salto.music | In eigener Sache

„Bewegung in die Szene bringen"

Kommende Woche startet mit Salto Music eine eigene, neue Musikplattform auf Salto.bz. Macher Reinhold Giovanett über das neue Projekt und die langfristigen Pläne.
Giovanett, Reinhold
Foto: Anton Ambach

 

Salto.bz: Reinhold, seit einem Monat bist du Teil der Salto-Redaktion und nächste Woche startest du auf Salto ein neues Musikprojekt.
 
Reinhold Giovanett: (lacht). Ja, wie man sagt: „Non vedo l’ora.“ Es hat sich wegen einiger technischer Schwierigkeiten etwas hinausgezogen. Aber jetzt sind wir endlich startklar. Das heißt: Wie werden nächste Woche online gehen. Ganz ehrlich: Ich kann es kaum erwarten. Ich habe in den vergangenen Wochen zwar versucht vorzuarbeiten, das heißt Artikel vorzubereiten, aber das ist verdammt hart. Ich bin nicht einer, der auf Halde schreibt. Ich brauche die Aktualität.
 
Das neue Projekt heißt Salto Music und ist mehr als nur eine Musikseite auf Salto.bz?
 
Ich möchte das anhand meiner persönlichen Motivation erklären. Ich verfolge die Südtiroler Musikszene, aber auch das Trentino und Nordtirol, seit gut 35 Jahren. Dabei habe ich gemerkt, dass wir in diesem Gebiet sei es qualitativ als auch quantitativ, aber auch von der musikalischen Vielfalt her, ein Niveau erreicht haben, für das eine Randspalte, eine Seite oder eine Beilage einfach zu wenig sind. Dieser Kulturbereich hat sich eine breitere Plattform verdient. Ein Art Medium für sich. Salto Music soll dieses Medium werden.
Dieser Kulturbereich hat sich eine breitere Plattform verdient. Ein Art Medium für sich. Salto Music soll dieses Medium werden.
Dein Ziel ist es die gesamte musikalische Bandbreite abzudecken?
 
Ja. Mit Ausnahme der Klassik, der Volksmusik und der volkstümlichen Musik. Aber alles andere muss auf Salto Music Platz haben. Wobei die Grenzen in der Musik natürlich fließend sind und es immer wieder auch Ausnahmen gibt. Aber prinzipiell soll auf Salto Music zwischen HipHop, Death Metal und zeitgenössische Verrücktheiten alles vorkommen. Mit dem klaren Fokus auf Südtirol, Tirol und das Trentino.
 
Salto Music beschäftigt sich aber auch mit der Südtiroler Rock- und Musikgeschichte?
 
Mir ist ein Anliegen nicht nur die Gegenwart einzufangen, sondern auch die Vergangenheit zu erzählen. Deshalb wird es auf Salto Music ein Ressort geben, das „Back in Time“ heißt. Dort wollen wir eine Art Rock-Enzyklopädie entstehen lassen. Das klingt jetzt ein bisschen zu hochgestochen. Aber das Ziel ist es, alle Musiker, Bands und Projekte, die in den vergangenen 50 Jahren unterwegs waren, durch Beiträge zu erfassen. Daraus soll eine Datenbank entstehen, wo man recherchieren kann, Fotos anschauen, aber auch Songs und Demos anhören kann. Noch sind wir nicht soweit und wir werden mit einer abgespeckten Version starten. Aber ich will, dass Salto Music zu einer Art Quelle und zu einem Fixpunkt für alle Musikinteressierten wird.
Prinzipiell soll auf Salto Music zwischen HipHop, Death Metal und zeitgenössische Verrücktheiten alles vorkommen.
Du hast 13 Jahre lang den „Headliner“, die Musikbeilage der Neuen Südtiroler Tageszeitung gemacht. Ende März hast du dich verabschiedet und den Headliner eingestellt. Warum der Wechsel zu Salto.bz?
 
Salto.bz hat das bessere Angebot gemacht. (lacht) Erst gestern hat ein Musiker mir genau diese Frage gestellt. Ich kann nur dieselbe Antwort geben. Ich habe einige Monate gebraucht, mich vom Papier zu trennen. Ich war immer der Meinung, das Papier, die Zeitung sei wichtiger und edler. Der Headliner ist immer am Freitag erschienen. An dem Tag gehst du in die Bar, trinkst einen Kaffee und liest den Headliner. Es fühlt sich einfach toll an, das Ergebnis deiner Arbeit in der Hand zu halten. In den vergangenen Jahren habe ich mich aber immer intensiver mit dem Online-Bereich beschäftigt und ich bin irgendwie selbst mitten in der digitalen Transformation. Deshalb bin ich jetzt Feuer und Flamme für diese neue Projekt.
 
Einer der Vorteile ist auch die Mehrsprachigkeit von Salto.bz.
 
Das ist für mich ein sehr wichtiger Bestandteil. Im Headliner hatte ich – vor allem in den letzten Jahren – sprachlich ein sehr enges Korsett. So musste ich, etwa die Artikel von Paolo „Crazy“ Carnevale ins Deutsche übersetzen. Aber, das ist einfach scheiße. Dann wird daraus notgedrungen ein Giovanett-Artikel. Denn eine Übersetzung kann nie das wiedergeben, was Crazy schreibt. Er hat seinen eigenen Stil und seine eigene Sprache. Ich und seine Fans wollen das Original lesen. Und all das werden wir auf Salto Music endlich bringen können. Ich habe erst gestern mit einer Pusterer Band geredet, die in Verona bei einem Contest auftreten wird. Auf Salto könnte ich jetzt mit dem Veroneser Veranstalter ein Interview auf Italienisch führen, ohne es übersetzen zu müssen. Oder die gesamte Bozner HipHop-Szene, die kann man endlich in ihrer eigenen Sprache bedienen.
 
Giovanett, Reinhold
Salto-Musikredakteur Reinhold Giovanett:  “Ich bin nicht einer, der auf Halde schreibt. Ich brauche die Aktualität.“
 
Auf Facebook haben über hundert Musiker und Musikerinnen aus allen Genres die Einstellung des Headliner bedauert und dir persönlich für deiner Arbeit gedankt. Was erwartest du dir jetzt beim Start von Salto Music?
 
Ich hoffe, dass die Anhänger des Headliner Geduld haben. Denn wir werden eher klein und bescheiden starten, das heißt, es wird noch lange nicht alles umgesetzt sein, was wir planen. Die Leute sollen uns 100 Tage online geben. Im Herbst wird man dann sehen, welches Potenzial Salto Music hat. Dann soll man uns offen und ehrlich beurteilen. Ich bin felsenfest überzeugt, dass Salto Music seinen Platz in der hiesigen Kulturlandschaft finden wird.
Die Leute sollen uns 100 Tage online geben. Im Herbst wird man dann sehen, welches Potenzial Salto Music hat.
Salto Music ist aber nicht nur ein Ein-Mann-Projekt von Reinhold Giovanett.
 
Absolut nicht. Salto-Technikchef Stefan Pattis hat von Wien aus, die Maschine sozusagen, zusammengebaut, Arno Dejaco und Nicole Bettini vom Brixner Designstudio „FreiundZeit“ haben das Layout der Seite entworfen und die Salto-Geschäftsführung und -Redaktion sind natürlich direkt in das Projekt eingebunden. Vor allem aber ist mein Alter Ego wieder mit dabei: Eva Reichegger. Eva war von der Nummer 2 an auch beim Headliner dabei und sie ist auch jetzt bei Salto Music mit an Bord. Sie bleibt lieber im Hintergrund und sie ist etwas jünger und hat deshalb auch einen anderen Blick, was extrem wichtig ist. Sie ist aber jemand mit dem ich auf Augenhöhe über die Musikszene diskutieren kann.
 
Salto Music soll in Zukunft auch live und auf der Bühne zu hören und zu sehen sein?
 
Noch steckt dieser Teil des Projekts in den Kinderschuhen. Angedacht ist eine Art Salto-Session, bei der jeden Monat, jeweils in einer anderen Location Musiker und Musikerinnern oder Bands auftreten, die von uns ausgewählt werden. Wir werden dann diese Acts promoten. Wobei es drei grundsätzliche Dogmas für diese Liveabende geben wird: Die Acts sollen jeweils einer Deutsch und einer Italienisch sein, eine unter 30 und einer über 30 alt, also jeweils eine Frau und ein Mann. Zudem sollen die Künstler oder die Bands auch einen oder mehrere Songs gemeinsam spielen. Dieses Konzept würde mir gefallen. Denn damit ist man sowohl als Musiker, wie auch als Zuhörer oder Zuhörerin gezwungen, den eigenen musikalischen Schrebergarten zu verlassen. Damit mischt man das ganze etwas auf und bringt Bewegung in die Szene. Das ist dann auch eines der Hauptziele von Salto Music: Etwas Bewegung in die Musikszene zu bringen.
 

Fotos: Anton Ambach