Politik | Reform

"Das ist ein Witz"

Karl Zeller sieht keinen Anlass zur Sorge ob der Verfassungsrefom. Die Warnrufe des Tagblatts der Südtiroler seien ein Rachefeldzug: "Das kratzt mich nicht."

Bereits am Mittwoch winkte Senator Francesco Palermo ab. “Nichts als heiße Luft” seien die Warnrufe, die seit Anfang der Woche täglich auf der Titelseite der größten deutschsprachigen Tageszeitung lanciert werden. “Rom wird weiter die Autonomie anknabbern”, so die Schlagzeile am Dienstag, “Verfassungsreform: Immer mehr Zweifel in Südtirol”, der Aufmacher am Mittwoch. Nacheinander kam Verfassungsrechtler und Bezirkspolitik zu Wort. Am Donnerstag geht die Serie weiter: “Verfassungsreform: Vernichtende Analyse” titelt das Tagblatt der Südtiroler. Dieses Mal spricht ein ehemaliger Senator. salto.bz hat bei Karl Zeller nachgefragt, welchen Eindruck hat er?

Herr Zeller, teilen Sie die Skepsis über die Verfassungsreform, die laufend auf der Titelseite der Tageszeitung Dolomiten angemeldet werden?
Karl Zeller: Sie sind aber nett – Skepsis nennen Sie das? Soll das ein Euphemismus sein? Das, was da geschrieben wird, hat nichts mit der Verfassungsreform zu tun. Das versteht ja jedes Kind. Die Athesia-Glocke läutet nur auf einer Seite. Oder glauben Sie, dass das normal ist, dass kein einziger, der an der Verfassungsreform mitgearbeitet hat – also keiner der amtierenden Parlamentarier – etwas zu dieser Sache hat sagen dürfen? Presseaussendungen darüber, wie gut wir die Schutzklausel verbessert haben, sind auf die linke Seite verbannt worden. Verpackt in Dreizeiler, die nieman sieht. Während die Zeitungen in Trient wochenlang damit Schlagzeilen machten. Jeder mag seine Gründe haben, die Verfassungsreform schlecht zu reden. Das Bedenkliche ist aus meiner Sicht allerdings – in diesem Fall haben all diese Gründe mit dem Inhalt der Verfassungsreform selber nichts zu tun. Aber jeder kocht halt sein Süppchen.

Am Wochenende stellte Toni Ebner die Vermutung in den Raum, Rom würde “mit Hilfe willfähriger Helfer in unserem Land klammheimlich an unseren Rechten” knabbern. Fühlen Sie sich da angesprochen?
Nein, obwohl der Herr Chefredakteur offensichtlich mich damit gemeint hat. Aber dass ich die Autonomie und die Interessen Südtirols in Rom verrate, ich glaube, das glaubt er wahrscheinlich selbst nicht. Ich werde viele Fehler haben und gebe zu, ich bin kein Heiliger. Aber in diesem Punkt glaube ich, wissen alle, was ich für die Autonomie getan habe. Und dass ich ein Volksverräter bin, das glauben die Herren im Weinbergweg vermutlich selber nicht.

Wonach schmeckt das für Sie?
Das zeigt, dass es, wie gesagt, nicht um den Inhalt geht, sondern um das sturmreif Schießen gegen die unliebsamen Parlamentarier. Es ist schon traurig, dass eine Verfassungsreform jetzt missbraucht wird, um wieder einen Rachefeldzug zu führen.

Auch gegen Sie?
Begonnen hat alles 2013, weil ich damals das Bündnis der SVP mit dem PD mitgetragen habe. Gegipfelt ist das Ganze dann in der Spottpreis-Übernahme der Brennercom, die ich ihnen vereitelt habe. Und das ist jetzt die Retourkutsche.

Sie machen sich nichts draus?
Ich finde das peinlich. Es ist es fast nicht Wert, auf solche Unwahrheiten zu antworten. Denn wenn man die Wahrheit wissen will, dann kann man jeden hier im Parlament fragen. Nur wollen sie es halt nicht hören, die zwei Herren von den Dolomiten. Und noch einige andere, die ein Interesse haben, auf der Titelseite zu erscheinen, wo sie aus eigener Kraft fast nicht hinkommen. Das ist auch schon irgendwo ein Armutszeugnis.

Bei Ihnen schrillen keine Alarmglocken?
Wir kennen das ja alles, das ist nichts Neues. Und es beunruhigt mich auch nicht weiters, weil ich mir eigentlich nichts anderes erwartet habe. Allerdings kann man sich schon Gedanken machen, über die Berufsethik dieser Medien und Journalisten. Man kann bei vielen Dingen anderer Meinung sein, aber eine Seite totschweigen und eine andere künstlich aufpushen ist schon ein kurioser Zug. Doch die Südtiroler sind intelligent genug, um das zu verstehen. Mir persönlich rutscht das den Buckel runter.

Anlass zur Sorge, dass die Autonomie gefährdet ist, besteht also keiner?
Die Aussagen mancher selbst ernannter Verfassungsexperten lasse ich mir auf der Zunge zergehen: Die lehnen sich so weit hinaus, um zu sagen, dass bei einer Änderung der italienischen Verfassung der internationale Schutz unserer Autonomie in Gefahr gerät. Was aber nichts mit der italienischen Verfassung zu tun hat.

Sondern?
Sondern mit dem Autonomiestatut. Und dieses wird mit dieser Verfassung ja nicht geändert. Ich kann 50 Mal der italienischen Verfassung zustimmen ohne dass mir jemand sagen kann, ich hätte den internationalen Schutz der Südtiroler Autonomie verwirkt. Das, was da behauptet wird, ist ein Witz. Da kennen gewisse Leute die elementaren Grundsätze des Völkerrechts nicht. Das Völkerrecht bewegt sich auf einer völlig anderen Ebene. Selbst wenn das italienische Parlament das Autonomiestatut ändern würde, wäre damit noch in keiner Weise der internationale Schutz berührt. Weil dieser bewegt sich auf der Ebene zwischen zwei Staaten: Österreich und Italien.

Karl Zeller als Nachhilfelehrer?
Ich glaube, es ist recht sinnlos, Nachhilfestunden zu erteilen. Die hätten einen Sinn, wenn man etwas lernen will. Wenn jemand aber partout auch wider besseren Wissens etwas behauptet, um die Arbeit anderer in Misskredit zu bringen, dann nützen auch Nachhilfestunden nichts. Deswegen: Das kratzt mich nicht. Auch wenn man gewissen Leuten eigentlich eine gewisse Intelligenz zugetraut hat.

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Oskar Egger Do., 22.10.2015 - 15:34

An der Verfassung zu kratzen löst ein mulmiges Gefühl aus, wie immer man das schönreden möchte.
"Es kratzt mich nicht" hört sich nicht sonderlich gentleman like an und auch nicht als ob jemand Lust hätte, zuzuhören.
Dies mal ganz nebenbei.

Do., 22.10.2015 - 15:34 Permalink