Gesellschaft | Migration

Zuhören und darüber erzählen: Langer-Preis geht an Borderline Sicilia

Symbolträchtige Anerkennung für all jene MigrantInnen, die an der Außengrenze Europas stranden – und für die Menschen, die sich für ihre Rechte einsetzen: Der Alexander-Langer-Preis 2014 geht an den Verein Borderline Sicilia.

And the winner is...Borderline Sicilia Onlus. Der internationale Preis „Alexander Langer“ rückt 2014 all jene Flüchtlinge ins Rampenplicht, die vor den Küsten Süditaliens auf tragische Weise ihr Leben lassen – oder dort auf ein in vielerlei Hinsicht unmenschliches Aufnahmesystem stoßen. Recherchen und Informationen dazu liefert seit mehr als sechs Jahren die Organisation Borderline Sicilia Onlus. Eine Initiative, die auf einige der unzähligen gesichtslosen Toten im Mittelmeer zurückgeht: Als im Oktober 2007 17 junge Palästinenser und Ägypter vor der Küste bei Siracusa im Meer ertrinken und anschließend ohne Identifizierung begraben werden, beschlossen die deutsche Politik-Wissenschaftlerin Judith Gleitze, die beiden sizilianische Anwältinnen Paola Ottaviano und Germana Graceffo, der Radiojournalist Roman Herzog sowie die Theaterdramaturgin Heike Brunkhorst deren Identität sowie Familien ausfindig zu machen. Keine einfache Recherche, der nach der offiziellen Gründung des Vereins im Jahr 2009 viele weitere folgten.

Mithilfe von Freiwilligen und Netzwerken, darunter der Organisation  „Borderline Europe“, dokumentiert Borderline Sicilia Aufnahme, Aufenthalt, Haft und Abschiebung der MigrantInnen. Aktives Zuhören ist dabei ebenso zentrales Element der Arbeit wie die Bereitstellung freier und unabhängiger Information; ein besonderer Fokus wird auf die vielfach unwürdigen Zustände gelegt, unter denen die Flüchtlinge in Lagern verschiedenster Art untergebracht werden. Die Ergebnisse der breiten Monitorings finden sich im dreisprachigen Blog “siciliamigrants, der zur wichtigen Informationsplattform für Bürger und beruflich Interessierte auf nationaler und internationaler Ebene geworden ist. Neben der  Zusammenarbeit mit Regierungs- und Nicht-Regierungsinstitutionen leistet Borderline Sicilia auch so manchen legalen Beistand für die Flüchtlinge und organisiert Initiativen mit der Zivilbevölkerung.

Dialog ohne Vorurteile, Minderwertigkeitsgefühl oder Unterwürfigkeit

Diese Suche nach einem Dialog mit allen relevanten Institutionen wird vom wissenschaftlichen Komitee der Alexander Langer Stiftung als eines der Gründe für die Vergabe des Preises an die Organisation angeführt. Es sei ein Dialog „ohne Vorurteile, Minderwertigkeitsgefühl oder Unterwürfigkeit: in der Überzeugung, dass die Regeln des Zusammenlebens respektiert werden müssen, aber dass die Bürger ein Recht haben diese kennenzulernen, sie gemeinsam zu diskutieren und sich auch an ihrer Neu-Schreibung zu beteiligen“.

Der mit 10.000 Euro dotierte Preis der Alexander Langer Stiftung geht seit 1997 alljährlich an eine Person oder an eine Organisation, die sich durch ihr besonderes Engagement für die Einhaltung der Menschen- und Minderheiten-Rechte und für den Respekt der Umwelt auszeichnet. Der Preisverleihung an Borderline Sicilia findet am 4. Juli im Rahmen des dreitätigigen "Euromediterranea"-Treffens in Bozen statt.