Politik | Bozen

Caramaschis Nein!

Die Amtsdirektorin des Amtes für Landschaftsplanung Virna Bussadori darf nicht Bozner Chefurbanistin werden. Der Grund: Ihre Haltung in Sachen Aspiag-Einkaufszentrum.
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Foto: salto
Virna Bussadori reichte wie vorgeschrieben die Unterlagen ein. Danach hört sie über einen Monat lang nichts mehr. Bis zum Montag dieser Woche.s
Am Vormittag erhielt die Direktorin des Amtes für Landesplanung dann von der Gemeinde Bozen eine E-Mail. Drei Zeilen mit einem lapidaren Satz: „Wir teilen Ihnen mit, dass ein anderer Kandidat ausgesucht wurde“.
Am Montagnachmittag stellte der Bozner Bürgermeister Renzo Caramaschi den neuen Direktor der Abteilung für Raumordnung und Entwicklung in der Gemeinde Bozen vor. Die Wahl war auf Paolo Bellenzier gefallen. Der 48jährige Architekt ist derzeit Mitarbeiter im Landesamt für Hochbau Ost.
Unmittelbar nach der Bekanntgabe der Ernennung Bellenziers brandete erste politische Kritik auf. Der Architekt ist deutscher Muttersprache und hatte 2010 bei den Gemeindewahlen in der Gemeinde Andrian auf der SVP-Liste kandidiert. „Damit sind 3 Abteilungsdirektionen mit deutschen SVP-Direktoren besetzt“, kritisiert der Bozner PD-Gemeinderat Claudio Della Ratta diese Personalentscheidung. Della Ratta kündigt eine Anfrage im Gemeinderat an, um die Hintergründe dieser Ernennung zu beleuchten.
Diese Anfrage könnte Renzo Caramaschi und seine Regierungsmehrheit arg in Verlegenheit bringen. Denn die Ernennung des neuen Abteilungsdirektors ist alles andere als ein Musterbeispiel einer transparenten Verwaltung.
 

Unfreiwilliger Abgang

 
Im März 2017 wurde bekannt, dass der langjährige Direktor der Abteilung für Raumplanung und Entwicklung Stefano Rebecchi mit Ende Juni seinen Posten verlassen wird. Dieser Job ist kein Zuckerschlecken. Der Abteilungsdirektor ist nicht nur eine Art Chefurbanist der Landeshauptstadt, ihm unterstehen insgesamt auch 8 Ämter, die von der Raumplanung, über die Stadtgärtnerei und die Umweltdienste bis hin zur Mobilität reichen. Das bedingt, dass dieser Abteilungsdirektor auch gleich zwei Dienstherren hat. Urbanistikstadtrat Christoph Baur und Umweltstadträtin Marialaura Lorenzini.
 
Stefano Rebecchi wird in Zukunft in der zweiten Reihe des Bozner Umweltbetrieb Seab tätig sein. Bis heute ist ungeklärt, warum der Architekt gehen musste. In der Gemeinde munkelt man, dass er einflussreichen Kreisen und ihren Plänen im Weg stand.



Die Ausschreibung

 

Mitte April eröffnete die Gemeinde Bozen ein Auswahlverfahren für seine Nachfolge. Es ist eine besondere Ausschreibung. Beschränkt auf Bedienstete des öffentlichen Dienstes werden als Voraussetzungen nicht nur Studientitel, Zweisprachigkeit und Erfahrung in der Raumplanung angegeben, die Bewerber müssen auch drei Jahre als Amtsdirektor tätig gewesen sein.

Genau in diesem Punkt könnten bei dem jetzt ernannten Paolo Bellenzier Zweifel aufkommen. Der neue Bozner Chefurbanist war zwar zeitweilig geschäftsführender Amtsdirektor, hat im Land aber nie einen Wettbewerb als Amtsdirektor gemacht. Deshalb ist er auch nur als einfacher Landesbeamter eingestuft. Laut Gemeinde Bozen hat er sich 2011 aber ins Verzeichnis der Führungskräfte der Gemeinde eintragen lassen. Ob das reicht?
Was aber jeden stutzig macht, ist ein anderer Passus. Im Ausschreibungstext steht, dass die Anwärter und Anwärterinnen „eventuell zu einem Gespräch geladen werden“.
Man muss sich das vorstellen: Die wahrscheinlich wichtigste Stelle in der Gemeindeverwaltung wird so vergeben, wie man eine Putzfrau einstellt. „Die Kandidaten wurden anscheinend nicht einmal zu einem Gespräch vorgeladen, wie es eigentlich üblich ist“, kritisiert dann auch Gemeinderat Claudio Dalla Ratta.
 

Die Urbanistikexpertin

 
Am Bozner Auswahlverfahren nehmen einige renommierte Amtsdirektoren und Amtsdirektorinnen aus der Landes- oder Staatsverwaltung teil. Allen voran Virna Bussadori. Die 51jährige Bozner Architektin und Urbanistin ist nicht nur Direktorin des Amtes für Landesplanung und Mitglied der Kommission für Raum, Natur und Landschaft, sie gilt auch als Urbanistikexpertin und Beraterin auf nationaler und internationaler Ebene. So war Busadori lange Präsidentin und ist jetzt Ehrenpräsidentin des Europäische Rates der Raumplaner und Mitglied in anderen internationalen Fachgremien.
 
Virna Bussadori gilt überall als versierte und fachlich überaus kompetente Amtsdirektor. Vor allem aber kennt sie aus ihrer Arbeit alle aktuellen und zukünftigen urbanistischen Baustellen in der Landeshauptstadt wie ihre Westentasche.
Perfekt zweisprachig wäre diese Fachfrau die Idealbesetzung für die Rebecchi-Nachfolge gewesen. In der Gemeinde Bozen sahen viele ihre Bewerbung als besonderen Glücksfall an.
Doch Bussadori wurde am Ende nicht einmal zu einem Gespräch eingeladen.
 

Stolperstein Aspiag

 
Weil fachlich der Frau nicht beizukommen ist, stellte Bürgermeister Renzo Caramaschi nach Informationen von salto.bz ein Ultimatum. „Alle, nur nicht die“, gab Caramaschi in der Regierung eine klare Losung aus.
Der Grund: Virna Bussadori ist nicht nur eine gewissenhafte Beamtin, sie ist auch gegen politische Einflussnahmen immun. Das zeigte sich auch im Fall Aspiag. Als zuständige Amtsdirektorin war und ist sie federführend an der Ablehnung der Baukonzession für das geplante Aspiag-Großkaufhaus in Bozen Süd beteiligt.
Hier stehen sich bekanntlich Land und Gemeinde als Gegner gegenüber. Die Gemeinde Bozen hat die Baukonzession erlassen und verteidigt den Bau vor Gericht. Das Land hat die Konzession annulliert, weil der Bau gegen die geltenden Bestimmungen verstößt. Das Verfahren läuft noch.
Bussadori war als zuständige Amtsdirektorin auch jene Beamtin, die bei der Staatsanwaltschaft eine Eingabe gegen die Aspiag gemacht hat, nachdem bekannt wurde, dass der für die Umweltverträglichkeit hinterlegte Verkehrsplan - mit größter Wahrscheinlichkeit - manipuliert wurde.
Diese Gangart machte die Urbanistikexpertin anscheinend an der Spitze der Gemeinde Bozen zur persona non grata. Obwohl einige im Stadtrat offen für Virna Bussadori Partei ergriffen, sprach der Bürgermeister - unterstützt und beraten von der Anwaltschaft der Gemeinde - ein Machtwort.
Daraus entsteht eine absurde Situation. Virna Bussadori, die demnächst am Wettbewerb für den höchsten Urbanistikposten in Südtirol teilnimmt, der Abteilungsdirektion Raum und Natur, wo Anton Aschbacher in Pension geht, wird in der Gemeinde Bozen stillos abserviert.
Ein einfacher Landesbeamter passt anscheinend besser ins Konzept.
 
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Profil für Benutzer Dai retta a un cretino
Dai retta a un… Mi., 21.06.2017 - 11:32

Piaccia o meno i dirigenti nei Comuni sono tutti di nomina politica, è la legge. Politica che li sceglie in base ai suoi criteri che spesso non tengono in considerazione, non almeno come parametro primario, competenze tecniche e professionali ma magari privilegiando, come forse è anche giusto che sia, la garanzia di essere allineati con gli obiettivi che la politica si pone.
Nessuno scandalo e nessuna contraddizione quindi. E' lo stato delle cose, ripeto, piaccia o meno.

Mi., 21.06.2017 - 11:32 Permalink
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alfred frei Do., 22.06.2017 - 12:16

Logica conclusione: l'ing. Rebecchi era l'esecutore politico/tecnico dell'areale Signa/Benko; più che giusto che il controllore
della fase attuativa sia un altro, o no ? Senza dare Retta a chi la dice diversamente !

Do., 22.06.2017 - 12:16 Permalink