Chronik | Rechnungshof

Blechen für geplatzten Traum?

Die Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt 2019 könnte Christian Tommasini und seine damaligen Ressortfunktionäre teuer zu stehen kommen.
Container für Kulturhauptstadt
Foto: upi

“Wir erwarten uns, dass die politisch Verantwortlichen verurteilt werden, damit diese massive Steuergeldverschwendung bestraft wird.” Sven Knoll spricht für sich und seine Partei. Es ist die Süd-Tiroler Freiheit, die maßgeblich daran beteiligt ist, dass die Staatsanwaltschaft am Rechnungshof nun 471.000 Euro Schadenersatz von Christian Tommasini und seinen damaligen Ressortfunktionären fordert. Und zwar wegen der Bewerbung für die Europäische Kulturhauptstadt. Eine Million Euro ließ sich das Land Südtirol die Kandidatur kosten.

Gescheitert und gerügt

Am 15. November 2013 stand fest: Der Traum ist geplatzt, die Allianz Nordest 2019 von Südtirol und Venetien mit den Städten des Nordostens hat es nicht in das Finale um die Europäische Kulturhauptstadt 2019 geschafft. Über mehrere Landtagsanfragen hatte die Süd-Tiroler Freiheit immer wieder Auskunft über die Kosten der Bewerbung eingefordert. Sven Knoll spricht von “bewusster Täuschung”, denn der zuständige Landesrat Christian Tommasini, der das Projekt maßgeblich vorangetrieben hatte, habe “anstatt von Anfang an die Gesamtkosten der Bewerbung offenzulegen, dem Landeshaushalt jedes Jahr neue Kosten angerechnet”, so Knoll.

Am Ende kam heraus: Eine Million Euro hat das Land für die Kandidatur als Europäische Kulturhauptstadt springen lassen: 600.000 Euro im Jahr 2011 und 400.000 Euro im Jahr darauf. “Es kann doch nicht sein, dass die Region Venetien 70.000 Euro für dieselbe Initiative ausgibt und wir eine Million”, argumentiert Sven Knoll damals wie heute. Er machte eine Eingabe beim Rechnungshof, weil er hinter der gescheiterten Bewerbung eine “eklatante Verschwendung von Steuergeld” vermutete. “Viele der Ausgaben sind völlig überzogen und müssen als unverantwortliche Steuergeldverschwendung bezeichnet werden”, wettert Knoll. Er erinnert daran, dass allein für ein Gala-Dinner im Bozner Museion mehr als 50.000 Euro ausgegeben wurden.

Beschlagnahmt und beschuldigt

Im Herbst 2015 wurden auf Anweisung des damaligen Staatsanwalts am Rechnungshof, Robert Schülmers, sämtliche Unterlagen zur Bewerbung als Kulturhauptstadt im italienischen Kulturassessorat beschlagnahmt. Nach eingehender Prüfung der Dokumentation steht für Schülmers’ Nachfolgerin Alessia Di Gregorio nun fest: Im Rahmen der Bewerbung seien “nicht zweckdienliche Ausgaben” getätigt worden, und zwar aufgrund “willkürlicher, irrationaler und Kriterien der guten Verwaltung entbehrenden” Entscheidungen.

Di Gregorio fordert insbesondere die Rückzahlung von 471.000 Euro, die in den Jahren 2011 bis 2013 zur Promotion an zwei Genossenschaften gegangen waren. Beanstandet wird zudem das Museion-Dinner, das für 50.000 Euro direkt an “Slow Food” vergeben wurde und die Direktberufung des Kulturmanagers Peter Paul Kainrath zum wissenschaftlichen Leiter der Bewerbung. Dafür wurden 47.000 Euro ausgegeben. “Da die Ausgaben in einer Phase der Vorausscheidung getätigt wurden, war keinerlei Zweckdienlichkeit gegeben, solche Summen für Initiativen auszugeben, die nicht dazu geführt haben, die Chancen auf die Kandidatur zu erhöhen”, argumentiert die Staatsanwaltschaft am Rechnungshof. Namentlich verlangt man die finanzielle Rückerstattung vom Landesrat für italienische Kultur, Christian Tommasini (25 Prozent), seiner damaligen Ressortdirektorin Katia Tenti (55 Prozent), dem Abteilungsdirektor Antonio Lampis und Amtsdirektorin Marisa Giurdanella (je 10 Prozent).

Deren Verteidiger weisen jeglichen Vorwurf zurück. Es habe keine Verschwendung stattgefunden, hieß es bei der Verlesung der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft am Rechnungshof vergangenen Donnerstag. Im Gegenteil, die Bewerbung würde bis heute positive Effekte generieren, “nicht kandidieren wäre ein folgenschwere politische Fehler gewesen”, so die Anwälte von Christian Tommasini.

Der Urteilsspruch wird für die kommenden Wochen erwartet.