Wirtschaft | SAD-Land

“Sind keine Revolverhelden”

Martin Ausserdorfer und Joachim Dejaco nehmen zur Datenverwaltung im Nahverkehr Stellung: “Wir lassen uns nicht erpressen – die STA ist der Herr der Daten.”
Joachim Dejaco & Martin Ausserdorfer
Foto: Salto.bz

Der Name des SAD-Chefs wird tunlichst vermieden, von Ingemar Gatterer wird als “Er, dessen Namen wir heute nicht nennen” gesprochen. Unweigerlich denkt man an den bösen Lord Voldemort in Harry Potter. Nach den Medienberichten und dem neuerlichen Rundumschlag von Ingemar Gatterer haben Martin Ausserdorfer und Joachim Dejaco beschlossen, selbst eine Pressekonferenz einzuberufen. Am Freitag Nachmittag laden Präsident und Generaldirektor in die Räumlichkeiten der landeseigenen Südtiroler Transportstrukturen AG, kurz STA. Im dritten Stock nehmen sie sich eine gute halbe Stunde Zeit, um den Medienvertretern zu erklären, welche Wege die STA in Sachen Südtirol Pass, Digitalisierung und Datenmanagement beschreiten will. Vor allem aber, um eine Botschaft zu lancieren: “Die STA, und damit das Land, ist der Herr der Daten.

“Wir lassen uns von niemandem erpressen oder vor sich hertreiben, wir sind den Bürgerinnen und Bürgern verpflichtet und nicht irgend einem Unternehmen”, stellt STA-Präsident Ausserdorfer gleich am Anfang klar. Ebenso wie Generaldirektor Dejaco ist er am Tag zuvor von Ingemar Gatterer frontal angegriffen, als “inkompetent” abgestempelt worden: “Die zwei Verantwortlichen in der STA verstehen von der Sache genauso wenig wie ich vom Knödelkochen”, so Gatterer wörtlich. “Die Sache”, von der der SAD-Mehrheitseigentümer spricht, betrifft die Datenverwaltung im öffentlichen Nahverkehr. Mit dem neuen Mobilitätsgesetz wurde 2015 beschlossen, dass die Zuständigkeit dafür ab 2016 Schritt für Schritt von der ST Servizi an die STA übergehen soll. ST Servizi, eine SAD-Tochter, verwaltet aufgrund eines Landesgesetztes von 1985 sämtliche IT-Systeme im Nahverkehr, die auf dem Informations- und Serviceprovider SII angesiedelt sind. SII wurde mit öffentlichen Mitteln aus dem EFRE-Fonds – rund vier Millionen Euro – im Auftrag des Landes entwickelt. Auf der Datenplattform befinden sich auch die Daten der Nutzer des Südtirol Pass.

Mit einem Dienstelstungsvertrag vereinbarten STA, ST Servizi und SAD Ende 2016, dass ST Servizi SII übergangsmäßig bis zum 18. November 2018 weiter verwaltet. Dann laufen die Konzessionen für die Linienbusdienste aus. Für die Dienstleistung wurde mit ST Servizi eine Summe von knapp 12 Millionen Euro vereinbart: 6,49 Millionen für den Zeitraum 1. Dezember 2016 bis 31. Detember 2017 und 5,34 Millionen Euro für den Zeitraum 1. Jänner bis 18. November 2018.

Derzeit bastelt man bei STA an einem eigenen IT-System. 2019 soll der Datenverwaltungsdienst um rund fünf Millionen Euro europaweit ausgeschrieben werden. Und weil die ST Servizi riskiert, im Wettbewerb den Kürzeren zu ziehen – der Dienst werde “wahrscheinlich von jemand anderem” übernommen, weil man “das Know-How des Marktes nutzen” will, sagt Ausserdorfer schon heute –, haue die Muttergesellschaft SAD in Person ihres CEOs Gatterer nun auf den Tisch. So die Interpretation der STA-Verwalter nach den jüngsten Attacken von Gatterer. Dieser weigert sich nämlich, die Quellcodes für die SII-Software herauszurücken, die notwendig sind, das IT-System im Nahverkehr samt Südtirol Pass bis zur Ausschreibung 2019 am Laufen zu halten.
“Wir werden den Leuten vermitteln, dass sie uns die Zugangscodes nicht so einfach abnehmen können, wir werden sie nicht irgendwelchen inkompetenten Landesbeamten abtreten”, wetterte Gatterer am Donnerstag.

“Knödelkochen ist nicht unser Maßstab. Wer die Verträge anschaut weiß, dass wir dieses Unternehmen – eine Landesgesellschaft – nicht wie zwei Revolverhelden verwalten.”
(Martin Ausserdorfer, STA-Präsident)

Nichts als heiße Luft, leere Drohgebärden eines Unternehmers, der seine Felle davonschwimmen sehe, seien die Worte Gatterers, winken Ausserdorfer und Dejaco ab. Im Dienstleistungsvertrag von 2016 sei nämlich klar festgehalten, dass STA befugt ist, die vertraglich festgelegten Dienstleistungen über den 18. November 2018 hinaus von der ST Servizi zu verlangen und zu erhalten – so lange, bis eine “ordentliche Übergabe” über die Bühne gehen kann, konkret bis zur Vergabe der Dienstleistungen für die Datenverwaltung 2019. “S.T. stimmt dem bereits jetzt zu und verpflichtet sich ab sofort”, heißt es dazu im entsprechenden Artikel 6.

“Hier gibt es keinen Interpretationsspielraum”, sind Ausserdorfer und Dejaco felsenfest überzeugt. Und was ist mit den ominösen Software-Quellcodes, die unter anderem zur Entschlüsselung der Daten auf dem Südtirol Pass dienen? Auch die müsse ST Servizi im Zuge der Übergabe der Datenverwaltung an die STA übergeben – kostenlos, nickt Dejaco, weil immerhin das Land die Entwicklung der SII-Software finanziert hat und ansonsten wohl der Rechnungshof auf den Plan treten würde
“Falls wir diese Codes in Zukunft überhaupt brauchen”, ergänzt Dejaco.

Der Südtirol Pass jedenfalls, und das wird am Freitag Nachmittag deutlich betont, “ist ein Dienst, der nicht zur Diskussion steht”. “Es geht um die Datenverwaltung im Hintergrund und hier haben wir einen gültigen Vertrag mit entsprechenden Klauseln”, wiederholt Martin Ausserdorfer gegen Ende. Sollten Ingemar Gatterer – Er, dessen Name an diesem Tag nicht fällt – und die SAD als Muttergesellschaft der ST Servizi “diesen Vertrag nicht mehr erfüllen, werden sie auch die entsprechenden Verantwortungen übernehmen müssen”, kündigt Ausserdorfer an. “Dann wird man rechtliche Mittel einleiten, sodass ganz klar festgestellt wird, wer den Schaden zu verantworten hat.”