Politik | A22

“Wir müssen diese Lösung finden”

Im Regionalrat nimmt Landeshauptmann Arno Kompatscher Stellung zur verfahrenen Vergabe der A22-Konzession – und fragt sich: “Was ist los in diesem Staat?”
Arno Kompatscher
Foto: Salto.bz

Im Zuge der Regionalratssitzung nutzten am Mittwoch gleich mehrere Oppositionsvertreter die Gelegenheit, um über den Stand der Dinge bei der A22-Konzession nachzufragen. Wie berichtet, läuft am 31. Juli die von Minister Enrico Giovannini gesetzte Frist aus, um eine Lösung zu finden. Ansonsten droht eine europaweite Ausschreibung der 30-jährigen Konzession – ein Horrorszenario für Südtirol und das Trentino. “Dann stünden wir vor einem Trümmerhaufen ohnegleichen”, meint etwa Alt-Senator Karl Zeller. In seiner Partei, aber nicht nur dort, sieht man die Schuld, dass es bei der Neuvergabe der Konzession an eine rein öffentliche Inhouse-Gesellschaft immer wieder zu Verzögerungen kommt, bei Maurizio Fugatti (Lega): Der Trentiner Landeshauptmann und aktuelle Präsident der Region vertrete vielmehr die Interessen des Veneto und der privaten Anteilseigner der aktuellen A22-Gesellschaft als jene der beiden Provinzen. Am Mittwoch fehlte Fugatti im Regionalrat. Und so lag es am Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher, auf die Wortmeldungen von Hanspeter Staffler (Grüne), Giorgio Tonini (PD), Alex Marini (M5S) und Ugo Rossi (gemischte Fraktion) zu antworten. Man müsse “mit Schuldzuweisungen sehr vorsichtig sein”, meinte Kompatscher diplomatisch – und zitierte dann frei nach Wiliam Shakespeares Hamlet: “Was ist los in diesem Staat?”

 

Fingerzeig auf Rechnungshof

 

Damit meint Kompatscher das Gebaren des Regionalen Rechnungshofes. Dieser hat vor Kurzem nicht nur festgestellt, dass die Aktienpakete der privaten A22-Teilhaber maximal 50 bis 70 Millionen Euro Wert seien – die Privaten, die vor der Schaffung der Inhouse-Gesellschaft ausgezahlt werden und verlangen rund das Dreifache –, sondern auch angezweifelt, dass öffentliche Körperschaften überhaupt eine Autobahn führen dürfen. “Eigenartig” und “sonderlich” sei es, wenn ein Richter am Rechnungshof diese Frage aufwerfe – wenn es doch ein staatliches Gesetz gebe, verabschiedet vom römischen Parlament, das besagt, “dass der Staat mit den betroffenen Gebietskörperschaften eine Vereinbarung zur Führung der A22 mittels Inhouse-Gesellschaft abschließt”.

“Bei allem Respekt vor den Zuständigkeiten des Rechnungshofes – diese Frage könnte nur ein Verfassungsrichter aufwerfen. Hat er aber nicht”, so Kompatscher. Und dass der Rechnungshof “ungefragt festgelegt” habe, welcher der gerechte Preis für die Liquidierung der privaten Gesellschafter sei, habe nun “dazu geführt, dass bei den Verhandlungen nichts mehr weitergegangen ist”. “Ehrlicherweise muss man aber auch sagen”, fügt Kompatscher später hinzu, “dass für ein schnelleres Fortkommen bei der Überwindung der Hürden auf dem Weg zur Inhouse-Gesellschaft es förderlich gewesen wäre, wenn die Interessenlage in allen betroffenen Regionen dieselbe wäre”. Damit gesteht er ein, dass Südtirol, Trentino und Veneto nicht an einem Strang ziehen. Das sei auch “durchaus verständlich”, da die Brennerautobahn zwischen Brenner und Modena in unterschiedlichen Abschnitten und damit Regionen und Provinzen unterschiedliche Auswirkungen hat.

Die offenen Fragen, die noch zu klären sind, bevor die Inhouse-Gesellschaft operativ werden und die Konzession erhalten kann, fasst Kompatscher so zusammen: die Ablöse bzw. der Kaufpreis für das private Aktienpaket; die Governance; die steuerliche Behandlung der Rücklagen (“fondo ferroviario”).

Dass man anstatt der Umwandlung der derzeitigen A22-Gesellschaft in eine Inhouse-Gesellschaft einfach eine neue Inhouse-Gesellschaft gründet – damit würden die zähen Verhandlungen mit den Privaten obsolet werden –, die die Konzession übernimmt, ist laut Kompatscher keine Option: “Die Folge wäre, dass das gesamte Autobahnvermögen auf eine neue Gesellschaft übertragen werden müsste – das ist fast unmöglich. Und auch das Startkapital würde fehlen.”

 

Was nun?

 

Laut Kompatscher hat in den vergangenen Wochen “ein reger Austausch” mit der Regierung Draghi stattgefunden und auch in diesen Tagen sei man in “intensiven Gesprächen” mit Rom. Bis zum 31. Juli werde die Vereinbarung zur Übernahme der A22-Führung durch eine rein öffentliche Inhouse-Gesellschaft aber nicht unterschrieben sein. “Das geht sich zeitlich unmöglich aus.”

Resigniert hat Kompatscher noch nicht. Aber er weiß am besten, dass die Zeit drängt und eine Ausschreibung der Konzession und damit die Wahrscheinlichkeit, dass ein Privater die Führung der A22 übernimmt, immer näher rückt. “Diese Autobahn, dieser Korridor hat ein enormes Potential, um die Lebensqualität in unserem Territorium zu verbessern, die Wirtschaft und das soziale Leben zu beflügeln und die Umwelt besser zu schützen” – daher brauche es unbedingt eine öffentliche Führung, wiederholt der Landeshauptmann mehrmals. “Deshalb müssen wir diese Lösung – in Zusammenarbeit mit der Regierung – finden und werden in diesem Sinne weiterarbeiten.”