Kultur | Oper•a 20•21

„Ebben? Ne andrò lontana”

Regisseurin Nicola Raab inszeniert Alfredo Catalanis La Wally.
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Foto: ©Mirella Weingarten

Raabs Inszenierung kommt ganz ohne Heimatfilmromantik und illustrierte Berglandschaft aus und konzentriert sich auf den Kern der Geschichte: Eine selbstbestimmte Frau kämpft in einer von Männern dominierten Gesellschaft um ihren Platz und ihre Unabhängigkeit. Erstmals steht der Chefdirigent des Haydn Orchesters Arvo Volmer am Pult einer Oper in Bozen. La Wally, eine Koproduktion von Stiftung Haydn und den Vereinigten Bühnen Bozen, bildet am Donnerstag, 21. und Samstag, 23. März den Abschluss der diesjährigen Opernsaison OPER.A 20.21.

„Ebben? Ne andrò lontana”, singt die Heldin in Alfredo Catalanis Oper La Wally. Die Arie war eine der Glanzpartien von Maria Callas und wurde als Soundtrack zum französischen Kultfilm Diva (1981) weltweit berühmt. Weit weniger bekannt ist die Oper selbst. Nur noch selten steht sie auf den Spielplänen der Opernhäuser. Alfredo Catalani, der 1887 in der Mailänder Zeitung La Perseveranza einen Bericht über den erfolgreichen Heimatroman Die Geierwally von Wilhelmine von Hillern entdeckte, fand Gefallen an der Geschichte und komponierte das Dramma lirico zum Libretto von Luigi Illica. Am 20. Januar 1892 wurde La Wally im Mailänder Teatro della Scala uraufgeführt.

 

Nicola Raab, die für die Regie von Written on Skin von George Benjamin mit dem Abbiati-Preis ausgezeichnet wurde, zeigt eine minimalistisch und auf das Wesentliche reduzierte La Wally: Von kitschiger Bergkulisse und stereotyper Landschaftsdarstellung ist nichts zu sehen. Stilisierte Trachtenkostüme in schwarz-weiß und ein ebenso schwarz-weiß gehaltenes Bühnenbild lassen den Kampf einer Frau um ihren Platz in der von Männern dominierten Gesellschaft noch stärker und klarer in den Vordergrund treten. Und menschliche Abgründe werden umso sichtbarer gemacht. Die Kraft der Natur bricht schließlich über die Protagonisten herein. Die tödliche Lawine wird auch zum Sinnbild der zerstörerischen Kraft gesellschaftlicher Konventionen.

 

Besetzung: Charlotte-Anne Shipley (Wally), Alessandro Guerzoni (Stromminger), Francesca Sartorato (Afra), Francesca Sorteni (Walter), Ferdinand von Bothmer (Hagenbach), Ashley Prewett (Gellner), Enrico Marchesini (Pedone). Regie Nicola Raab, Bühnenbild Mirella Weingarten, Kostüme Julia Müer, Lichtdesign Clifton Taylor. Es spielt das Haydn Orchester unter der Leitung des Chefdirigenten Arvo Volmer. Produktion: Stiftung Haydn von Bozen und Trient. Koproduktion: Vereinigte Bühnen Bozen.

 

Im Mittelpunkt der Geschichte steht eine selbstbestimmte Frau, die in einer von Männern dominierten Welt ihr Recht auf Unabhängigkeit einfordert. Im kleinen Tiroler Bergdorf Hochstoff verliebt sich Wally Stromminger in den Jäger Hagenbach. Geht es nach ihrem Vater, soll Wally jedoch seinen Verwalter Gellner heiratet. Um der vom Vater arrangierten Zwangsheirat zu entgehen, zieht sich Wally zunächst in die Ötztaler Berge zurück („Ebben? Ne andrò lontana“, Nun denn, so werd‘ ich in die Ferne ziehen). Erst nach dem Tod ihres Vaters kehrt Wally ins Dorf zurück. Dort erfährt sie, dass Hagenbach anscheinend eine andere liebt. Während eines Festes küsst Hagenbach Wally, ignoriert sie danach aber. Für diese Demütigung schwört Wally Rache und beauftragt Gellner, Hagenbach umzubringen. Als Gellner Hagenbach in eine Schlucht stürzt, rettet Wally den Verletzten und gesteht ihm, seine Ermordung in Auftrag gegeben zu haben. Liebe, Hass und leidenschaftliche Versöhnung halten Wally und Hagenbach bis zum tragischen Ende im Griff.

Denn im Unterschied zum Roman gewährt Catalani seiner Wally kein Happy End. Er lässt ihren geliebten Hagenbach von einer Lawine in den Tod reißen. Für die scheinbar selbstbestimmte Wally gibt es so kein Weiterleben mehr. Gemäß der Operntradition im 19. Jahrhundert muss schließlich auch die femme fatale sterben, da sonst die Gesellschaft aus den Angeln gehoben würde.

 

La Wally
Bozen, Stadttheater
21.03., 20 Uhr
23.03., 20 Uhr