Wirtschaft | Chemiewerk

“Kein ethnisches Thema”

In der Causa Solland Silicon gehe es um die Sicherheit aller, betont Bürgermeister Paul Rösch – und plädiert erneut dafür, das Areal für eine neue Gewerbezone zu nutzen.
Rösch-Solland
Foto: Stadtgemeinde Meran

Bedenken hat Paul Rösch nicht erst seit gestern. Doch ob jemand tatsächlich ernsthaft daran interessiert ist, in das derzeit außer Betrieb stehende Siliziumwerk in Sinich zu investieren, daran zweifelt der Meraner Bürgermeister immer mehr. Seit Tagen ist eine Polemik im Gange, die eine breite Allianz an Kritikern hervorgebracht hat. Mit seiner Forderung nach einer endgültigen Schließung und Auflassung der Solland Silicon hat Rösch vor allem die italienischsprachige Bevölkerung gegen sich aufgebracht. Auch Röschs italienische Koalitionspartner werfen dem Bürgermeister vor, mit seinem Brief, den er vergangene Woche nach Rom geschickt hat, wenig Sensibilität für die Bedeutung des Siliziumwerks für die Italiener an den Tag zu legen.
Nun nimmt Rösch erneut Stellung. “Egal, ob die Anlage jetzt stillgelegt wird oder nicht: Meine größte Sorge wird auch weiterhin die Sicherheit bleiben.” Und die sei “kein ethnisches Thema”.

 

“Egal, ob dick oder dünn...”

 

“Nachdem die Firma aus Katar bei der letzten Versteigerung ein Angebot in Höhe von 5 Millionen Euro abgegeben und eine Kaution von 500.000 Euro hinterlegt hatte, hätte sie innerhalb von 60 Tagen die verbliebenen 4,5 Millionen Euro überweisen müssen. Das ist aber nicht erfolgt”, erinnert Rösch in einer schrifltichen Stellungnahme.
“Entweder ist in Katar das Interesse an der Fabrik doch nicht so groß wie behauptet. Oder die Firma, die angeblich zig Millionen Euro investieren und Dutzende neue Arbeitsplätze schaffen will, schafft es nicht, in 60 Tagen auch nur den Kaufpreis aufzutreiben, der nur einen Bruchteil davon ausmacht.” Beides jedenfalls lasse Schlimmes für die Zukunft erahnen. “Wir hatten schon einmal einen Pugliese, der das Blaue vom Himmel versprochen hat. Am Ende durfte das Land dann für die Sicherheit der Chemiefabrik aufkommen.”

Eine Entscheidung über die Verlängerung der Zahlfrist fällt die Konkursrichterin Francesca Bortolotti – wohl noch diese Woche, meint Rösch. Er betont: “Meine Position war immer dieselbe: Mir geht es um die Sicherheit für Meran und alle Gemeinden der Umgebung.” Und Sicherheit, das steht für den Meraner Bürgermeister fest “ist kein ethnisches Thema”.
Wenn in Sinich ein Unfall passiert, sind wir alle davon betroffen: ob italienisch-, deutsch- oder ladinischsprachig, ob jung oder alt, ob dick oder dünn. Ich finde es schade, dass jetzt eine ethnische Geschichte daraus gemacht wird.”

 

Bonifizierung für neue Gewerbezone

 

Das Areal in Sinich ist ein Gewerbegebiet im Landesinteresse. Auch in Sachen Zivilschutz ist für die Fabrik, die unter die Seveso-Richtlinien zur Vermeidung von Chemieunfällen fällt, das Land Südtirol zuständig. “Als Gemeinde sind wir bis jetzt also weitgehend Zuschauer, auch wenn wir natürlich gerne ein Wörtchen mitreden würden”, meint Rösch.

Für den Fall, dass die Übernahme der Fabrik tatsächlich scheitern sollte, habe er bereits eine Alternative im Kopf: “Es gibt konkrete Angebote lokaler Firmen, die das gesamte Areal übernehmen und kostenlos bonifizieren würden, das hat auch der Landeshauptmann bestätigt. Im Anschluss könnten sie es an interessierte Unternehmen weiterverkaufen und dadurch die Kosten decken.”
“Etwas Besseres könnte uns gar nicht passieren”, findet der Bürgermeister. “Die Bonifizierung ist so oder so irgendwann notwendig. Und ich bin niemand, der solche Probleme einfach auf die nächste Generation abwälzt.”

Der Bedarf für eine neue Gewerbezone wäre jedenfalls da, meint Rösch: Der LVH habe ihm erst vergangene Woche mitgeteilt, dass Handwerker und Dienstleister 16.000 Quadratmeter Flächen im Meraner Raum für Neubauten oder Erweiterungen benötigten, für 12.500 Quadratmeter davon käme auch explizit Sinich als Standort in Frage. “Angesichts dieser Zahlen habe ich überhaupt keine Sorge, dass eine neue Gewerbezone lange leer bleiben würde.”

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△rtim post Do., 23.05.2019 - 12:40

Kein Thema?
Doch. Wozu ansonsten eigentlich der Hinweis Röschs darauf? Wie sonst könnte man den Umgang der Politik mit diesem Millionengrab erklären? Wo gibt es das ansonsten in unser Wirtschaft?
Ein Wahnsinn. Jetzt erst nochmal 20 Millionen...
Was uns das schon alles in der Vergangenheit gekostet hat, sollte auch mal in Erinnerung gerufen werden.
Das Land Südtirol hatte dafür ja schon bereits Unsummen für die Melioration der toxischen Altlasten an Steuergeldern ausgegeben. Die Folgekosten sind noch gar nicht absehbar. Denn die Geschichte um dieses Werk ist nicht nur geschichtlich und politisch bis heute durch seinen faschistischen und kolonialistischen Hintergrund toxisch.
Ja, es es ein richtiger und längst überfälliger Schritt. Genug muss irgendwann dann auch mal wirklich genug sein. Alles andere ist völlig unhaltbar und verantwortungslos.
Die Sicherheit der Menschen zuerst, nicht der Profit einiger weniger Spekulanten auf Kosten der Allgemeinheit hierzulande.
Die Verantwortung liegt nun zuständigkeitshalber allein in Rom!

Do., 23.05.2019 - 12:40 Permalink
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kurt duschek Do., 23.05.2019 - 13:46

"...Auch Röschs italienische Koalitionspartner in Meran werfen dem Bürgermeister vor, dass.... usw. usw.. ..." ja und was sagt denn der deutsche Koalitionspartner SVP dazu? Zeller und Zanier werfen dem Bürgermeister Untätigkeit vor und bemerken dabei nicht, dass der Landeshauptmann Kompatscher einen ähnlichen Brief wie "Paulchen Panter" an das Innenministerium geschrieben hat. Ich sage nur : peinlich, peinlich lieber Herr Dr. Karl Zeller!

Do., 23.05.2019 - 13:46 Permalink