Gesellschaft | Rassismus

Sind wir Mittäter?

Am 21. März sind in Südtirol die Aktionswochen gegen Rassismus gestartet, initiiert von der OEW. Schwerpunkt ist systemische Diskriminierung, die im Verborgenen bleibt.
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Foto: Anna Luther

Am 21. März, dem Internationalen Tag gegen rassistische Diskriminierung, sind in Südtirol die Aktionswochen „Stop Racism!“ gestartet. Sie finden zum vierten Mal statt, werden von der OEW-Organisation für Eine Solidarische Welt initiiert und laufen bis zum 3. April. Rund 20 Organisationen, Gruppen und Vereine sensibilisieren mittels Theateraufführungen, Ausstellungen, Lesungen, Gesprächsrunden, Kinoabende und Vorträge für das Problemfeld. Die genauen Termine sind auf www.stopracism.it zu finden.

Die Aktionswochen „Stop Racism!“ werden von einer Öffentlichkeitskampagne begleitet, die die OEW, Comiczeichnerin und Autorin Takoua Ben Mohamed und Kommunikationswissenschaftlerin Samia Kaffouf gemeinsam erarbeiteten. „In der Kampagne stellen wir fünf verschiedene Personen dar, die mit rassistischen Dynamiken im System konfrontiert werden,“ erklärt Samia Kaffouf bei der Pressekonferenz der OEW. Beispielsweise zeigt ein Plakat die schwierige Suche einer Wohnung, ein anderes rassistische Diskriminierung in der Schule. Wer nicht von rassistischer Diskriminierung betroffen ist, kennt diese Probleme oft nicht: „Es ist ein Privileg nicht zu wissen, dass es solche Dinge gibt“, so Kaffouf.

 

„Es ist ein Privileg nicht zu wissen, dass es solche Dinge gibt.“ - Samia Kaffouf

 

Kampagne zu strukturellem Rassismus

 

Die Kampagne richtet sich an alle und will Betroffenen Mut geben: „Von Rassismus betroffene Personen haben auch ihre Würde, wir wollen an sie eine Botschaft des Empowerments schicken“, erklärt Kaffouf. „Es wird immer wichtiger, über diese Dinge zu sprechen. Denn gerade Menschen der zweiten und dritten Generation fühlen sich diesem Land zugehörig, werden aber zurückgewiesen“, sagt Takoua Ben Mohamed auf der Pressekonferenz.

Mit ihrem „drama-komischen“ Zeichenstil spricht die Comiczeichnerin junge Menschen an und bringt ein wenig Leichtigkeit in das schwierige Thema. Mohamed betont, wie wichtig es ist, Rassismen aufzudecken und Dinge klar zu benennen. Deshalb lautet auch der Titel der Kampagne „Rassismus, den du nicht siehst – Bist du Teil eines rassistischen Systems?“

 

 

Diskriminierung durch Gesetze

 

Auf die Frage, was das schwerwiegendste Problem in Bezug auf Rassismus in Italien ist, antwortet Mohamend: „Die grundlegenden Prinzipien der italienischen Verfassung schützen die Rechte von Minderheiten. Allerdings widerspricht eine Reihe von Gesetzen diesen Prinzipien und diskriminiert Menschen aufgrund des sozialen Status, der Ethnie und der Religion. Damit ist das System diskriminierend und auch die Gesellschaft, die Teil dieses Systems ist.“ Als Beispiele nennt sie die Gesetze zur Staatsbürgerschaft und Einwanderung.

 

„Damit ist das System diskriminierend und auch die Gesellschaft, die Teil dieses Systems ist.“ - Takoua Ben Mohamed

 

Dieses Wissen zu rassistischer Diskriminierung innerhalb des Systems werde allerdings nicht verbreitet. „Politiker:innen rechter wie linker Parteien wissen nicht, was die realen Probleme sind und kennen die Lücken im Gesetz zur Staatsbürgerschaft nicht. Diese Dinge weiß nur der, der sie selbst erlebt. Auch ich erfuhr viele Dinge erst, als ich meine Staatsbürgerschaft beantragte,“ so Mohamed.

 

Aufklärungsarbeit zu Rassismus

 

Genau hier will die Kampagne ansetzen. Die Aktionswochen sollen aufzeigen, dass sich Rassismus systemisch durch alle Lebensbereiche zieht. Veranstaltungen verschiedener Organisationen wie Kolpingjugend, Forum Prävention oder die Stadtbibliothek Bruneck laden zur Selbstreflexion ein, um sich über die eigene Position in einer ungleichen Gesellschaftsordnung klar zu werden und andere Positionen zu verstehen.

Wer sich mit Rassismus auseinandersetzen möchte, kann sich außerdem im Internet informieren. Betroffene leisten dort wichtige Aufklärungsarbeit, bestätigt Kaffouf. Dabei ist ihr bewusst, dass das Thema auch Widerstände auslösen kann: „Es ist wichtig, einander zuzuhören und Kritik nicht gleich persönlich zu nehmen, damit ein Dialog entstehen kann,“ sagt sie.  

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Karl Trojer Di., 22.03.2022 - 10:08

Ein effizienter Weg, dem Rassismus vor Ort entgegenzutreten, scheint mir der zu sein, im Ort lebende "Fremde" in örtliche Vereine einzuladen.

Di., 22.03.2022 - 10:08 Permalink