz: Zum Internationalen Tag der Muttersprache startet im Rahmen des Euregio Museumsjahres 2021 ein Dialekt-Projekt im Museum Passeier. Es lehnt sich lautstark an das "Kunstwort" GARGOOO. Wie ist dieser Zuruf aus dem Tal Andreas Hofers zu verstehen? 

Judith Schwarz: GARGOOO... brüllten angeblich einst die Passeirer Holztreiber, wenn sie Baumstämme bergabwärts schickten, um zu signalisieren: Startklar! Schick Holz nach! Die Bahn ist frei! Wir können weiterarbeiten! 
Das passt doch gut ins Heute: beispielsweise um nach Winterpausen und Lockdowns von Museum zu Museum zu rufen: GARGOOO, es geht weiter! 

 

Wer hat das alte Dialektwort wieder ausgegraben, damit es in verspielter Form unter die Leute und in die Welt gebracht wird? 

Der Autor Sepp Haller hat „Gargo“ 1987 in einem Aufsatz über Waldarbeit erwähnt, der uns zufällig in die Hände gefallen ist. Ein Blick ins Passeirer Wörterbuch von Franz Lanthaler und Harald Haller hat gezeigt, dass der Ruf dort als „Gargoo“ gelistet ist. Wir haben daraus ein „GARGOOO!“ gemacht. Und GARGOOO! zum Titel und Startruf unseres Projekts. That`s it.

Wir fragen nicht ob GARGOOO ein Passeirer Wort ist oder nicht. 

Sprache oder Dialekt…? Das ist seit jeher ein komplexes Thema. „Was als Sprache oder Dialekt eingestuft wird, war und ist eine Machtfrage“ meint in diesem Zusammenhang der Wissenschaftler Hans Karl Peterlini. Wie mächtig ist GARGOOO?

Ganz ehrlich? Diese Frage stellen wir uns nicht, weil sie für unser Projekt irrelevant ist. Wir fragen auch nicht, ob GARGOOO! ein Passeirer Wort ist oder nicht. Oder historisch oder modern. Oder tiefgründig oder sinnlos. GARGOOO! kann alles sein, was ein Wort sein kann. Mächtig aber wohl nicht. Mächtig wär jemand, der bestimmen kann, was GARGOOO! für alle zu bedeuten hat. Oder wer festlegen darf, wer des Wortes mächtig ist und wer nicht. 


Auch die Mundartgedichte von Anna Lanthaler sind Teil des Projektes. Wie modern sind sie 2021?

Keine Ahnung wie modern ihre Gedichte sind. Wir haben Anna Lanthalers Gedichte ausgewählt, weil sie die bekannteste Passeirer Dichterin ist. Als wir ihre – nahezu alle – veröffentlichten Titel recherchiert und getippt hatten, haben wir sie frei sortiert und eine neue Dialektlektüre daraus geformt. Mit dem Hinweis: Wer mag, darf sich selbst einen Reim darauf machen. 


Dialekt in der Verschriftlichung ist immer so eine arge Sache für`s Auge. Das interessante an GARGOOO! ist aber mitunter das grafische Konzept des Grafikers Albert Pinggera. Der Dialekt kommt richtig bildhaft zur Geltung. Was „zeichnet“ die besondere Grafik aus?  

Am besten macht salto.bz demnächst ein Interview mit ihm. Er würde wohl erzählen, „dass man mit Schrift schreien kann“. Und erklären: weshalb GARGOOO! drei verschiedene „O“ hat, warum er bei Dialekt an Holzschnitt denkt, welche Farbe er dem Dialekt zuordnet, und wie er – der normalerweise preisgekrönte Schriften am PC entwirft – die Lettern von GARGOOO! gemacht hat. Er hat Großbuchstaben aus Bastelkarton ausgeschnitten!

GARGOOO ist ein lautmalerischer Schrei. Wird er auch hörbar? 

Auf der Website ja, da wird das seit Jahren verklungene GARGOOO! wieder in den Mund genommen. Vielleicht erstmals in der Geschichte des Wortes auch von Frauen und außerhalb der Passeirer Wälder. Was mit GARGOOO noch passieren wird und kann, ist offen. 

GARGOOO!: Passend für den Lockdown, um mit den Nachbarn ins Gespräch zu kommen... / Quelle: MuseumPasseier