Politik | Freunde im Edelweiss

Der Dolomiten-Informant

SVP-Senator Meinhard Durnwalder arbeitet im Sinne der SAD-Clique. Das macht ein Schreiben deutlich, das die Athesia als Beweis gegen Karl Zeller verwendet.
Meinhard Durnwalder
Foto: SVP Mediendienst
In der SVP ist man dieser Tage schweigsam. Die Stellungnahmen sind knapp und meistens werden sie nur mehr schriftlich abgegeben.
So etwa erklärt SVP-Senator Meinhard Durnwalder gegenüber RAI Südtirol, dass er sich “zu Unrecht in die Sache hineingezogen” sehe. Er habe in Rom nicht im Interesse der SAD gehandelt, sondern im Interesse der gesamten Branche der Buskonzessionäre und des Landes, teilte der Pusterer SVP-Bezirksobmann am Sonntagabend der RAI schriftlich mit.
Dass die Rolle von Durnwalder junior aber im SAD-Skandal keineswegs so marginal ist, wie er jetzt glaubhaft machen will, zeigt sich, wenn man hinter die Schwärzungen eines Dokuments blickt, das am Samstag auf der Titelseite der Dolomiten veröffentlicht wurde.

“Abhör-Affäre: Der geheime Informant wurde jetzt entlarvt”. Mit dieser Schlagzeile wusste die Tageszeitung Dolomiten am Samstag aufzuwarten. Seit Wochen versucht das Tagblatt aus dem Hause Athesia SVP-Vizeobmann Karl Zeller als den Whistleblower anzuschwärzen, der “bestimmten Medien” die Abhörprotokolle und Audio-Dateien rund um die Ermittlungen im SAD-Skandal zugespielt hat. Gemeinsam mit Alessandro Melchionda vertrat Zeller Arno Kompatscher in dem – inzwischen archivierten – Strafverfahren gegen den Landeshauptmann. Zeller sei der einzige, der sich bei Gericht sämtliche Ermittlungsunterlagen aushändigen hat lassen, behauptet die Dolomiten. Man versucht diese Darstellung mit der Eingabe zu belegen, die Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder gegen Karl Zeller, die Wochenzeitung ff, salto.bz und die Neue Südtiroler Tageszeitung bei der Datenschutzbehörde gemacht hat.
Zeller weist zurück, der Informant zu sein, dank dem auch das am Freitag erschienene Buch “Freunde im Edelweiß” entstehen konnte. Einen Tag später will die Dolomiten Zeller endgültig festgenagelt wissen: Es gebe ein Schreiben, das belege, dass sich die Verteidiger von Kompatscher “als einzige alle Ton-Aufnahmen der Abhörungen besorgt haben”, steht in einem nicht gezeichneten Artikel zu lesen. Der Beweis – das Schreiben – wird gleich mitgeliefert. Es ist der Screenshot einer E-Mail, in der einige Zeilen geschwärzt wurden. So lässt sich nicht nachvollziehen, wer die Mail an wen geschickt hat und welche Personen in dem Schreiben vorkommen. Das könnte eigentlich auch gar nicht weiter relevant sein – spielte da nicht ein weiterer gewichtiger SVP-Exponent eine zentrale Rolle.

Es bedarf keiner großen grafischen Expertise, um den Text unter den schlampig geschwärzten Stellen zu entziffern. Und so erfährt man, dass die Mail vom Rechtsanwalt Andrea Gnecchi verfasst wurde. Er vertritt SAD-Generaldirektor Mariano Vettori und das Busunternehmen Josef Gatterer & Co. OHG, das dem Vater von SAD-Chef Ingemar Gatterer gehört. Nach einem Telefongespräch bestätigt Gnecchi dem Adressaten der Mail schriftlich, dass außer Melchionda und Zeller keiner der in dem Verfahren tätigen Anwälte alle Audio-Dateien angefragt habe. Die Mail verschickt Gnecchi am Mittwoch, 22. Dezember 2021 um 12.55 Uhr. Und zwar an Meinhard Durnwalder, SVP-Senator, -Bezirksobmann im Pustertal und Neffe von Luis Durnwalder.

 

Am Donnerstag, 16. Dezember 2021, hatte die ff in der Titelgeschichte “Provinzielle Abgründe” über Ermittlungsakten zum SAD-Skandal berichtet. Meinhard Durnwalder, der im Artikel auch vorkommt, gegen den aber nie ermittelt wurde, dürfte daraufhin alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, um den Maulwurf ausfindig zu machen, dank dem gerichtliche Dokumente und Audio-Dateien zu den SAD-Ermittlungen den Weg zu den Journalisten gefunden haben. Durnwalder ist selbst Rechtsanwalt und fragt beim Kollegen Gnecchi nach. Dieser informiert sich bei der Staatsanwaltschaft und antwortet Durnwalder: “Egregio collega (…). Ti confermo l’unico difensore che ha ordinato i DVD contenenti gli audio delle intercettazioni telefoniche è il Prof. Melchionda, difensore di Arno Kompatscher unitamente all’Avv. Zeller.”

Meinhard Durnwalder vertritt als Anwalt niemanden im SAD-Verfahren. Warum aber schickt der SAD-Anwalt Andrea Gnecchi diese Erklärung dann an den SVP-Senator? Weil sich Meinhard Durnwalder aktiv an der Hexenjagd auf den stellvertretenden SVP-Parteiobmann Zeller beteiligt? 

Wie das Schreiben von Gnecchi an Durnwalder in die Hände des Athesia-Blattes gelangt ist, lässt sich nicht unmittelbar feststellen. Als parteiinterner Widersacher von Arno Kompatscher und insbesondere Karl Zeller dürfte Durnwalder allerdings jegliches Interesse daran gehabt haben, dass es dort landet. Für eine Stellungnahme war Meinhard Durnwalder für salto.bz vorerst nicht zu erreichen.


 

++ Update ++

 

Zwei Stunden nach Veröffentlichung dieses Artikels lässt Senator Meinhard Durnwalder salto.bz kurt vor 14.30 Uhr folgende schriftliche Stellungnahme zukommen:

“Zwecks Vorbereitung der Eingabe bei der nationalen Garantiebehörde für den Datenschutz bin ich ersucht worden zu erheben, wer Zugang zu den Audiodateien der Staatsanwaltschaft hatte. Ich habe mich mit Kollege RA Andrea Gnecchi gehört, welcher mir das entsprechende Mail zukommen lassen hat. Dieses habe ich zum Zwecke der Eingabe entsprechend weitergeleitet.”

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Sebastian Felderer Mo., 21.03.2022 - 12:56

Oh, jetzt wird es interessant. Wenn Freunde zu Feinden werden, dann kommt die Wahrheit ans Tageslicht. Ob Herrn Durnwalder junior bewusst ist, was in diesen Tagen passiert? Da könnte sogar der Einfluss von Herrn Durnwalder Senioronkel zu schwach werden. Besser gesagt, sogar schädlich. Es wird spannend. Endlich kommt auch das Volk auf seine Rechnung. Nun wird bei geöffnetem Vorhang Theater gespielt. Komödie oder Tragödie, das ist die Frage. Jedenfalls geht es um den letzten Akt.

Mo., 21.03.2022 - 12:56 Permalink
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Klemens Riegler Mo., 21.03.2022 - 12:58

Lisa Gasser ... was wollen Sie mit diesen Zeilen hier sagen?
- dass wohl Durnwalder dieses Mail der Athesia zugespielt hat ? Ja, das ist somit geklärt und steht nun außer Frage. ... mit der gleichen Logik wie Visavis.
- Durfte Anwalt Gnecchi einem "Unbeteiligten" diese Information geben? ... mit der gleichen Logik wie Visavis.
- Dass Durnwalder nicht zur Kompatscher-Fraktion gehört wußten wir schon. Ist auch sein gutes Recht.
Der Fehler im Beitrag ist ein anderer ... bzw. die Frage: Hat seit 22. Dezember 2021 niemand anders um Auszüge oder eine ganze DVD angefragt? ... legal/offiziell ... oder hinten herum erhalten? eventuell sogar schon viel früher.
Wann kommt die nächste Folge dieser Krimi-Serie?

Mo., 21.03.2022 - 12:58 Permalink
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△rtim post Mo., 21.03.2022 - 13:02

Lückenlose Aufklärung tut not. Gut, dass nun die kompetente und kritische Leserschaft — von "Salto" bis "Dolomiten" — im Ergebnis langsam, langsam ein objektiveres, genaueres politisches Gesamtbild bekommt.

Mo., 21.03.2022 - 13:02 Permalink
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Johannes A. Mo., 21.03.2022 - 13:38

Alle wissen, dass Zeller der Maulwurf war und dass Zeller/Kompatscher und die gesamte Seilschaft des Landeshauptmannes aus mächtigen Wirtschaftsberatern, Unternehmern und Immobilienspekulanten ebenso Dreck am Stecken hat, siehe Wahlkampfhilfe von Benko für Kompatscher https://www.spiegel.de/wirtschaft/vertrauter-von-immobilienunternehmer-…

Kann Salto.bz vielleicht wieder den politischen Schützengraben verlassen und nicht einseitig Partei beziehen? Es gibt zwei mächtige Seilschaften in der SVP, Salto.bz sollte nicht zum Kompatscherblattl verkommen und wieder neutral über die Sache berichten. Was der Spiegel kann, kann Salto auch.

Mo., 21.03.2022 - 13:38 Permalink
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Thomas Unterwinkler Mo., 21.03.2022 - 14:08

Antwort auf von Johannes A.

Haben Sie irgendwelche Belege für Ihre Behauptung, dass „Zeller der Maulwurf war“? Genauso gut hätte ein anderer der beteiligten Anwälte, ein mit dem Akt befasster Gerichtsbediensteter oder Staatsanwalt oder ein in der Sache ermittelnder Polizeibeamter die Unterlagen und Dateien weitergeben können.
Weiters schreiben Sie „Wahlkampfhilfe von Benko für Kompatscher“. Nur eben gerade das steht im verlinkten Spiegel-Bericht nicht! Die Wahlkampfspenden kamen von Heinz-Peter Hager und mit ihm verbundenen Unternehmen (und nicht von Benko ) und gingen an die SVP (und nicht an Kompatscher). Dass die SVP wiederum einen guten Teil der Wahlkampfkosten für ihren Spitzenkandidaten aufwendet, ist nichts Ungewöhnliches.

Mo., 21.03.2022 - 14:08 Permalink
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Klemens Riegler Mo., 21.03.2022 - 14:36

Antwort auf von Thomas Unterwinkler

Gut interpretiert!
Wobei es sogar die Dolomiten selbst aufschlüsselt: " ... von den 500.000 Euro die Hälfte, also 250.000 Euro für seinen Klienten Arno Kompatscher reserviert. Die restlichen 250.000 Euro teilte Zeller auf Thomas Widmann, Daniel Alfreider und für die Abdeckung der Kosten für den Wirtschaftswahlkampf ..."
Zeller hatte also sogar Geld für Thomas Widmann "übrig" ... welche Freude und Ironie!

Mo., 21.03.2022 - 14:36 Permalink
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Thomas Unterwinkler Mo., 21.03.2022 - 16:43

Antwort auf von Klemens Riegler

Also wenn es dieses Spendensammlerkomitee gab, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass Zeller da - als Koordinator - nach seinem Gutdünken schalten und walten konnte. Sonst hätte es ja kein Komitee gebraucht, sondern es hätte ein Spendenbeauftragter gereicht.
Und das ist nur einer der Punke in dem tendenziösen Dolomiten-Artikel, der Fragen offen lässt. Es wird ja fast der Eindruck vermittelt, Benko hätte 250.000 € an Kompatscher gespendet … Es war aber nicht Benko, das Geld ging nicht an Kompatscher, und vor allem waren es nicht 250.000 €, sondern 30.000 €. Wohlgemerkt haben auch nicht alle mit Hager verbundenen Gesellschaften automatisch eine Verbindung mit Benko.
Btw, es wäre auch mal interessant zu erfahren, ob und an welche Parteien die Athesia und die mit ihr verbundenen Unternehmen Wahlkampfspenden getätigt haben …

Mo., 21.03.2022 - 16:43 Permalink
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Robert Hölzl Mo., 21.03.2022 - 17:32

Salto macht das Gleiche wie die Dolomiten und die Könige des Mittelalters. Der Überbringer (schlechter) Nachrichten wird an den Pranger gestellt (getötet). Es ist inzwischen mehr als klar, dass ein interner Machtkampf der SVP über die Presse ausgetragen wird. Und wie es scheint, hat jede Seite einen Teil der Presse auf ihrer Seite. An und für sich ein völlig normaler Vorgang (die Idee, dass die Presse nur berichtet und nicht manipuliert, ist schon lange überholt); das Problem in Südtirol ist nur, dass eine Seite schier übermächtig scheint. Umsoschlimmer, dass der Underdog die gleichen Methoden verwendet wie der Gegner. Es wird nur eine Seite dargestellt und die andere verschwiegen. Aber wenn man beide liest, ergibt sich ein komplettes Bild, das keine der beiden Seiten gut davon kommen lässt.

Mo., 21.03.2022 - 17:32 Permalink
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Robert Hölzl Di., 22.03.2022 - 12:01

Antwort auf von Herta Abram

Entschuldigung, aber Sie lesen Sachen, die ich nicht geschrieben habe. Wo habe ich Fakes vermutet? Man muss nicht Fakes veröffentlichen, um Meinung zu bilden. Es reicht, wenn man einseitig nur bestimmte (wahre) Meldungen veröffentlicht, was in diesem Fall beide Seiten tun und getan haben.
Auf was ich hinaus will? Einfach meine Meinung sagen. Ob Sie das konstruktiv finden oder nicht, bleibt Ihnen überlassen.

Di., 22.03.2022 - 12:01 Permalink
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Dietmar Nußbaumer Mo., 21.03.2022 - 20:36

Es ist gut, dass es verschiedene Medien gibt. Und es ist genausogut, dass SüdtirolerIn diese auch konsumiert. Nichts als die Wahrheit werden wir deswegen nicht finden, aber zumindest einen Teil davon.

Mo., 21.03.2022 - 20:36 Permalink
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Josef Fulterer Di., 22.03.2022 - 05:41

Antwort auf von Dietmar Nußbaumer

Es ist schon eigenartig in Südtirol, die schräge Truppe die dem Gatterer die öffentliche Mobilität zu überhöhten Km-Preisen zuschieben wollte, versucht sich hinter lautem Kriegsgeschrei zu verstecken, wer die Schweinereien hinter den Kulissen an die Öffentlichkeit bringt. Ganz nach dem Grundsatz: Nicht der Dieb ist zu bestrafen, sondern alle die zur Aufklärung des Diebstahls beitragen.

Di., 22.03.2022 - 05:41 Permalink
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rotaderga Di., 22.03.2022 - 08:38

Früher, als die Welt noch in Ordnung- die Menschen noch fromm waren, gab es die Kirchenkanzel den Stammtisch die Waschweiber und die Totenbotschafter.

Heute haben wir vielerlei Medien und sogar Parteien deren, wiederum, einziger Zweck nur die Selbsterhaltung ist.

Die Welt dreht sich ungeachtet respektlos trotz dieser Wichtigmacher weiter.

Di., 22.03.2022 - 08:38 Permalink
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Profil für Benutzer Maria Hennadige
Maria Hennadige Mi., 23.03.2022 - 16:31

ja, spannend.
Und ich amüsier mich auch noch über das eigenartige "Kinder"-Deutsch des Herrn Durnwalder:
Ich habe mich mit Kollege RA Andrea Gnecchi gehört, welcher mir das entsprechende Mail zukommen lassen hat

Mi., 23.03.2022 - 16:31 Permalink