Wirtschaft | Brennerbasistunnel

Verspätete Eröffnung?

Der österreichische Rechnungshof veröffentlicht einen Bericht zur „Brenner Basistunnel BBT SE“. Trotz einiger Mängel zeigt sich die staatliche Kontrollbehörde zufrieden.
Die eigentliche Nachricht steht in einem Nebensatz des 25-Seiten langen Berichtes mit dem Titel „Bahnprojekt: Brenner Basistunnel; Follow–up–Überprüfung“. Die Fertigstellung und Eröffnung des Brennerbasistunnels könnte sich um gut 4 Jahre verzögern.
Der Rechungshof der Republik Österreich hat im genehmigten Bauprogramm 2019 der italienisch- österreichische Projektgesellschaft „Galleria di Base del Brennero – Brenner Basistunnel BBT SE“ (BBT SE) einen Satz gefunden, mit dem die geplante Inbetriebnahme des Brenner Basistunnels von Ende 2027 auf Ende 2028 verschoben wird.
Gleichzeitig weißt das oberste Kontrollgremium aber auf eine mögliche weitere Verzögerung hin.  Sollten Risiken beim Rohbau, bei der Ausrüstung und der Inbetriebsetzung schlagend werden, könnte sich der Termin für die Inbetriebnahme auf Anfang 2030 verschieben. „Weitere mögliche Verzögerungen, die auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind, wurden nicht berücksichtigt, da die Prüfung vor Ausbruch der Pandemie stattfand“, heißt es im Bericht.
Ursprünglich war die Inbetriebnahme des Tunnels für Ende 2026 geplant.
 

Die Follow-up-Überprüfung

 
Der österreichische Rechungshof hat bereits 2017 das „Bahnprojekt: Brenner Basistunnel” einer Überprüfung unterzogen. Damals hatte das Kontrollorgan eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen, die die BBT SE in ihrer Arbeit umsetzen sollte.
Im Juli 2019 fand dann eine sogenannte „Follow-up-Überprüfung“ statt, eine Folgeüberprüfung mit der man unter anderem die Umsetzung dieser Empfehlungen durch das öffentliche Unternehmen überprüft hat.
 
 
Der Rechungshof ist durchaus zufrieden. „Die BBT setzte von 15 Empfehlungen neun um, eine teilweise und fünf nicht um“, heißt im Abschlussberich, der diese Woche erschienen ist.
Die BBT SE erhielt von der Europäischen Kommission die Zusage, Zuschüsse für Arbeiten und Studien von 390,28 Millionen Euro auch für das Jahr 2020 zu bekommen.  Der Rechnungshof mahnt an, dass das Unternehmen entgegen den Empfehlungen aber auch weiterhin nur einjährige Finanzpläne vorlegt. Zudem erstelle man auch nicht eine klare Kostenprognose, die dem Aufsichtsrat vorgelegt wird. „Im überprüften Zeitraum 2015 bis 2019 erfolgte dies nur einmal nämlich 2017“, heißt es im Rechnungshofbericht.
Die Kontrollbehörde führt an, dass es Probleme bei den Kostenprognosen auch wegen Verzögerungen beim Bauprogramm gibt. Ausschlaggebend für die Verzögerungen waren unterschiedliche Positionen der italienischen und der österreichischen Eisenbahn zur bahntechnischen Ausrüstung. Daher war Mitte 2019 auch der Generalplaner für die bahntechnische Ausrüstung noch nicht ausgeschrieben. Damit nähme die BBT SE das Risiko weiterer Verzögerungen im Bauablauf, einer verspäteten Inbetriebnahme des Brenner Basistunnels und von Mehrkosten in Kauf.
Die Gesellschaft habe wie vom Rechungshof empfohlen durch Wissens- und Personaltransfer sowie Erfahrungsaustausch die geplanten Rohbaukosten reduziert.  So konnten diese Kosten von 5,355 Milliarden Euro um 0,609 Milliarden auf 4,746 Milliarden Euro gesenkt werden.  Keine Kostensenkung gibt es hingegen bei den Ausrüstungskosten, die mit 1,299 Milliarden Euro veranschlagt werden.
Ebenso bemängelt der Rechungshof, dass die BBT SE für die Jahre 2018 und 2019 keine Risikoanalysen durchführte „Für die Aktualisierung der prognostizierten Gesamtkosten und für eine Risikovorsorge wären jedoch jährliche Risikoanalysen notwendig“, steht im Bericht.
Ebenso würden für die Bauprogramme der Jahre 2016 und 2018 immer noch die Genehmigungen durch den Aufsichtsrat fehlen.
 

Die Empfehlungen


Am Ende jedes Berichtes gibt der Rechungshof Empfehlungen ab.
So auch in diesem Bericht. Im Wesentlichen sind es drei Dinge, die das oberste österreichische Kontrollorgan anmahnt.
 
  •  In Bezug auf die Finanzplanung wäre die Anpassung der Rahmenbedingungen unternehmensrechtlich abgesichert durchzuführen und die Betrachtungsdauer der Mittelabflüsse vorerst bis zur Inbetriebnahme zu begrenzen. Ab Inbetriebnahme wäre eine neue, den Betriebserfordernissen angepasste Regelung hinsichtlich des Zeithorizonts der Finanzpläne zu treffen, um die Gesamtübersicht des Einsatzes öffentlicher Mittel für die gesamte Lebensdauer des Projekts sicherzustellen;
     
  • Zwischen den Aktionären wäre zügig eine Einigung hinsichtlich der wesentlichen Anforderungen der bahntechnischen Ausrüstung zu schaffen, um mögliche weitere Verzögerungen des Fertigstellungstermins und mögliche Mehrkosten zu vermeiden;
     
  •  Im Zuge der weiteren Abwicklung wären die Ansätze für die Risikovorsorge zumindest jährlich vor Beginn des Jahres, auf das sie sich beziehen, zu evaluieren und das Ergebnis wäre in der Fortschreibung der Kostenprognosen zu berücksichtigen.
 

Der Bericht

 
Bild
Profil für Benutzer Hartmuth Staffler
Hartmuth Staffler Fr., 22.05.2020 - 16:29

"Gleichzeitig weißt das oberste Kontrollgremium aber auf eine mögliche weitere Verzögerung hin". Schwarzmalerei kann man dem Rechnungshof jedenfalls nicht vorwerfen, wenn er sogar in seinem Bericht "weißt", womit sich der Bericht wohl den Namen Weißbuch verdient hat.

Fr., 22.05.2020 - 16:29 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Karl Trojer
Karl Trojer Sa., 23.05.2020 - 10:03

Sinnvoller als die derzeitige Finanzierung mit öffentlichen Mitteln wäre die Vergabe einer Konzession mit privater Finanzierung und einer Laufzeit von max. 40 Jahren für die gesamte BBT-Strecke mit Zulaufstrecken. Die Konzessionsbedingungen legt die öffentliche Hand vor und ab Konzessionsende wird die gesamte Infrastruktur wieder öffentliches Eigentum. Damit würde die gesamte Bauzeit wesentlich reduziert (private Finanzierungen bedürfen einer raschen Inbetriebnahme des Gesamsystems) , die Finanzmittel wären umfassend und sofort verfügbar, und die öffentlichen Haushalte wären stark entlastet. (Vorschlag aus dem Jahr 1990...)

Sa., 23.05.2020 - 10:03 Permalink