Gesellschaft | Flüchtlinge

Vom Schweigen

Ein FAZ-Artikel über die Flüchtlingskrise fragt, zwischen den Zeilen: Sind 700 Flüchtlinge bei 500.000 Einwohnern zu viele? Genug? Oder können wir mehr leisten?
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In diesen letzten Tagen begegnete ich Südtirol auffallend oft in den nördlichen, großen Medien. Ein größerer FAZ-Text beschrieb die Stau-"Politik" am Brenner; die „Süddeutsche Zeitung“ spielte ein breit angelegtes  Interview mit Reinhold Messner, und bei „Geo Saison“ ist es mittlerweile schon gute Tradition, dass mindestens einmal jährlich das Titelbild mit entsprechendem Text aus Südtirol kommt. Angesichts so starker Präsenz in maßgeblichen Medien könnte man beinahe Gefahr laufen, stolz zu sein, auf das kleine Land, das sich auch Heimat nennt.

Aber dann kam gestern Abend ein vierter Text meiner Wege. Er beschreibt auf vier FAZ-Online-Seiten u. a. die Südtiroler Rolle in der Flüchtlings-Krise, die Europa schon viel zu lange in Atem hält, nicht, weil sie zu groß wäre für Europa, wie manche uns gern glauben machen möchten, des persönlich-parteilichen Zugewinns wegen, sondern weil ganz offensichtlich Europa mitsamt den meisten seiner Politiker_innen viel kleiner ist, als man gemeinhin dachte. Es bleibt, nach Lektüre dieses Artikels, nur wenig oder eigentlich gar nichts übrig, zum Stolz-drauf-sein. Im Gegenteil.

Bozen, schreibt der Autor, sei eine „schöne, ziemlich satte Stadt“, die „mit der ganzen Angelegenheit (der Flüchtlinge, A. d. V.) nichts zu tun haben will“. Er schreibt weiter, dass in Südtirol mit seinen ca. 500.000 Einwohnern gerade mal 700 Menschen Asyl beantragt haben, und stellt gleich danach diese Größenverhältnisse in einen viel sagenden Rahmen: In Bayern, schreibt Julian Staib, seien im laufenden Jahr – es ist August! – schon an die 100.000 Menschen angekommen. Schon klar: Bayern hat ca. 12,5 Mio. Einwohner, Südtirol „nur“ 500.000 - aber das wären, nach Südtiroler Maßstäben, immer noch erst ca. 17.000 Flüchtlinge, die die nördlichen „Schwager“ (eine nette Formulierung, wie ich finde; sie ist, habe ich gestern gelesen, in Slowenien üblich, um die besonders freundschaftlichen Beziehungen zu Österreich auszudrücken) bei sich zuhause aufnehmen müssten. Und nicht 100.000.

Damit könnte man ja nun die Sache gut und gerne auf sich beruhen lassen, und allenfalls anmerken, dass halt alles zwei Seiten hat; in diesem Falle „bewahrt“ die Zugehörigkeit zu Italien dieses Südtirol, das so gar nicht dazu gehören will, zu Italien also, vor einem weitaus größeren Flüchtlingsansturm (es scheint ja dem kleinen schon kaum gewachsen...). Ja, sie erlaubt *uns* sogar, so zu tun, als ginge uns das alles nichts an, und, mehr noch, zu behaupten, dass diese Menschen „ja eigentlich gar keine Flüchtlinge sind, sondern Menschen auf der Durchreise“. Aber hallo.

Denn ja, tatsächlich, so sprach sie, die „Direktorin des Amtes für Senioren und Sozialsprengel der Südtiroler Landesverwaltung und damit für Flüchtlinge in der Region zuständig“, zu dem FAZ-Journalisten. Wobei, nebenbei bemerkt, nicht wirklich klar ist, was das „Amt für Senioren“ mit den Flüchtlingen, die doch fast ausschließlich junge Menschen sind, zu tun haben soll. Rätselhaft ist auch, wen die Frau Amtsdirektorin meinte, mit ihrem „wir“: Die Landesverwaltung? Die Südtiroler Allgemeinheit? Jedenfalls lässt ein wenig schaudern, was die Frau Direktorin vermittels einer der angesehensten deutschsprachigen Zeitungen über unser Land verlauten lässt, und man hält sich lieber nicht zu lange über der Frage auf, was wohl die Leserschaft der Zeitung, hinter der immer ein kluger Kopf steckt, sich denken mag, von Südtirol, wenn sie liest,

die Frage, ob Südtirol genügend leiste, sei doch sehr relativ. „Aus unserer Sicht leisten wir genug.“ In den Dörfern gebe es eine „niedrige Ausländerpräsenz“, Ausländer seien für die Menschen „ungewohnt“. In Bozen, das ist wohl kaum übertrieben zu sagen, ist man froh, dass fast alle weiterfahren.

Müssen wir uns schämen? Nein, müssen wir nicht. Wir sind halt Hinterwäldler, und sollten dazu stehen. Uns geht es gut, und was da draußen, hinter den Grenzen unseres Landes vor sich geht, muss uns nicht weiter kümmern. Da passt es gut ins Bild, dass der Journalist, der für die FAZ in der Flüchtlingssache nach Bozen gekommen ist, „nur“ eine Amtsdirektorin vor sein Mikro bekam. Die zuständige Landesrätin weilte wohl auf Urlaub, derweil der Landeshauptmann sich  auch lieber im Rampenlicht der Expo-und-Merkel-Presse sonnt bzw. sich mit seinen „Boys“ unter einer Pergola den freundlichen Fragen der wohlgesinnten heimischen Presse hingibt.

Flüchtlinge? Sind im offiziellen Südtirol kein Thema, und schon gar keins, mit dem sich die hohe, die höhere und die höchste Politik groß die Finger schmutzig macht beschäftigt. Und nein, es tut überhaupt nichts zur Sache, dass die Welt da draußen sich einig ist, dass „Europa eine fundamentale Veränderung erlebt“ (Kurier, http://kurier.at/politik/ausland/fluechtlingskrise-grosse-ratlosigkeit-in-europa/147.715.202). Europa? Muss uns kümmern, was dort vor sich geht? Müssen wir uns fragen, ob wir eine Rolle spielen, in diesem Europa, und wenn ja, welche? Oder ob dieses Europa für uns eine Rolle spielt, und wenn ja, welche? Es sieht nicht danach aus: In Südtirol weht ein laues Lüftchen, kein rauer Wind. Hier stehen keine Flüchtlinge auf der Tagesordnung, sondern siebtklassige Provinz-Flughäfen und doppelte Staatsbürgerschaften; es geht um die Fehler der Alten und das Image der Jungen und es schaut leider ganz danach aus, als sei die viel gepriesene und viel versprochene Erneuerung im Grunde nicht viel mehr als ein oberflächliches Re-Styling. In Wahrheit ist alles wie immer. Aussitzen. Ausschweigen. Hoffen, dass es von allein vorüber geht.

Das „Thema, das uns mehr beschäftigen wird als Griechenland“ (O-Ton Merkel) ist bei uns keins, jedenfalls keins der Polit-Prominenz, der kleinen nicht, und der großen auch nicht. Während der bayrische Tourismusort Chieming mitten in der Hauptsaison nur wenige Tage benötigt, um die Aufnahme mehrerer Hunderte Flüchtlinge zu meistern, unter der Führung von Bürgermeistern, die von „unserer Aufgabe“ sprechen und davon, dass „die Flüchtlinge ab heute zum Ortsbild gehören“ (http://www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlinge-in-chieming-das-anti-freital-am-chiemsee-1.2596008);

während andere Bürgermeister ihren Bürgern „Mut machen“ (http://derstandard.at/2000020979543/Das-freundliche-Gesicht-der-oesterreichischen-Fluechtlingspolitik) und klar Stellung beziehen (http://derstandard.at/2000020774793/Politik-die-Menschen-Schaden-zufuegt-ist-das-Abartigste);

während weiterhin „die Schwager“ in Österreich darüber diskutieren, das traditionelle sommerliche Kanzlerfest abzusagen, weil das „angesichts der Misere um die Flüchtlingsunterbringung“ angemessen wäre, und es überhaupt „keinen Grund zum Feiern“ gebe (Traiskirchens BM Babler),

und Pfarrer und Kardinäle ihre Glocken läuten gegen Fremdenhass und hetzerische Reden, 

derweil hüllt sich die heimische Polit- und überhaupt Prominenz in nobles Schweigen und übt sich in eleganter Zurückhaltung. Da ist es wahrlich kein Wunder, dass die Stimmen der „anderen“, der PödersLeitnersMairs und ihrer Follower, umso lauter tönen (können) und ungebremst auf verstörend fruchtbaren Boden fallen – treffen sie doch auf keinen wie auch immer gearteten Widerstand und vielmehr auf nichts als ein immenses Vakuum, in dem sie ungestört wachsen, gedeihen und sich vermehren können.

Seit gestern zirkuliert denn auch ein übles Video (*) im Netz, hinter dem eine anonyme (!) „Bürgerinitiative Unser Prissian“ steht. Schwer vorstellbar, dass alle Bürger Prissians sich hinter diese abscheuliche und verlogene „Initiative“ stellen, deren erklärtes Ziel es ist, das „Flüchtlingsheim zu schließen“ und „Vorbild für alle Bürger des Landes sein, die sich nach einer sicheren, selbstbestimmten und freien Heimat sehnen.“

Solche „Vorbilder“ sind nun grad das Allerletzte, was die Welt braucht, die große nicht, und unsere kleine noch viel weniger. Denn sie machen nichts besser, aber viel böses Blut, das letztlich alles vergiftet, am meisten aber just die "Heimat", die hier so scheinheilig beschworen wird. Bleibt zu hoffen, dass endlich die, deren Aufgabe das ist, ihre Stimmen wiederfinden, um solch hetzerischem und aufrührerischem Tun und denen, die dahinter stehen und darauf warten, ihren Profit einheimsen zu können,  laut und vernehmlich Paroli zu bieten.

(*) Nein, ich werde diesen hübsch verkleideten Dreck nicht verlinken.

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Gabriele Di Luca Sa., 22.08.2015 - 00:18

Ottimo pezzo Silvia. Ti meriteresti la doppia cittadinanza con un altro Paese a tua scelta (o un paio di mutande con su scritto Dem Land Tirol die Treue).

Sa., 22.08.2015 - 00:18 Permalink
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Hartmuth Staffler So., 23.08.2015 - 12:15

Antwort auf von Gabriele Di Luca

Bekanntlich gibt es auch Menschen, die in der Lage sind, mehr als ein Problem zur gleichen Zeit zu behandeln. Man kann sich durchaus ernsthaft mit der Flüchtlingsproblematik auseinandersetzen (und sollte zumindest wissen, dass Flüchtlinge und Asylanten rein rechtlich nicht in einen Topf zu werfen sind) und gleichzeitig gegen den täglichen Faschismus ankämpfen, auch auf die Gefahr hin, damit anzuecken.

So., 23.08.2015 - 12:15 Permalink
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Hartmuth Staffler So., 23.08.2015 - 18:13

Antwort auf von Gabriele Di Luca

Ich befasse mich im Allgemeinen mit Problemen von Minderheiten, vor allem von benachteiligten Minderheiten wie zum Beispiel den Roma. Aus diesem Grund habe ich auch einige Zeit unter ihnen gelebt (im Roma-Viertel Shutka in Skopje). Ein wenig habe ich auch zur Verbesserung ihrer Situation beitragen können. Für Herrn Di Luca sind das natürlich Hirngespinste, da er nur seine Toskana und dort wiederum nur sein Livorno kennt, was mich wiederum nicht sehr interessiert. Es ist wohl am Besten sein, wenn jeder das tut, was er für richtig hält, sofern es dem Wohle der Menschheit dient und nicht, wie im Fall Di Luca, der reinen Selbstdarstellung.

So., 23.08.2015 - 18:13 Permalink
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Gabriele Di Luca So., 23.08.2015 - 18:28

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Staffler scrive, rivolgendosi a me: "da er nur seine Toskana und dort wiederum nur sein Livorno kennt, was mich wiederum nicht sehr interessiert". Non ho mai avuto il piacere di parlare col sig. Staffler per più di dieci minuti, di tanto in tanto. Lui non mi conosce, non sa nulla di me, eppure esprime giudizi come farebbe con suo cugino (non so neppure se il sig. Staffler abbia un cugino, lo dico così). Del sig. Staffler - a proposito di Selbstdarstellung - io vedo quello che lui diffonde - prevalentemente in conferenze stampa nelle quali siede accanto ad altri - e sono temi, per l'appunto, inerenti i "problemi" (a parer mio e di molti altri: le "ubbie identitarie") della minoranza di lingua tedesca che vive (in ottime condizioni) in Italia. Spero che il sig. Staffler torni dunque ad occuparsi di quello che lui "ritiene giusto" e la smetta di diffondersi sulla mia persona. Chiaro?

So., 23.08.2015 - 18:28 Permalink
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Sepp.Bacher Sa., 22.08.2015 - 10:07

Du hast Recht Silvia, es ist aber auch eine Tatsache, dass die meisten Flüchtlinge weiter nach Norden wollen: in die Schlaraffenländer Europas. Es ist ja auch nicht vorstellbar, dass freiwillige aber eingeschulte Aktivist/inn/en ausschwirren, um die Durchreisenden zu überzeugen, dass wir eine autonome Provinz sind und dass auch bei uns schlaraffenländliche Verhältnisse herrschen.

Sa., 22.08.2015 - 10:07 Permalink
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Hartmuth Staffler So., 23.08.2015 - 14:23

Hetze gegen Flüchtlinge habe ich hier (in diesem Forum) zum Glück kaum bemerkt. Gerade wer die derzeitige Einwanderungswelle (ohne Hetze und Hass) eher kritisch sieht, der wird logischerweise an erster Stelle stehen, wenn es darum geht, die Lebensgrundlage der Flüchtlinge in ihren Herkunftsländern zu erhalten. Diejenigen, die korrupte Politiker und Diktatoren in diesen Ländern unterstützen, sind nicht die einfachen Menschen bei uns, die sich durch die Flüchtlinge überfordert fühlen, sondern unsere (leider auch sehr oft korrupte) Politiker. Außerdem bezahlt Europa jetzt für die Kolonialverbrechen der Vergangenheit, wobei es leider nie die Schuldigen trifft.

So., 23.08.2015 - 14:23 Permalink
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Sylvia Rier So., 23.08.2015 - 15:50

Hallo Hartmuth Staffler (ich geh hier raus weil als Antwort unter Ihrem Kommentar wird meiner ein endloser Schlauch), zu Ihnen um 12:15 Uhr wollte ich sagen: Ich weiß nicht, ob und wenn ja wie sehr Ihre Unterscheidung im Sinne einer konstruktiven Diskussion ist. Denn 1. sind, zu Anfang, die Menschen, über die wir hier sprechen, erst Mal: Flüchtlinge, und dabei spielt es keine oder, wenn schon, eine vernachlässigbare Rolle, ob sie Kriegs-, Regime-, Klima- oder Armutsflüchtlinge sind. Die Unterteilung in Asylbewerber und "andere" ist - auf der Ebene, von der wir sprechen - nicht zielführend, verstärkt aber, meine ich, rassistische Tendenzen und bestärkt jene, die meinen, nicht alle Menschen hätten gleichermaßen Recht und Anspruch auf ein besseres Leben und, ja: Mobilität. 2. Die Unterscheidung, ob Asylbewerber oder nicht, ist, m. E. Aufgabe der Behörden - bis zum entsprechenden Be-/Entscheid sind, soviel ich weiß, alle Menschen gleich/ermaßen: Flüchtling/e). 3. Davon abgesehen: Wie sollen ganz normale Menschen wie Sie und ich unterscheiden, wer Anrecht hat auf Asyl, und wer nicht? Wollen Sie die einen kennzeichnen, oder die anderen? Da fängt es ja schon an, mit den Ressentiments und Rassismen - indem den Ansässigen eingeredet wird, es könne und müsse unterschieden werden, es gäbe, gewissermaßen, gute und schlechte Flüchtlinge. Eine solche "Aufgabe" ist, wenn schon, selbstverständlich keine der Bürger_innen, sondern, wie gesagt, der Behörden. 3. Es ist übrigens, und das wissen Sie wahrscheinlich auch sehr gut, zu einem sehr großen Teil von politischen Opportunitäten abhängig, ob und wer als "asylberechtigt" anerkannt wird, und wer nicht - bei den serbischen und kosovarischen Roma z. B. hat das zur Folge, dass in Finnland und der Schweiz rund 40 Prozent der Asylanträge serbischer und kosovarischer Flüchtlinge als gerechtfertigt anerkannt werden. Frankreich, Belgien und Großbritannien geben immerhin jedem fünften Antrag statt. Deutschland schiebt fast zu 100 Prozent ab. Wie gesagt, diese und ähnlich gelagerte Diskussionen sind nicht zielführend, können es nicht sein, und sie sind auch nicht im Sinne der Bevölkerung, und ihrer - zum Teil durchaus berechtigten - Ängste. À propos: Ich fürchte, manche haben "die Ängste der Menschen ernst nehmen" völlig missverstanden. Denn "Ängste ernst nehmen" heißt nicht, sie verstärken und die Menschen in ihren Ängsten bekräftigen, sondern sie an- bzw. zu er-kennen, mit dem Ziel jedoch, sie zu entschärfen und zu lindern. Alles andere ist: zündeln.

So., 23.08.2015 - 15:50 Permalink
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Hartmuth Staffler So., 23.08.2015 - 18:41

Antwort auf von Sylvia Rier

Danke Silvia Rier für die zumindest teilweise sachliche Argumentation, auf die ich gerne antworte. Es geht mir nicht darum, zwischen verschiedenen Arten von Flüchtlingen zu unterscheiden.
1. Natürlich sind alle, die sich unter lebensbedrohlichen Umständen nach Europa durchschlagen, Flüchtlinge, und es spielt keine besondere Rolle, warum sie flüchten mussten oder wollten. Tatsache ist aber, dass einige in Italien um Asyl ansuchen. Damit bekommen sie den Asylantenstatus, werden auf den gesamten Staat verteilt, also auch auf Südtirol. Da diese Menschen zumindest für eine gewisse Zeit bei uns bleiben wollen, müssen wir uns um ihre Integration bemühen. Alle anderen, die nicht um Asyl ansuchen, sondern in gastlichere Länder weiterreisen wollen, bleiben zunächst einmal Flüchtlinge. Wir haben in Südtirol verhältnismäßig wenig Asylanten, aber eine hohe – unbekannte – Zahl von stark fluktuierenden Flüchtlingen, bei denen es, da sie nicht bei uns bleiben wollen, nicht um Integration, sondern um rein existenzielle Überlebenshilfe geht. Ich weiß nicht, was bei dieser Unterscheidung, die aus rechtlichen wie auch praktischen Gründen sinnvoll ist, rassistisch sein soll. Es handelt sich ja nicht um Rassen, sondern um Menschen.
2. Die Unterscheidung, ob es sich um Asylbewerber handelt, ist nicht Aufgabe der Behörden, sondern der Betreffenden selbst, die Antrag auf Asyl stellen und damit zu Asylbewerbern werden. Erst dann müssen die Behörden entscheiden, was meist (zu) lange dauert.
3. Ich würde mir niemals anmaßen, zu entscheiden, wer Anrecht auf Asyl hat und wer nicht. Das ist Aufgabe der Behörden, die über ganz andere Informationen verfügen. Ich will (und kann) daher gar niemanden kennzeichnen, es ist eine äußerst böswillige Unterstellung, mir das vorzuwerfen. Es gibt keine guten oder schlechten Flüchtlinge, sondern es gibt nur solche, die bei uns Asylantrag stellen – was dann geprüft werden muss – und solche, die weiterwollen. Bei den serbischen und kosovarischen Romas, die Sie zitieren, kenne ich mich weniger aus, ich habe eine Zeitlang unter mazedonischen Romas gelebt und kann durchaus verstehen, dass diese eine bessere Zukunft suchen. Dieses Verständnis hat mir in Südtirol bereits Morddrohungen eingebracht. Ich habe mich nichts drausgemacht, und ich werde mir auch aus ihren böswilligen Unterstellungen nichts drausmachen

So., 23.08.2015 - 18:41 Permalink
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Sylvia Rier Di., 25.08.2015 - 16:58

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Also ich wollte Ihnen nichts unterstellen, und böswillig schon gar nicht. Tut mir leid, wenn's so rüber gekommen ist. Aber ich bin grad über diesen Beitrag hier gestolpert, und "unterbreite ihn mal Ihrer Aufmerksamkeit", wie's so schön heißt, im Fachjargon :-) Ich finde, da ist alles drin, was ich oben versucht habe, zum Ausdruck zu bringen: 1. Ist es sehr unsinnig bis unfair, die damaligen Verhältnisse mit den heutigen zu vergleichen. Damals gab's wohl nirgends in der Welt etwas, das unseren heutigen Sozialstaaten auch nur annähernd vergleichbar wäre. Es ist also kein bisschen korrekt, so zu tun, als seien die unsrigen damals "fleißig und arbeitsam gewesen", derweil die heutigen, "anderen" faul und liederlich sind, weil sie in Anspruch nehmen, was ihnen demokratische Sozialstaaten zuteilen. Die meisten von ihnen wollen ja eh arbeiten, und sind sowieso kein bisschen weniger tüchtig, fleißig und arbeitsam als die unsrigen, die damaligen und die heutigen. Aber was rede ich denn, das wissen Sie ja selbst sehr gut. Und übrigens erinnere ich an die Tiroler im brasilianischen Dreizehnlinden, die sich übrigens dort kaum bis gar nicht "integriert" haben. 2. Woher will er wissen, dass diese jungen Menschen, die nach Europa kommen, das Band in ihre Heimat kappen, und woher, dass sie nicht dorthin wieder zurück kehren wollen? Sehr viele tun das. Also schon die zweite Unterstellung/Unwahrheit, in diesem kurzen Text. 3. Und natürlich, zu guter Letzt, die "Unterteilung" in "echte" und "unechte" Flüchtlinge. 4. Warum sollten sie nicht versuchen, "dort unterzukommen, wo es ihnen am besten geht"? Ist doch logisch - wenn unsere wegen besserer beruflicher Perspektiven auswandern, gehen sie schließlich auch dorthin, wo sie Perspektiven haben, oder?! Sehen Sie? Und da kriecht er schon wieder hervor, dieser Rassismus im Schafspelz, der fürsorglich tut, und dabei nichts als bösartig ist und sowieso nur böses Blut macht, weil nichts von dem, was auf diese Weise verbreitet wird, wahr ist. (hierauf beziehe ich mich: http://www.buongiornosuedtirol.it/?p=21242.) Und weil ich grad dabei bin, ein sehr schöner Text, er hat mich gestern sehr beeindruckt, über Menschen, die auch "gehen", obwohl - aus unserer Sicht - das gar nicht gerechtfertigt ist. Lesenwert! http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/warum-albaniens-bevoelke…

Di., 25.08.2015 - 16:58 Permalink
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Hartmuth Staffler Di., 25.08.2015 - 19:23

Antwort auf von Sylvia Rier

Es ist und bleibt eine Unterstellung, wenn auch vielleicht nicht eine böswillige, sondern im besten Fall eine fahrlässige, wenn sie mit Dinge in den Mund legen, die ich nie gesagt habe und auch nie sagen würde. Für das, was andere schreiben, bin nicht ich zuständig. Ich habe nicht von damals und heute geredet, ich habe nicht in gute und schlechte Flüchtlinge unterschieden, und verbitte mir, dass mir so etwas unterstellt wird. Ganz besonders wehre ich mich dagegen, dass Sie mir "Rassismus im Schafspelt" vorwerfen. Diese ungeheure Beschuldigung fällt auf Sie zurück.

Di., 25.08.2015 - 19:23 Permalink
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Sylvia Rier Di., 25.08.2015 - 20:12

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Ich habe das doch nicht Ihnen in den Mund gelegt bzw. vorgeworfen, sondern wollte nur am jenes Textes (ich habe ihn verlinkt) aufzeigen, was ich warum wie mein(t)e. Es ist mir scheinbar nicht gelungen. Tant pis - lassmers halt :-) Aber ich möchte mir verbitten, dass Sie mir vorwerfen, Ihnen Dinge vorzuwerfen, die ich Ihnen nicht vorgeworfen habe.

Di., 25.08.2015 - 20:12 Permalink
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Profil für Benutzer Sepp.Bacher
Sepp.Bacher Di., 25.08.2015 - 14:07

Antwort auf von Sylvia Rier

Liebe Silvia, ich erlaube mir mit meinen neuen Beitrag " http://www.salto.bz/de/article/25082015/wer-kommt-zu-uns" (Kriegs-, Regime-, Klima- oder Armuts-Flüchtlinge, Politisches-Asyl-Suchende, arbeitssuchende Einwanderer, Abenteurer? Ist Differenzieren, die Realität anschaue ein Tabu?) eine andere Sicht der Dinge entgegen zu stellen und auch eine Gegenposition zu beziehen. Damit will ich deinen Beitrag nicht schmälern. Du wirst sicher nicht einverstanden sein.

Di., 25.08.2015 - 14:07 Permalink
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Klaus Griesser Do., 27.08.2015 - 11:02

Gut geschrieben, Frau Rier! Das Schweigen der regierenden Politiker und der Kampfschrei rechter Oppositioneller fällt in eine Situation der Angst/ Unsicherheit unter der Bevölkerung, was da vor sich geht mit den Flüchtlingen. Angst wurde erzeugt und aufgebauscht von gewissen Presseorganen, mit grauenhaften Bildern von IS-Enthauptungen und entsetzlichen Berichten von Mordbanden in Afrika, es wurde aber kaum über Ursachen dafür aufgeklärt: jahrzehntelanger blutiger Agressionskrieg des "freien" Westens gegen den Osten (von Vietnam bis Libyen) und die Bauern enteignende neoliberale Rohstoffspekulationen in Afrika. Und da kommt einer daher und fordert eine "Gutmensch-Abgabe", der gerne vergessen möchte, dass vor einiger Zeit gute Südtiroler entdeckt haben, wie Politiker mit ihren Geldern umgegangen sind und "demokratisch" zu saftigen "Abgaben" an sie verdonnert wurden. Waren das auch blöde "Gutmenschen"? Frau Rier, Sie waren es, die dankenswerterweise diese Terminologie als bei den Nazis gebräuchlich aufgedeckt hat. Zur eingehenderen ERklärung ein Zitat vom Nazi-Mordbuben Göring 1946: ...schließlich sind es die Führer eines Landes, die die Politik bestimmen, und es ist immer leicht, das Volk zum Mitmachen zu bringen, ob wes sich nun um eine Demokratie, eine faschistische Diktatur, um ein Parlament oder eine kommunistische Diktatur handelt.(...).Das Volk (...) kann immer dazu gebracht werden, den Befehlen der Führer zu folgen. Das ist ganz einfach. Man braucht nichts zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen, und den Pazifisten ihren Mangel an Patriotismus vorzuwerfen und zu behaupten, sie brächten das Land in Gefahr. Diese Methode funktioniert in jedem Land.
Klare Worte, so wird heute noch manipuliert.

http://www.nachdenkseiten.de/?p=26804

Do., 27.08.2015 - 11:02 Permalink