Politik | Regionalrat

Nie wieder Mals

Referenden von Gemeinden werden künftig von einer Richterkommission auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft. Verfassungswidrig, kritisiert Stephan Lausch.

41 Ja, 3 Nein bei 4 Enthaltungen: Mit diesem Abstimmungsergebnis ist am Mittwoch ein Gesetzesentwurf von Regionalassessor Sepp Noggler durchgegangen, laut dem die Zulassung von Volksabstimmungen in Gemeinden künftig von einer Richterkommission bestimmt wird. „Im dritten Versuch ist es dem Duo Noggler und Schuler also gelungen“, bedauert der Koordinator der Initiative für mehr Demokratie Stephan Lausch. Für ihn ist klar, woher der Wind weht, mit dem nun hartnäckig versucht wurde, eine bisherige Gemeindekompetenz in Anlehnung an die Landesregelung an ein Richterkollegium zu übertragen: aus dem Westen des Landes. „Das ist ganz klar eine Reaktion auf das Referendum in Mals“, sagt Lausch. Mals darf es nie wieder geben, laute die Devise, unter der die neue Regelung bereits im vergangenen Dezember in das Regionalgesetz vom 9. Dezember 2014, Nr. 11 „Bestimmungen auf dem Sachgebiet der örtlichen Körperschaften" eingebaut worden sei.

Stand es bis dahin den Gemeinden frei, auf Grundlage ihrer  Gemeindesatzung Kommissionen einzusetzen, die über die Zulassung von Referenden entscheiden, soll es demnach künftig drei Richtern obliegen, schon vorab zu klären, ob Volksabstimmungen auf Gemeindeebene auch verfassungs- und EU-konform sind. Bei der Initiative für mehr Demokratie weist man zwar darauf hin, dass in Mals bis heute nicht geklärt ist, ob das Anti-Pestizid-Referendum rechtens war oder nicht, wie seine Kritiker behaupten. Doch wie Noggler & Co. argumentieren: Dank der Richterkommission sollen Unklarheiten beseitigt werden, was eine Gemeinde darf und was nicht.

Kommt nur ein weiterer Rekurs?

Dagegen hatte die Initiative für mehr Demokratie allerdings schon nach der Verabschiedung des Gesetzes im Dezember bei der Regierung in Rom Rekurs eingelegt. Denn für sie verletzte der Artikel nicht nur die Autonomie der Gemeinden. „Außerdem können drei Richter nicht Verfassungsgericht spielen“, sagt Stephan Lausch. Damals hatte sich Gianclaudio Bressa höchstpersönlich von solchen Argumenten überzeugen lassen und die Causa an das Verfassungsgericht weitergeleitet. Die Folge? Eine Rückverweisung des Passus an die Region. Nach dem vergeblichen Versuch, den Passus als blinden Passagier in einem anderen Gesetz unterzubringen, stand er am Mittwoch erneut auf der Tagesordnung des Regionalrats. Den Bedenken aus Rom wurde mit einer stärkeren Berücksichtigung der Gemeinde Genüge getan. So sollen die Kommissionen die Zulässigkeit nach den Kriterien bewerten, die in der Gemeindesatzung vorgegeben sind. Außerdem wird  der Rat der Gemeinden in die Entsendung der Richter in die Kommissionen eingebunden.

Für die Initiative für mehr Demokratie ändert dies nichts an der Verfassungswidrigkeit der Bestimmung – wovor sie am Vortag der Abstimmung auch alle Südtiroler Abgeordneten in einem Schreiben warnte. Geteilt wurden ihre Bedenken jedoch selbst innerhalb der Opposition nur von einer Minderheit, zeigt das Abstimmungsergebnis. Gibt es nun einen weiteren Rekurs? „Darüber müssen wir erst beraten“, meint Stephan Lausch. „Denn wir vermuten, dass man sich diesmal bereits vorab politisch in Rom abgesichert hat.“

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Mensch Ärgerdi… Mi., 22.04.2015 - 19:18

Das ist doch eine gute Idee. Es kann einfach nicht jede Gemeinde Volksbefragungen starten wie es ihr gerade so passt, ein Sieb durch einer technisch qualifizierten und vor allem dritten Kommission die aus Richtern besteht ist wohl die klügste Entscheidung. Ob die ganze Geschichte dann auch Verfassungskonform ist, ist eine andere Frage.

Mi., 22.04.2015 - 19:18 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Mi., 22.04.2015 - 20:54

Antwort auf von roberto paiarola

Proprio così siamo arrivati a comuni del nord Italia, amministrati da un certo partito, che hanno avuto l'ottima idea di vietare di parlare arabo (senza referendum). Nessuno vieta al comune di amministrare, infatti qui si parla di legiferare (attraverso referendum o meno), compito che spetta ai comuni (attraverso regolamenti comunali) solo in ambiti ridottissimi. Ci sono semplici e più che evidenti limiti di competenza da rispettare, e a sindacare su tali limiti sarebbe bene se lo facesse chi è del settore e ne capisce qualcosa.

Mi., 22.04.2015 - 20:54 Permalink
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gorgias Do., 23.04.2015 - 04:56

Das Recht wird von Gerichten gesprochen und nicht von der politik zusammengesetzten Kommisssionen die aus Richtern bestehen. Diese sollen hier nicht gerichtliche Entscheidungen vorwegnehmen und damit für Interessenten den Rechtsweg verschließen.

Ich frage mich auch was das zu Bedeuten hat wenn man dabei auch gewissen Aussagen der Rechtsanwältin Renate Holzeisen zur Südtiroler Gerichtsbarkeit berücksichtigt, die ihr am Ende über ein Gerichtsverfahren bestätigt wurden.

Durch diese Richterkomission werden der Zugang vor allem auch zu höherinstanzliche Gerichte und zum europäischen Gerichtshof verwehrt.

Außerdem würde mich zu diesem besonders kritischen Punkt auch die Meinung von Brigitte Foppa, Mitglied der 1. Gesetzgebungskommission interessieren in Zusammenhang mit dem neuen Landesgesetzt für direkte Demokratie.

Do., 23.04.2015 - 04:56 Permalink
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Ein Leser Do., 23.04.2015 - 08:02

Antwort auf von gorgias

Ich bin der Meinung, dass die rechtliche Prüfung im Vorfeld durchs Experten schon wichtig ist, auch dem guten Ungang mit Steuergeldern wegen.
Wieso nicht eine Richterkommission? In dieser Funktion sprechen sie doch nicht Recht, sondern sind eben Fachleute in einer Kommission. Die Ernennung könnte ja einem Dritten oder per Losverfahren erfolgen, damit es keine politische Ernennung ist.
Was heraus kommt ist dann ein Gutachten über die Zulässigkeit durch eine Fachkommission, kein Urteil. Jeder kann dieses Ergebnis immer noch vor Gericht anfechten (auch Richter in Komissionen machen Fehler, so wie es Fehler in Urteilen gibt).
Und zur angedeuteten Kritik bzgl. Unabhängigkeit: Ich glaube die Richterschaft ist immer noch die unabhängigste Berufsgruppe (hier ausgenommen die politische Ernennung der Verwaltungsrichter).

Do., 23.04.2015 - 08:02 Permalink