Wildschweine - Rom
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Politik | Viecherei

Wildschweinkrieg in Rom

Wildschweine auf die man jetzt Jagd machen will und Müll, der mit Güterzügen über 1600 Kilometer nach Amsterdam zur Verbrennung gekarrt wird. Der alltägliche Wahnsinn.
Für die Touristenscharen in der Heiligen Stadt sind sie ein willkommenes Fotomotiv: Wildschweinrudel vor dem Altare della patria oder in der Nähe des Kolosseums. Unfälle mit Wildschweinen gehören zum Alltag und enden vor allem nachts für Motorradfahrer oft tödlich. Die Ursachen der Invasion sind klar: die laxe Mülldisziplin der Römer - sind die Container voll, stellen sie ihre Müllsäcke einfach daneben ab - für Wildschweine eine Art gedeckter Tisch. Die überfüllten Mülltonnen sind Magneten für die Wildschweine, die längst ihre Scheu vor Menschen verloren haben.
Doch jetzt besteht Anlass zu erhöhtem Alarm: mehrere Fälle der ansteckenden afrikanischen Schweinepest machen dringliche Massnahmen erforderlich. Zwar ist diese Seuche für Menschen ungefährlich, kann aber von ihnen auf Hausschweine übertragen werden. Fazit: eine grössere Anzahl von Wildschweinen soll abgeschossen werden. Das sagt sich so leicht, doch in der Hauptstadt sind Probleme allgegenwärtig. So etwa ist für die Jagd die Region Latium zuständig und nicht die Gemeinde. Und die will den Abschuss nicht Jägern überlassen, sondern dafür eigens ausgebildeten Schützen. 
 
 
Nächste Frage: wohin mit den Tierkadavern ? Die Zwei-Million-Metropole verfügt über keine Müllverbrennungsanlage. Nur klägliche zwei Prozent des Mülls werden in der Hauptstadt verarbeitet. Der Grossteil wird für hohe Summen in andere Städte zur Verbrennung gebracht - etwa in Güterzügen bis nach Amsterdam oder Rotterdam - ein Folge der jahrelangen Hysterie Grillos gegen die Müllverbrennung. Sattsam bekannt ist etwa der Fall des langjährigen Bürgermeisters von Parma, Federico Pizzarotti, der von Beppe Grillo aus dem M5S geworfen wurde, weil er nach seiner Wahl die gerade fertiggestellte Verbrennungsanlage seiner Stadt in Betrieb genommen hatte. Das hinderte ihn nicht daran, zu einem der beliebtesten Bürgermeister Italiens aufzusteigen.
Auch Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi war vor allem an der mangelnden Lösung des Müllproblems gescheitert und dazu gezwungen, ihre Umweltstadträte gleich mehrmals auszutauschen. Immer wieder steckten aufgebrachte Bürger die stinkenden Müllberge in Brand.
 
 
Als Roms Bürgermeister Giuseppe Gualtieri vor wenigen Tagen erkärte, die Zwei-Millionen-Metropole könne ohne termovalizzatore nicht mehr auskommen, drohte ihm Giuseppe Conte umgehend mit einer Krise in der Stadtregierung.
Die Fünf-Sterne-Bewegung könne bei den Regionalwahlen  im kommenden Jahr auch alleine kandidieren - ohne Bündnis mit dem Partito Democratico.
Jüngste Idee im Kampf gegen die Wildschweine: die Müllcontainer sollten durch Gitter gesichert werden.
Zur ökologischen Sinnhaftigkeit, den Müll der Hauptstadt mit Güterzügen über 1600 Kilometer nach Amsterdam zur Verbrennung zu karren, wollte er sich nicht äussern.  
Jüngste Idee im Kampf gegen die Wildschweine: die Müllcontainer sollten durch Gitter gesichert werden. So, als wüsste nicht längst jeder, dass es eine sattsam bekannte Untugend vieler Römer ist, die Abfallsäcke einfach neben die Container zu stellen. So, wie viele ihren Sperrmüll im Schutz der Dunkelheit über die Böschung der Ausfallstrassen kippen. Von der Trionfale bis zur Via Aurelia zieren seit Jahren alte Autoreifen, ausrangierte Geschirrspüler, und rostige Fahrräder die geschichtsträchtige Landschaft. 
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Josef Fulterer Di., 24.05.2022 - 20:33

Müll von Rom 1.600 km nach Holland! warum nicht zum Ende der Welt?
Das ist grober Missbrauch der Eisenbahn, die in der Klimakrise die endlosen Lastwagen-Kolollonen auf den Autbahnen dringend abzulösen hätte.

Di., 24.05.2022 - 20:33 Permalink