Beichtstuhl
Foto: renate mumelter
Gesellschaft | #alsodann

Heimlichtun

Hast gewählt?, frag ich am Sonntagabend mahnend einen Österreicher, der in Bozen lebt. Natürlich, sagt der. SPÖ. Ah, staune ich, und du sagst das einfach so?
Nix Wahlgeheimnis, nix Beichtgeheimnis, keine Scheu?, frage ich den Österreicher. Ist ja nicht selbstverständlich, dass jemand SPÖ wählt heutzutage. Gefährlich ist es noch nicht. Jo eh, meint er und erzählt, dass er bisher Grün gewählt hat, diesmal aber meinte, die SPÖ stärken zu müssen. Das mit dem Wahlgeheimnis ist eh so ein Problem, sinniert er weiter. Natürlich schützt es die freie Meinung. Einerseits.
Andererseits wäre es gut, wenn die Menschen zu dem stünden, was sie denken, auch zum Kreuz in der Wahlkabine. Sonst wiederhole sich, was hinlänglich bekannt ist: Niemand will es gewesen sein. Das war schon zu NSDAP-Zeiten so, sagt er. Als Berlusconi hierzulande groß herauskam, wollte ihn auch niemand gewählt haben, ergänze ich.
Niemand will es gewesen sein. Das war schon zu NSDAP-Zeiten so, sagt er.
Die Wahlkabine ist vergleichbar mit einem Beichtstuhl. Man geht hinein, schließt hinter sich zu, und niemand wird je erfahren, was war. Staat oder Kirche müssen dicht halten. Jeder Einzelperson aber steht es frei, zu erzählen, dass sie im Beichtstuhl eine Lüge gestanden oder dass sie in der Wahlkabine die Partei X angekreuzt hat. Ist ja nix dabei.
Wäre ja auch nix dabei, wenn eine Frau sagen würde, dass sie eine Frau liebt, wenn ein Mann sagen würde, dass er sich fürchtet, wenn eine Mutter gestehen könnte, dass sie's nicht mehr schafft, und wenn ein Politiker zugeben täte, dass er einfach nur ratlos ist. Vorübergehend. Ist ja nix dabei. Und es wär mal was anderes. Alsodann....
 
Bild
Profil für Benutzer Hartmuth Staffler
Hartmuth Staffler So., 22.10.2017 - 15:46

Die SPÖ ist zwar eine vorgestrige Partei, aber warum soll es nicht sogenannte Ewiggestrige geben, die daran festhalten? Sie tun doch niemandem (oder fast niemandem) etwas, sofern sie nicht zu viele sind. Ein paar solcher Sozis kann unsere Gesellschaft durchaus aushalten, sofern sie nicht gerade ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen und Autos anzünden und Schaufensterscheiben einschlagen, wie vor dem Akademikerball. Ein bischen Spass muss man ihnen wohl auch gönnen, sie haben ja sonst nichts.

So., 22.10.2017 - 15:46 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Martin B.
Martin B. So., 22.10.2017 - 21:26

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Ihre Kommentare werden immer geschmackloser und abstoßender. Wollen Sie diskutieren und anregen oder einfach nur persönlichen Frust loswerden? Mit solchen Sätzen erhalten Sie beim Akademikerball gewiss Schulterklopfen im Sekundentakt. Die Sozialdemokratie spielte eine wichtige Rolle in der Ausgestaltung der europäischen Demokratie. Über die heutige Gesichtslosigkeit und Entferntheit vom einfachen arbeitenden Volk kann man gerne diskutieren. Auch ob wirklich junge Sozis die Führer bei Randalen gegen Rechts sind, oder nicht eher Anhänger von KP und Grünen.

So., 22.10.2017 - 21:26 Permalink
Bild
Profil für Benutzer gorgias
gorgias Mo., 23.10.2017 - 08:07

Hier offenbaren sich große Konfusion über das Wahlgeheimnis und gleichzeitig eine Unbedarftheit über deren Sinn.

Das Wahlgeheimnis macht Sinn damit Wahlen ohne Einschüchterung und Stimmenkauf vonstatten gehen können.
Wäre das Wahlverhalten nachvollziehbar könnte der Wähler Nachteile befürworten.

Ein anderer Punkt ist, dass das Wahlgeheimnis konkret bedeutet, dass das Wahlverhalten nicht nachvollziehbar sein darf und nicht dass man sich danach darüber äußert oder eine bestimmte politische Position einnimmt. Viele wollen sich nicht über das persönliche Wahlverhalten äußern mit der Berufung auf das Wahlgeheimnis. Das ist sachlich falsch und einfach dumm und hat nichts mit Wahlgeheimnis zu tun sondern mit einer apolitischen Auffassung des Burgers im Auftreten in der Öffentlichkeit.

Mo., 23.10.2017 - 08:07 Permalink