Umwelt | Diesel

Hat der Diesel Zukunft?

PKWs mit Dieselantrieb sind vor allem in Europa sehr beliebt. Doch seit den Abgasskandalen stehen sie im Kreuzfeuer der Kritik.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Diesel
Foto: upi

Der Dieselmotor wurde im Jahr 1893 von Rudolf Diesel erfunden. Anfänglich wurde Dieselkraftstoff zum Antrieb von Lastwagen, Lokomotiven und Schiffen genutzt. Erst im Jahre 1936 wurde der erste PKW (Mercedes-Benz 260 D) mit Dieselmotor vorgestellt und im Jahre 1937 in Serie produziert.

1976 brachte VW den ersten Golf mit Dieselmotor heraus und begann damit eine Erfolgsstory. Andere Autohersteller folgten mit neuen Dieselmodellen. In den letzten 25 Jahren ist der Anteil an Diesel PKWs in Europa stark gestiegen, vor allem als Folge der günstigen Besteuerung von Dieseltreibstoff. Europaweit lag der Marktanteil der verkauften Diesel-Neuwagen im Jahr 2014 bei über 50%, während Diesel PKWs in den USA, in Japan und China kaum eine Rolle spielen. Dieseltreibstoff wird in diesen Ländern nicht steuerlich begünstigt, zudem haben umwelt- und gesundheitspolitische Erwägungen im PKW Bereich eine höhere Priorität.  Lediglich Indien weist einen ähnlich hohen Anteil an Diesel PKWs wie Europa auf.

 

Dieselmotor und Benzinmotor im Vergleich

Der wesentliche Unterschied zwischen Dieselmotor und Benzinmotor (Ottomotor) besteht in der Art der Zündung. Während der Benzinmotor durch Fremdzündung in Form einer Zündkerze arbeitet, verbrennen Dieselmotoren fein zerstäubten Kraftstoff, der in den Zylinder eingespritzt wird und sich dort selbst entzündet.

Der Wirkungsgrad, also das Maß, mit dem der Motor die Energie im Brennstoff nutzt, ist beim Diesel höher. Ein Liter Diesel enthält mehr Energie als ein Liter Benzin, deshalb sind Dieselmotoren im Verbrauch sparsamer als vergleichbare Benziner. Diesel ist zudem in Europa geringer besteuert als Benzin und deshalb billiger. Zwar kostet ein PKW mit Dieselantrieb in der Anschaffung meist mehr als ein vergleichbarer Benziner, doch wer viele Kilometer macht, gleicht den Mehrpreis schnell wieder aus.

Die Verringerung des Verbrauchs und damit auch die Senkung von Kohlendioxyd (CO2) gelang dem Diesel besser als den Benzinern. Diesel wurde jahrelang von den Autoherstellern als sauber und umweltfreundlich dargestellt, weil er wesentlich weniger CO2 ausstößt als ein Benziner und deshalb weniger zur Klimaerwärmung beiträgt. Diesel emittiert jedoch im Schnitt wesentlich mehr Stickoxide (NOx), die bei hoher Konzentration schwere gesundheitliche Schäden verursachen können.

Wie ist der Markt für Diesel PKWs in Europa?

In diversen Städten Europas (Paris, London, Rom, Mailand etc.) gibt es inzwischen wegen der überhöhten Feinstaubwerte Fahrverbote für ältere Diesel PKWs, die nicht den neuesten Umweltnormen entsprechen. Viele weitere Städte wollen diesem Beispiel folgen. Wer mit seinem alten Diese PKW kein Fahrverbot riskieren möchte, kann den Motor umrüsten lassen. Doch das ist technisch aufwendig und mit hohen Kosten verbunden. Laut Experten aus der Autoindustrie sind nicht alle alten Diesel PKWs für eine Nachbesserung geeignet.                                                                                           

Abgasmanipulationen von VW und anderen Autoherstellern, strengere Emissionsvorschriften und bereits bestehende oder angekündigte Fahrverbote in manchen Städten haben sich auf das Kundenverhalten ausgewirkt und zu teils stark sinkenden Marktanteilen bei Diesel-PKWs geführt. In fünf der sechs größten Märkte in Westeuropa sank der Anteil an Diesel-PKWs bei den Neuzulassungen. Frankreich liegt an erster Stelle, gefolgt von Belgien, Spanien, Großbritannien und Deutschland. Nur in Italien stieg der Anteil weiter an.  Laut neuesten Statistiken setzte sich der Abwärtstrend bei den Neuzulassungen von Diesel PKWs in Europa auch im ersten Halbjahr 2017 weiter fort, nur in Italien gab es immer noch einen geringen Anstieg. Dies ist vermutlich auf einen massiven Anstieg der gewerblichen Neuzulassungen zurückzuführen. Manche Experten gehen in ihren Prognosen sogar davon aus, dass Diesel bis 2025 als Antrieb für PKWs weitgehend an Bedeutung verlieren wird. Ersetzt würden Diesel PKWs durch Hybrid- und Elektroautos.

Wie reagieren die Autohersteller?

Eine kürzlich von der renommierten Unternehmensberatung KPMG durchgeführten Studie unter Managern in der Autoindustrie zeigt als Ergebnis, dass über die Hälfte der Befragten dem Dieselmotor im PKW keine Zukunft gibt. Diesel PKWs seien nur noch mit satten Rabatten zu verkaufen, klagen manche Autohersteller. Die japanischen Autohersteller Toyota, Honda, Nissan und Mitsubishi werden in Zukunft keine neuen Dieselmotoren mehr entwickeln und ihre Neuentwicklungen hauptsächlich auf Elektromotoren ausrichten. Bei Volvo wird ab 2019 jedes neue Modell ein Elektro-Auto sein. Deutsche Autohersteller setzen auch weiterhin auf den Diesel. Daimler und BMW investieren weiter in die Dieseltechnologie. Auch VW will bei größeren PKWs den Dieselmotor weiterentwickeln. Nicht nur Umweltschützer kritisieren das, sondern auch Experten aus der Autoindustrie bewerten das Festhalten an der Dieselstrategie als Fehler, da die Zukunft den Elektro-Autos gehöre.

Technisch sei es möglich Diesel sauberer zu machen, das heißt, die Emissionen so zu reduzieren, dass sie den Umweltnormen entsprechen, sagen Experten der Autoindustrie. Solche Verfahren seinen allerdings sehr kostspielig. Das würde dazu führen, dass dieselbetriebene Kleinwagen zukünftig mit entsprechenden Autos mit Benzinmotor kaum mehr konkurrenzfähig sein werden.

Welche Maßnahmen ergreift die Politik?

Seit Ende 2015 gilt für alle PKW Neuzulassungen die Euronorm 6, welche verschärfte Abgasvorschriften enthält.  Experten weisen jedoch darauf hin, dass Dieselautos, die der Euronorm 6 entsprechen, immer noch zu viel Schadstoffe ausstoßen. Misst man die Schadstoffe nicht im Labor, wie das bis jetzt der Fall ist, sondern unter realen Straßenbedingungen, so übersteigen die Schadstoffemissionen die festgesetzten Grenzwerte zum Teil um ein Vielfaches.

Die EU erhöht in der Abgasaffäre den Druck auf die Autohersteller in den Mitgliedsländern. Alle manipulierten Dieselmotoren müssen möglichst schnell umgerüstet werden, ansonsten dürften diese Autos bereits ab 2018 nicht mehr auf die Straße. In Deutschland will man eine große Nachrüstaktion für Diesel PKWs einführen, um möglichen Fahrverboten entgegenzuwirken. Kritiker zweifeln jedoch an der Wirksamkeit einer solchen Aktion.

Warum versuchen Autoindustrie und Politik, besonders in Deutschland immer noch Diesel PKWs zu fördern?  Die Autoindustrie spielt in der Wirtschaft eine sehr große Rolle und verfügt über eine mächtige Lobby, die ihre Interessen entsprechend vertritt. Deshalb wird aus wirtschaftlichen Überlegungen versucht die Autoindustrie, welche sehr hohe Investitionen in die Weiterentwicklung der Diesel-Technologie gemacht hat, zu schützen. Außerdem befürchtet die Politik, dass bei einem massiven Rückgang der Diesel PKWs die CO2 Limits und damit die Klimaziele nicht mehr erreichbar sind, da Benziner mehr CO2 aufstoßen.

Diesel als Brennstoff für LKWs- und im Schiffsverkehr

Ohne Diesel wäre der LKW Verkehr und die Schifffahrt undenkbar. LKWs haben in den meisten Fällen einen Dieselmotor. Ein Dieselmotor bietet ein hohes Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen - ist also in der Lage, große Lasten relativ mühelos zu beschleunigen. Außerdem ist er viel sparsamer als es ein Benzinmotor mit entsprechender Auslegung wäre. Dieselmotoren halten auch erheblich länger als Benzinmotoren. Langlebigkeit, geringer Verbrauch, billiger Treibstoff sind die Hauptgründe, welche für Dieselantrieb bei LKWs sprechen. Doch auch bei den LKWs und im Schiffsverkehr gibt es bereits Alternativen zum Diesel. LNG (Flüssiggas) könnte in Zukunft die großen Ozeancontainer und Kreuzfahrtschiffe, aber auch LKWs antreiben.    

LNG ist ein Kraftstoff mit hohem Energiegehalt – und ist billiger und wesentlich umweltfreundlicher als Diesel. Gas setzt bei der Verbrennung viel weniger CO2 und weit weniger andere Schadstoffe frei als Diesel. Einige große Firmen haben bereits von Diesel auf LNG umgerüstet. Doch noch fehlt größtenteils die notwendige Infrastruktur und zudem ist die Umrüstung sehr kostenintensiv. Deshalb werden LKWs und der Schiffsverkehr voraussichtlich noch für lange Zeit auf Dieselbrennstoff angewiesen sein.

Zukunftsperspektiven

Im PKW Sektor scheint ein weiterer Rückgang bei Diesel-Neuzulassungen in Zukunft aus umwelt- und gesundheitspolitischen Gründen unumgänglich zu sein. Während viele große Autohersteller bereits weniger Diesel-PKWs auf den Markt bringen oder überhaupt Dieselauto aus ihrem Portfolio streichen, halten deutsche Autohersteller, wie Daimler und BMW noch am Diesel fest. Ob die neuesten Meldungen über kartellmäßige Absprachen der großen deutschen Autobauer, auch bezüglich Abgasreinigung bei Diesel PKWs zu einer Strategieänderung führen werden, bleibt abzuwarten. Der weitere Ausbau der Elektromobilität und längerfristig auch die Markteinführung anderer Alternativen, wie Brennstoffzellen-Autos werden in Zukunft auch maßgeblich dazu beitragen, dass weniger Diesel PKWs auf den Markt kommen.

Bild
Profil für Benutzer gorgias
gorgias Mi., 26.07.2017 - 10:17

Flüssiggastreibstoff könnte auch interessant sein. Laut einem Spiegel-Artikel könnte durch ein neues Verfahren über Stroh genug Methan gewonnen werden um damit in Deutschland 10% des Fuhrparks zu betreiben.

Mi., 26.07.2017 - 10:17 Permalink