Kultur | Salto Afternoon

Cosmology of the boundless

Das Magazin für Gesellschaft und Kultur lädt am Donnerstag, 24. August, ins Atelierhaus des Museion Bozen zur Ausstellung
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Foto: 39NULL

Bereits im März, mit dem Erscheinen ihrer fünften Ausgabe von 39NULL, hatten die Macher und Macherinnen zu einer ersten Ausstellung geladen. Zum Thema „Aufbruch“ wurden Atelierhaus des Museion mehrere Fotoarbeiten gezeigt.

In der zweiten von 39NULL kuratierten Ausstellung für das Atelierhaus stehen Fragen nach dem gegenwärtigen Verständnis von körperlicher und sexueller Freiheit sowie nach der Zumutung von oftmals aufoktroyierten, hegemonialen und chauvinistischen Körperkonzepten im Mittelpunkt.

Ausgehend von der Tatsache, dass Sexismus kulturell bedingt und institutionell verankert ist sowie individuell verinnerlicht wird, ist es, um damit brechen zu können, umso wichtiger, jene Grenzen zu erkennen, welche es gleichermaßen zu überschreiten gilt.

Psychische und physische Trennlinien, die sich meist als ein Konstrukt des soziokulturellen Verständnisses entpuppen, verfestigen sich durch Wahrnehmungsprozesse und Repräsentationsstrategien in Gesellschaft und Medien, durch Sprache und generationaler Übermittlung.

In Paula Winklers Werk manifestiert sich das Universum im euphorischen Gesicht seiner Allerschönsten, Miss Universe, die sich erst im Augenblick des Sieges von dem in Perfektion erstarrten Lächeln befreien kann, indem sie endlich die Kontrolle über sich selbst und ihre Emotionen verliert. Winkler hält diesen Moment als verpixelten Screenshot auf übergroßen, poppig-bunten Alu-Dibond-Platten fest.

Ein kolumbianischer Beitrag kommt vom Kollektiv La Decanatura in Zusammenarbeit mit dem queer- Künstler Federica Burns. In ihrer Videoarbeit illustrieren die Künstler die Erschaffung des Universums, den Big Bang, auf neue Weise: Sie versuchen, die einseitige, männlich- weiße Souveränität in der Darstellung und Vision des Schöpfers zu untergraben, um einen Gott zu erschaffen, der in seiner Mehrdeutigkeit existiert. Weder Frau noch Mann, genderlos, mestizo. Verspielt, geschminkt, tanzend.

Die in London lebende Südtirolerin Barbara Gamper reflektiert in ihrer Live-Performance die wohl radikalste und älteste Form des Feminismus, dessen Wurzeln im Neolithikum zu finden sind: Sie bezieht sich dabei auf Ausgrabungen der litauisch-amerikanischen Archäologin Marija Gimbutas, welche zum Großteil aus weiblichen Figuren bestehen, Göttinnen, halb Mensch, halb Tier. Gamper übersetzt diese Darstellung göttlicher Mischwesen in die zeitgenössische Idee von hybrider Existenz, indem sie einen Vergleich zu Donna Haraways „Techno- Human- Cyborg“ schafft - beides Strategien nicht nur zur Überwindung von genderspezifischen Grenzen, sondern auch der Trennung zwischen Mensch und Tier, Planet und Maschine. So erscheint das Universum hier in Form eines hybriden, göttlichen Wesens, befreit in ihrer universalen queeren Existenz. Entbunden von der traditionalistischen Objektivierung, verschwimmt die Begrenzung ihres Körpers.

Die deutsche Künstlerin Özlem Altin nimmt die mythologische Figur des Tiresias, der im Laufe seines Lebens sein Geschlecht wandelt, zur Grundlage und erstellt für die Ausstellung eine Collage, die Aspekte und Symbolik der Transformation und Heilung zusammenbringt. Der Körper erscheint in einem beweglichen, fluktuierenden Zustand, in welchem chronologische sowie logische Grenzen aufgehoben sind und eine eindeutige Identifizierung unmöglich wird.