Politik | Selbstbestimmung

"Petition ist reine Mogelpackung"

Alles nur ein Bluff? So zumindest bezeichnet der Südtiroler EU-Abgeordnete Herbert Dorfmann die Selbstbestimmungspetition der Südtiroler Freiheit (STF).

Eine Million Unterschriften für die Anerkennung des Selbstbestimmungsrecht im EU-Recht: Mit diesem Aufruf hat die Südtiroler Freiheit gestern eine Unterschriftenaktion gestartet, die bis April 2014 laufen soll. Was für Eva Klotz und Sven Knoll ein entscheidender Beitrag zur Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes ist, bezeichnet der SüdtirolerEuropaparlamentarier Herbert Dorfmann dagegen als reine Augenauswischerei. „Hier wird offensichtlich mit einem Instrument direkter Bürgerbeteiligung Schindluder getrieben und diesem damit geschadet“, so Dorfmann.

Der Grund seiner Kritik? Die Europäische Kommission habe eine Europäische Bürgerinitiative zu demselben Thema bereits am 21. Jänner dieses Jahres abgelehnt, weil der EU-Vertrag keine Möglichkeit vorsieht, Mitgliedstaaten der EU dazu aufzufordern, Minderheiten das Selbstbestimmungsrecht zu gewähren. Wie Dorfmann in einer Aussendung schreibt, ließen sich die Promotoren, eine Organisation namens ICEC, davon aber offensichtlich nicht abschrecken: Sie hätten die Initiative klammheimlich in Petition umgetauft und sammeln dafür jetzt Unterschriften. „Was mit der Petition passieren soll, erschließt sich dem Bürger nicht“, so Dorfmann.

In der EU gäbe es zwar die Möglichkeit, an den Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments Petitionen zu richten. Dazu genügt aber eine einzige Unterschrift. Für die Europäische Bürgerinitiative, einem 2009 eingeführten Instrument der direkten Bürgerbeteiligung, fehle jedoch in diesem Fall die rechtliche Basis. „Deshalb ergibt diese Petition keinen Sinn“, sagt Dorfmann, „auch wie im Parlament könnten keine Petition bearbeiten, für die es keine rechtliche Grundlage gibt."

 

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Peter Rabanser Di., 23.04.2013 - 13:59

" Die Europäische Kommission habe eine Europäische Bürgerinitiative zu demselben Thema bereits am 21. Jänner dieses Jahres abgelehnt, weil der EU-Vertrag keine Möglichkeit vorsieht, Mitgliedstaaten der EU dazu aufzufordern, Minderheiten das Selbstbestimmungsrecht zu gewähren."..........." Für die Europäische Bürgerinitiative, einem 2009 eingeführten Instrument der direkten Bürgerbeteiligung, fehle jedoch in diesem Fall die rechtliche Basis".
Nun gut,es ist ja nichts neues dass, in der EU mittlerweile zirka 80% aller gültigen Gesetze in Brüssel beschlossen werden.Auch wenn nicht gerade jeder ihrer zigtausend Bestimmungen zum Überleben der Menschheit entscheidet;-lässt das Demokratische Defizit herzlichst Grüßen. Zudem haben wir EU-Bürger die Kommissare in Brüssel ja nicht selbst gewählt,tatsächlich hat diese Kommission bzw.die Kommissare in vielen Belangen mehr zu sagen,als die einzelnen Regierungen die sie entsandt haben. Wenige kennen ihre Namen,und nicht viele jubeln ihnen zu,wenn sie sich einmal ihren zirka 500 Millionen Untertanen zeigen.Na ja,es scheint halt manchmal so,als hätte ihnen (den Kommissaren) die Natur höchst persönlich die Legitimation dazu erteilt,die Bürger mit immer neuen Gesetzen u.Anordnungen in Trab zu halten,und gelegentliche Bürgerinitiativen abzulehnen,oder gar bestimmte Rechte in Keim zu ersticken.
Und was die rechtliche Grundlage betrift,frage vielleicht nicht nur ich mich,wie viele Gesetze bei den ganzen Euro-Rettungsaktionen von unserer "guten Regierung"gebrochen wurden,natürlich alles legitim und "Alternativlos",denn unsere Herren in Brüssel wollen stehts nur unser bestes.
Leider stehen wir Bürger dem explosionsartig wachsenden Regeldschungel und der Beschneidung unserer Rechte,halb zustimmend und halb ratlos zu.
Sicherlich,globale Herausforderungen verlangen globale Antworten,wobei die Antworten aus Brüssel manchmal einen sehr bitteren Nebengeschmack haben.
Bei Gott,ich bin sicher kein Anti-Europäer,aber es stellt sich schon die Frage,ob wir uns nicht in Richtung einer "sanften Diktatur"hin bewegen.

Di., 23.04.2013 - 13:59 Permalink
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Martin Geier Di., 23.04.2013 - 20:00

Keine offizielle Europäische Bürgerinitiative...; weil die offiziellen Initiativen sind hier aufgelistet:
http://ec.europa.eu/citizens-initiative/public/initiatives/ongoing

Die von Selbstbestimmungbefürwortern eingebrachte Europäische Bürgerinitiative wurde von der EU Kommission mit Begründung abgelehnt. Sieht man sich die Rechtslage an ist ziemlich klar daß die EU gleich ob Kommission oder Parlament nicht zuständig ist zumal es sich klar um eine Aufgabenbereich der Mitgliedsstaaten handelt. Sie offizielle Ablehnung mit Begründung:
http://ec.europa.eu/citizens-initiative/public/initiatives/non-register…
Siehe auch den mA zuständigen Artikel im Lissabon Vertrag
"(2) Die Union achtet die Gleichheit der Mitgliedstaaten vor den Verträgen und ihre jeweilige nationale Identität, die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der regionalen und lokalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt. Sie achtet die grundlegenden Funktionen des Staates, insbesondere die Wahrung der territorialen Unversehrtheit, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der nationalen Sicherheit. Insbesondere die nationale Sicherheit fällt weiterhin in die alleinige Verantwortung der einzelnen Mitgliedstaaten."
http://dejure.org/gesetze/EU/4.html
Was die STF macht ist eine gute Wahlkampfidee und von mir aus ein Pakt Unterschriften der dem EU Parlament übergeben wird. Das wird dann kaum interessieren; siehe Rechtslage. Fakt ist also daß es sich nicht(!) um eine offizielle Europäische Bürgerinitiative handelt sondern um eine sozusagen 'private' Unterschriftenaktion die länderübergreifend ist. Also so etwa wie eine Petition. Dafür genügt aber meines Wissens eine einzige Unterschrift und nicht eine Million(bei letzterer Zahl handelt es sich bestenfalls um ein Ziel der Organisatoren). Das ist aber auch alles. Selbst die Selbstbestimmungsbefürworter machen sich keinen Gefallen wenn Offizielle Europäische Bürgerinitiativen(die in 12 Monaten 1 Mio. Unterschriften brauchen) in Presseaussendungen praktisch mit privaten Initiativen, Unterschriftensammlungen und Petitionen miteinander vermischt werden. Genausowenig wie wenn Selbstbestimmungsrecht, Sezession und Recht auf Sezession miteinander vermischt werden. Eines muß man der STF aber lassen; das ist ein gelungener Wahlkampfauftakt und dagegen wirkt der FH Partei als Veranstaltung recht müde.

Di., 23.04.2013 - 20:00 Permalink

Danke für die Links,und die Aufklärung.
Wenn man jedoch etwas zwischen den Zeilen liest ;-) kann man kaum übersehen dass,das Selbstbestimmungsrecht, der EU ein Dorn im Auge wäre oder ist.
Nur noch nebenbei,schon alleine durch die Einführung des ESM Rettungsschirms,haben die jeweiligen Staaten an Souveränität verloren.......goodbye also Selbstbestimmung bis zum St.Nimmerleinstag.

Di., 23.04.2013 - 22:52 Permalink
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Martin Geier Di., 23.04.2013 - 23:09

Antwort auf von Peter Rabanser

Die EU verstand sich von Anfang an als Staatengemeinschaft. Unverkennbar im Vertrag daß sich die meisten Staaten als Nationalstaaten verstehen und sich gegenseitig nicht auf die Füße treten. Die meisten Staaten(bsw.) auch Italien haben in ihren Verfassungen und in ihrer Ordnung irgendwelche Nichtauflösungsklauseln. Was die €Krise selbst anbelangt so werde wir denke ich gegen Ende des Jahres einen Punkt erreichen wo die heutige Krise eine große Lösung erfordert; oder der Laden in Etappen auseinanderfliegt; siehe dazu auch...
http://www.salto.bz/de/article/13042013/europa-und-der-eu-am-scheideweg

Di., 23.04.2013 - 23:09 Permalink
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Sebastian Felderer Mi., 24.04.2013 - 07:11

Nachdem ich merke, dass manche Kommentare bereits nach Gehässigkeit riechen, darf ich um Ausgleich bemüht sein. Herr Dorfmann macht in Brüssel seine Arbeit ganz sicher nach bestem Wissen und Gewissen. Er gehört natürlich einer Partei an, die es seit jeher verstanden hat, nach dem Grundsatz "Angriff ist die beste Verteidigung" die Stube sauber zu halten. Ich persönlich halte nichts von Selbstbestimmung. Doch es ist das Lebenswerk einer Frau, die ich bewundere, und gleichzeit das Einpunkteprogramm einer Partei geworden, die immerhin zwei Landtagsabgeordnete stellt. Also bitte, Respekt und Tolleranz sind angebracht. Zudem ist eine Petition kein Verbrechen, solange diese nicht mit Steuergeldern finanziert wird, wie so vieles in unserem Lande. Ich würde da meine Kritik ansetzen, bei der Verschwendung von Steuergeldern für evidente Bluffs.

Mi., 24.04.2013 - 07:11 Permalink
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Martin Geier Mi., 24.04.2013 - 18:58

Antwort auf von Sebastian Felderer

Hoi Wastl(entschuldige; heute ist mein Dialekttag ;). Natürlich wollte ich meine Beiträge ein bißchen würzen; allerdings ist es nicht korrekt wenn die STF gar nicht erwähnt daß sie als Europäische Bürgerinitiative offiziell abgeblitzt ist und daß man das 'Ding' praktisch als Petition weiterlaufen lässt und über die 'eine Million Unterschriften' quasi suggeriert daß es sich um eine offizielle Initiative handelt; ist sie aber nicht. Lebenswerk oder nicht; und da werde ich Frau Klotz immer verteidigen; hätte die STF schon die Öffentlichkeit informieren sollen daß die Offizielle Europäische Bürgerinitiative Enforcing selfdetermination Human Right in the EU abgelehnt wurde und das nun eine Sammlung ist die nicht notwendigerweise eine Million Unterschriften haben muß.

Darüber ist übrigens von den Selbstbestimmungsbefürwortern auf salto nix zu hören; interessant. Sie sollten sich die Begründung durchlesen.

PS: Gehöre übrigens zu denen die Deine Beiträge meist positiv bewerten.

Mi., 24.04.2013 - 18:58 Permalink
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Klaus Egger Fr., 24.05.2013 - 21:36

Die Diskussion um die Selbstbestimmung gleitet immer mehr in juristischen Feinheiten ab. Obwohl ich Martin für mich persönlich für seine Präzisierungen danke, gibt es immer wieder Echt- oder Scheinargumente die die Diskussion am Leben erhalten. Und anscheinend kommen wir so nicht weiter. Ich bin seit jeher ein Verfechter des Zusammenlebens der hier lebenden Sprachgruppen und überzeugt, dass dies nur irgendwann wirklich funktionieren kann, wenn wir nicht in solche Experimente (meiner Ansicht nach) wie die Selbstbestimmung, Freistaat oder wie sie auch immer heißen mögen investieren, sondern uns auf das hier und jetzt konzentrieren mit all unseren gemeinsamen Problemen. Schlussendlich ist die Freiheitsdebatte doch nichts anderes als die Endlösung der jahrzehntelangen Trennungspolitik der SVP.

Vielleicht sollten wir wirklich einfach mal das ganze Südtiroler Volk fragen, ehrlich, aufgeklärt und so sachlich wie möglich. Und hoffentlich kann man diesen ganzen Spuk (man verzeihe mir das Spöttische) dann endlich ein Ende bereiten und wir arbeiten an den echten Problemem die wir alle, unabhängig von gefühlter oder echter Nationalität haben.

Fr., 24.05.2013 - 21:36 Permalink