Kultur | Tipp

Wasser, umgeben von Land

Ausstellung von Bianca Kennedy und The Swan Collective in Bozen.

In der Bozner Galerie Alessandro Casciaro können BesucherInnen derzeit eine facettenreiche, künstlerische Water World erkunden. Wasser ist das verbindende Element der recht unterschiedlichen Arbeiten von Bianca Kennedy und The Swan Collective, zwei jungen Positionen aus Deutschland.
Bianca hat Badewannenszenarien aus Filmen in filigrane Zeichnungen umgesetzt. Auch in ihren Installationen und Modellfotografien zieht sich die Badewanne als „eine Oase des seelischen Hinabsinkenkönnens in die Vielfalt menschlicher Intimität“ als roter Faden durch. The Swan Collective projieziert das Bewegte und Unstete des Wassers und des Sonnenlaufes mittels Beamer auf die bemalte Leinwand, was einen seltsam belebten Effekt erzeugt. Noch einen Schritt weiter geht er mit einer 3D-Animation: sich nacheinander öffnende Räume aus sich verschiebenden Flächen und Mustern im Weltall erzeugen mittels einer 3D-Brille eine immersive und schwindelerregende Erfahrung. Auch wenn für Gamer Animationen wie diese zum Alltag gehören, kommt die Verwendung dieser Techniken in der Galerie als Novum daher. Auch seine detaillierten Papierprägungen von wasserspeichernden Kakteen wirken wie Elemente aus einer Hyperrealität und durch geschickte Lichtsetzung extrem plastisch.
Anlässlich der Ausstellung hat Salto Arts die beiden KünstlerInnen zum Interview gebeten.

Salto Arts: Eure Ausstellung in Bozen heißt „Hydra Islands“. Ich google Hydra: griech. für Wasserschlange, weiters ein Ungeheuer der griechischen Mythologie, eine Insel in Griechenland, ein Sternenbild. Worauf spielt ihr mit „Hydra Islands“ an?

Bianca Kennedy und The Swan Collective: Die letzten zwölf Monate verbrachten wir auf Reisen und fast immer an Küsten. Die Reise begann in Kalifornien, führte nach Kanada und Barcelona und wurde mit vier Monaten in Griechenland, insbesondere Athen, Hydra, Paros und Mykonos beendet.
Für die Ausstellung bei Alessandro Casciaro wollten wir die Reiseerfahrungen in die Werke einfließen lassen. Die Wasserknappheit, unter der viele von uns besuchte Gegenden litten, wurde beinahe sarkastisch durch die Küsten und das angrenzende Meer kontrastiert. Hydra Islands umfasst somit nicht nur den Aufenthalt auf der Insel Hydra, sondern spielt auch mit dem Begriff der Insel als solche. Das Paradiesische kann schnell beängstigend werden – dieselbe Ambivalenz hat für uns auch das Wasser und ist in den ausgestellten Arbeiten zu erkennen. In der Malerei des Swan Collective ist unklar, inwiefern das Wasser vom Menschen gespeichert wurde, oder ob es die Menschheit verdrängt hat. Die Badewanne funktioniert in Bianca Kennedys Zeichnungen hingegen als invertierte Insel. Der Badende ist getrennt von seiner Umwelt und wird so selbst zur Insel, umgeben von Wasser, Wasser umgeben von Land.

Ein Leitfaden in der Ausstellung ist das (temporär) gespeicherte Wasser in Wanne, architektonischen Einrichtungen oder Pflanzen.
Sauberes Wasser könnte in der Zukunft knapp werden und ist in manchen Gebieten der Erde nur unter extremen Mühen erhältlich.
Inwieweit ist Wasser für euch ein Politikum und warum ist es auf künstlerischer Ebene interessant?


Wie bereits angesprochen sahen wir uns auf der Reise ständig mit einem Paradoxon konfrontiert: Man fährt mit dem Wagen die saftigen Küstenstraßen entlang, der Blick nichts als Weite und Meer, und abends im Motel stellen sie einem zwei Wassereimer hin – that's all for today folks, fucking drought.
Dass der Begriff des Wassers die unterschiedlichsten Konnotationen trägt, ist natürlich nichts Neues. Einerseits gibt es ohne Wasser kein Leben, Naturkatastrophen fordern aber selbiges auch wieder ein. Wasser wird verschickt, verkauft und gehandelt, besessen und vorenthalten.
Allerdings interessierte uns vorrangig der emotionale Aspekt, den man mit Wasser auch verbinden kann. Die Gratwanderung zwischen kitschiger Swimmingpoolromantik und einer ursprünglichen Form des Wassers als Urgewalt faszinierte uns. Wann wird Wasser zum Ab-Wasser, wann kippt die Badeurlaubsfantasie?

Ihr arbeitet beide mit verschiedenen Medien, Bianca mit Zeichnung, Film, skulpturalen Modellen und Fotografie, The Swan Collective mit Acrylmalerei, Trickfilm, 3D-Animationen und Papierprägungen. Gibt es Medien, die ihr bevorzugt? Aus welchen Gründen wählt ihr ein Medium bzw. verbindet ihr mehrere?

Die Festlegung auf ein Medium hat uns beide noch nie interessiert. Unsere Arbeiten gehen grundsätzlich von einer Idee aus, deren Umsetzung dann ein bestimmtes Medium 'fordert'.
Bianca Kennedy: Natürlich habe ich bestimmte Vorlieben für Techniken. Aber nicht immer eignet sich ein Stop-Motion-Film mit Figuren und Modellen für die Ausformulierung eines ganz bestimmten Gedankens. Besonders unterwegs auf Reisen musste ich mir auch ganz pragmatisch überlegen, wie man am besten aus dem Koffer heraus arbeitet und die Erfahrungen vor Ort umsetzen kann. Dafür boten sich für mich Zeichnungen und Fotografien von Modellen an.
The Swan Collective: Die fünf Mitglieder des Kollektivs von Felix Kraus verfolgen alle eine individuelle Technik, die sie dann in ihren Arbeiten miteinander verbinden. So trifft Malerei auf Projektion, Lyrik auf 3D-Animation, Fotografie und Forschung dienen als Grundlage für Papierprägungen, und alles zusammen kann wiederum in komplexen Filmarbeiten landen.

Ihr habt bereits öfters zusammen ausgestellt. Wie kann man sich eure Zusammenarbeit vorstellen? Welche Elemente verbinden euch?

Von 2013 bis 2016 ist unter anderem eine 'Zukunftstrilogie' entstanden, für die wir unsere Kräfte gebündelt haben. In unserer gemeinsamen Arbeit behandeln wir die These einer Evolution, die nie zum Stillstand kommt und neben den regulären Menschen auch neuartige Hybride hervorbringt: Mischwesen aus Pflanze, Tier und Mensch. Im ersten Teil zeigten wir eine Modelllandschaft, die sich mit den ungeahnten Problemen der Hybridisierung auseinandersetzt - daraus entstand der Film Hybrid mit den Voice-overs von Hans Op de Beeck und Uschi Obermaier. Im zweiten Teil namens Life between Walls spielt die Gattung der Pilze eine große Rolle, denn sie wurden in der Hybridisierung bislang ausgelassen, sind sie ja weder Tier noch Pflanze. Den dritten Teil drehten wir auf unserer Reise in Kalifornien und Kanada und zeigten den Film in einer Ausstellung in Barcelona. Neben diesen Projekten gibt es aber immer auch die eigene Arbeit. Der dreiteilige Zyklus ist vorerst abgeschlossen und so können wir uns wieder auf unsere persönlichen Projekte konzentrieren. Manchmal passiert es, dass sich einige Ideenstränge aber nach einiger Zeit von ganz allein weiterspinnen, und dann werden wir uns sicherlich wieder zusammentun, denn das Interesse für differenzierte Animationen und weirdes Storytelling teilen wir beide.

Hydra Islands
Bianca Kennedy & The Swan Collective
8.9. – 8.10.2016
Galerie Alessandro Casciaro