Rom Müll
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Politik | Roms Müllproblem

Extralohn für Schwänzen

Wer in Roms Müllbetrieb zur Arbeit erscheint, erhält nun einen monatlichen Bonus bis zu 360 Euro.

Roms neugewählter Bürgermeister Roberto Gualtieri muss nach seinem Amtsantritt auf schmerzliche Weise erkennen, dass Wahlversprechen und raue Wirklichkeit nur in den seltensten Fällen deckungsgleich sind. Das gilt ganz besonders für jenen Problembereich, den keine Stadtverwaltung der letzten Jahrzehnte auch nur annähernd in den Griff bekommen hat: die Müllabfuhr der chaotischen Hauptstadt. Aufnahmen von Wildschweinrudeln, die sich in der Nähe des Kapitols ungestört an überquellenden Müllcontainern laben, von aufgebrachten Bewohnern in Brand gesetzte, stinkende Müllberge, wilde Kippen an Ausfahrtsstraßen wie der via Aurelia, wo disziplinlose Römer vom alten Kinderwagen bis zum Plastikcontainer alles einfach über die Böschung kippen - all das gehört längst zu einem Stadtbild, das mit historischen Bauten wie Petersdom und Kolosseum schlecht vereinbar scheint.

Gualtieri hatte den Römern im Wahlkampf leichtfertig eine pulizia straordinaria della città entro natale versprochen. Dazu mussten vor allem Anreize geschaffen werden, um den notorischen assenteismo der römischen Müllkutscher auf ein erträgliches Maß zu reduzieren - ganz besonders während der Weihnachtsferien. So musste jenen, die bis 9. Jänner regelmäßig zur Arbeit erscheinen, ein Bonus von 360 Euro brutto versprochen werden, der bei dreitägiger Abwesenheit auf 260 euroreduziert wird - bei Durchschnittsgehältern von 1.400 Euro - Gesamtsumme 3 Millionen Euro.

 

Roms städtischer Müllbetrieb AMA ist der größte Europas und gilt als einer der ineffizientesten. Eine Überprüfung ergab, dass nur 4 von 10 Fahrzeugen einsatzfähig sind. Der Rest steht in Reparaturwerkstätten, die bis zu 400 Tage benötigen, um sie wieder flott zu machen. Alle Berichte über die Entleerung der Tonnen und Säuberung der Straßen sind teilweise maßlos geschönt. Nur die Hälfte der darin beschriebenen Leistung wurde wirklich erbracht. Um den Müll wegzuschaffen, wurden nun Verträge mit mittel- und norditalienischen Abfallbetrieben wie jenem von Mantua unterzeichnet, die den Müll gegen erhebliche Summen auswärts lagern oder verbrennen. Italiens Hauptstadt produziert täglich 4.600 Tonnen Müll. 2.600 davon stammen aus nicht getrennter Sammlung. 6 von 10 Fahrzeugen sind reparaturbedürftig.

 

Die Tageszeitung La Stampa fasst das Mülldrama in römischem Dialekt kurz und spöttisch zusammen: Monnezza capitale.

 

Für Roms neuen Bürgermeister handelt es sich bei der jetzt beschlossenen Maßnahme schlicht und einfach um einen accordo di produttività für die 7.162 Bediensteten des Müllbetriebs AMA, in dem sich Gemeinde und Region seit Jahren gegenseitig Ineffizienz vorwerfen. Die Tageszeitung La Stampa fasst das Mülldrama in römischem Dialekt kurz und spöttisch zusammen: Monnezza capitale.