Umwelt | Zoom #20

(K)ein Meteorit aus Südtirol?

In der Georg-Gasser-Sammlung im Südtiroler Naturmuseum gibt es laut Verzeichnis einen Meteoriten aus Südtirol. Eine Sensation?
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Meteorit Georg Gasser
Foto: Naturmuseum Südtirol

Dies ist die Geschichte eines Sensationsfundes, der keiner ist. Aber der Reihe nach. Im Naturmuseum Südtirol in Bozen wird der Nachlass des autodidaktischen Naturkundlers Georg Gasser verwahrt. Seine rund 40.000 Belege umfassende Naturaliensammlung bildet bis heute den Grundstock des Museums. Gasser, der zwischen 1875 und 1931 in Bozen lebte wollte mit seiner Sammlung die Menschen für die „Wunder der Schöpfung“ begeistern.
So verwundert es nicht, dass sich in seiner Sammlung auch 28 Meteoritenbruchstücke aus aller Welt wiederfinden. Doch ein Exemplar hat Anfang der 1990er Jahre das Interesse des Geologen Benno Baumgarten geweckt. Ein unscheinbarer, rostiger Metallklumpen mit folgender Beschriftung „Gediegen Eisen-Meteorit. Ursprünglich 715g (geschnitten 672g) von Flavon am Nonsberg (ex collectione G. Gasser) einzig bekanntes Stück aus dieser Gegend.“

Ein Meteorit aus Südtirol?

Benno Baumgarten will der Sache in den 1990er Jahren auf den Grund gehen, denn ein Meteorit aus Südtirol, das wäre eine regelrechte Sensation. Meteoriten sind die ältesten Festkörper im Sonnensystem. Täglich fallen sie in Tonnen auf die Erde. Meist in Form von Staub oder Mikrometeoriten. Entweder verglühen sie während ihres Falls auf die Erde oder sie schlagen an entlegenen Stellen ein, wo sie nur in seltensten Fällen entdeckt werden. „Meteoriten findet man für gewöhnlich in Wüstengebieten und in der Antarktis,“ so Baumgarten, „weil Meteoriten vor allem verwitterungsanfällig sind. In Südtirol ist es schwer vorstellbar einen Meteoriten zu finden, weil er durch Niederschlag und Verwitterung erodiert.“
Doch so schnell gibt Baumgarten nicht auf, im Gegenteil, er recherchiert. Auch im Nordtiroler Landesmuseum, dem Ferdinandeum sind drei Meteoriten belegt, die nach der Überschwemmung des Museums 1985 allerdings verschwanden. Für Gesamttirol ist kein Meteorit belegt. Wie gelangt nun ausgerechnet einer vom Nonsberg in die Sammlung von Georg Gasser? Und wieso ist so wenig darüber geschrieben worden?

 

Die Untersuchung in Wien

Baumgarten führt einen Nickel-Test durch, der positiv ausfällt. Anschließend nimmt er Kontakt auf mit dem damaligen Leiter der Meteoritensammlung des Naturhistorischen Museums in Wien. Die Brandkruste kommt dem Bozner Geologen nämlich seltsam vor. In Wien wird der Klumpen von Gero Kurat untersucht. Das Ergebnis: Es ist kein Meteorit. Die Elementenverteilung ist untypisch. Neben Blei und Bleimineralien findet der Wiener Kollege auch Glas. Um 1880, zu der Zeit als der vermeintliche Meteorit vom Nonsberg bereits publiziert war, galten Nickellegierungen jedoch als äußerst hochwertige Metalle. Ein teures Material, das man wohl nicht für Fälschungen nutzte. Worum es sich beim Objekt nun tatsächlich handelt ist bis heute nicht geklärt. Geklärt hingegen scheint für Baumgarten, warum das vermeintlich sensationelle Sammlungsstück von Georg Gasser nie als einzigartig hervorgehoben wurde. Für Südtirol ist seit einigen Jahren ein Neufund registriert. Die Fundumstände konnten aber nicht völlig zweifelsfrei bewiesen werden. Und so bleibt es auch 2022 dabei: Kein sicherer Meteorit wurde bislang in Südtirol gefunden. Und das wird – so Baumgarten – wohl lange so bleiben.