Gesellschaft | Coronaprozesse

Mit Prozessen Corona bekämpfen?

Neue Methoden der Corona-Bekämpfung oder Rückkehr ins Mittelalter?
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Die Corona-Pandemie hat zu starken Einschränkungen unserer Grund- und Freiheitsrechte geführt. Diese Einschränkungen beruhen auf einer bisher unbekannten, sich schnell ausbreitenden Viruserkrankung. Kein Mensch hatte Erfahrung mit dieser Krankheit. So kam es, dass die Grundregeln bei der Bekämpfung von Pandemien extrem schnell und extrem stark angewandt wurden: Einschränkung von persönlichen Kontakten und Bewegungsfreiheit, sowie in Folge Schließungen von den verschiedensten Institutionen, wo Menschen sich auf dichtem Raum begegnen könnten: Geschäfte, Freizeiteinrichtungen, Kultureinrichtungen, teilweise auch Betriebsstätten.

Alle diese Einschränkungen waren und sind als vorübergehende Maßnahmen geplant. Da aber niemand Erfahrung mit COVID-19 hat, ist dieses „vorübergehend“ nicht definiert und dem Anschein nach beliebig ausdehnbar.

Und das ruft jene auf den Plan, die – durchaus berechtigt – Angst um unsere Grundrechte haben. Denn es ist für Regierende immer leichter und effizienter, wenn mühsame, demokratische Entscheidungsprozesse übergangen werden können, und die hohe Politik einfach „durchregieren“ kann! Ein sehr verlockender Zustand, an dem auch schon vor der Pandemie gar einige Politiker großen Gefallen gefunden haben, denken wir an die illiberalen Orbán, Putin, Morawiecki, , aber auch an viele andere, die in große Versuchung kommen.

Demokratie ist immer ein fragiles Gebilde und muss ständig neu gegen Angriffe geschützt werden. Von innen und von außen. Daher sollen und müssen diese massiven Eingriffe in unsere Grundrechte immer wieder hinterfragt und geprüft werden. Und es muss deren Ende absehbar gemacht werden.

Nun aber gibt es Gruppen von Menschen, die zunächst eine große Skepsis gegenüber dem Vorhandensein der Pandemie im Allgemeinen aufweisen. Sie glauben nicht an die Existenz des Virus, oder an die Wirksamkeit der Jahrhunderte alten Bekämpfungsprinzipien von Seuchen, oder/und verstricken sich – wohl auch aus Informationsmangel – in wilde Verschwörungstheorien.

Und in dieser Gruppe von Menschen sind auch jene, die an die Bekämpfung der Pandemie mit Prozessen glauben! Es werden Virologen geklagt, die die Hiobsbotschaft überbringen, als hätten sie die Krankheit selbst in die Welt gesetzt! Und es wird auf die Evidenzbasiertheit von Einschränkungen der Grundrechte gepocht, übersehend, dass die meiste „Klientel“ dieser AnwältInnen selbst oft jener Medikamentation anhängt, wo die Evidenz seit deren Existenz weitgehend fehlt: der Homöopathie.

Mich erinnern diese Prozesse – die sehr oft auch den Anwälten eine schöne Stange Geld einbringen, weil man sich mit einer „Kostenbeteiligung“ dem Prozess anschließen kann – an die Mäuseprozesse im Mittelalter! Auch diese waren sehr aufwändige, groß gemachte und gut publizierte Prozesse, weil sie auf diese Weise dem Volk den Eindruck vermittelten: da wird etwas gegen die Plage getan!

Ich denke also, das Corona-Virus werden wir doch eher mit medizinischen Maßnahmen – die sehr bitter sein können - bekämpfen, als durch Prozesse!

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Thomas Unterwinkler Sa., 23.01.2021 - 16:02

Rechtliche Fragen tun sich ja nicht nur zwischen dem Staat und seinen Bürgern auf, sondern auch zwischen den Staaten. Es ist in der hiesigen Berichterstattung etwas untergegangen, aber beim Europäischen Rat am Donnerstagabend hat Bundeskanzlerin Merkel zu einem strikten gemeinsamen Vorgehen aufgerufen, um die Ausbreitung von mutierten Typen auf das Gebiet der Europäischen Union zu stoppen. Nur wenn das in einer koordinierten Aktion geschehe, könne das Virus effektiv eingehegt und der freie Personenverkehr in einem Europa der offenen Grenzen gesichert werden. Näheres dazu hier:
https://www.derstandard.at/story/2000123487039/merkel-draengt-auf-gemei…
Im Umkehrschluss heißt das: In EU-Mitgliedstaaten mit laschen Corona-Maßnahmen wird es KEINE REISEFREIHEIT für deutsche Staatsbürger geben. Das dürfte etwa Spanien und Italien nicht erfreuen. Andererseits macht das natürlich Sinn: Weshalb sollte es Deutschland gutheißen, dass eine Familie aus Baden-Württemberg (derzeitige 7-Tages-Inzidenz 92) auf Urlaub nach Südtirol (derzeitige 7-Tages-Inzidenz PCR 264, PCR+Antigen 561) fährt?
Insofern steht der für Südtirol wichtige Wirtschaftszweig Tourismus auch im Frühling/Sommer vor sehr schweren Zeiten. Denn dass die derzeit sehr hohen Infektionszahlen ab April, wenn es wärmer wird, ohne strikte Maßnahmen - zu denen die Landesregierung offensichtlich nicht bereit ist - deutlich zurückgehen, ist eigentlich auszuschließen. Dafür reicht ein Blick nach Israel oder Brasilien. Und leider wird auch die Impfung im ersten Halbjahr aufgrund der knappen Verfügbarkeit kein Gamechanger sein.

Sa., 23.01.2021 - 16:02 Permalink
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Klemens Riegler So., 24.01.2021 - 10:33

Antwort auf von Thomas Unterwinkler

Dazu fällt mir etwas ein was ich in einem Beitrag (21. April 2020) hier auf Salto geschrieben hatte: "Wenn man diese Spirale weiter dreht, hätte ein restriktiver und weltweiter, zweimonatiger Lock-Down schließlich auch zur Ausrottung dieses Virus führen können" ... irgendwie geil ... rückblickend!
https://www.salto.bz/de/article/21042020/und-wenn-alle-sich-irren

So., 24.01.2021 - 10:33 Permalink
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Sigmund Kripp Mo., 25.01.2021 - 19:37

Gerade war auf Ö1 eine sehr interessante Sendung zur Evidenzbasiertheit der Wissenschaft zu hören! Was war die Kernaussage? Evidenz entsteht erst durch die Ansammlung von Fakten und Studien dazu. Daher wird - und muss - jede/r WissenschaftlerIn in einer Situation wie beim bisher unbekannten SARS-COV-2 Virus, seine/ihre Meinung immer wieder ändern! Manchem mag diese Meinungsänderung als Irrtum oder Unsicherheit erscheinen; der Wissenschaft ist sie aber immanent: trial & error! Erst durch eine gewisse Masse an Erkenntnissen über einen gewissen Zeitraum wird die Handlungsanleitung konkludenter und sicherer. In dieser Fase befinden wir uns jetzt. Nur: das Warten auf Erleuchtung allein hilft nicht! Wenn also jetzt militante Impfgegner und Coronaleugner sagen: "die wissen ja selbst nicht, was sie wollen!", frage ich: " Was wäre denn Ihre Strategie gewesen?"

Mo., 25.01.2021 - 19:37 Permalink