Gesellschaft | Nicht nur Frauen

“Das Glas ist halb voll – trotz allem”

Unermüdlich setzt sich Monika Hauser für Frauenrechte ein, begleitet Mädchen und Frauen, die Opfer von sexualisierter Gewalt wurden. Am Freitag war die Ärztin in Bozen.
Monika Hauser
Foto: Lela Ahmadzai

“Wir brauchen Visionen.” Trotz der zahllosen Grausamkeiten, die sie schon gesehen hat, ist das Glas für Monika Hauser halb voll. Seit einem Vierteljahrhundert arbeitet sie für und mit Frauen und Mädchen in Kriegs- und Krisengebieten, die Opfer psychischer und physischer Gewalt geworden sind, setzt sich für Frauenrechte ein. Hauser ist überzeugt: “Auch Männer müssen verstehen, wie zerstörerisch sexualisierte Gewalt ist und gemeinsam mit uns Frauen dagegen ankämpfen.”

Am Freitag Vormittag spricht die Ärztin mit Südtiroler Wurzeln – ihre Eltern stammen aus Südtirol, sie selbst wurde in der Schweiz geboren – im Pressesaal des Palais Widmann. Sie ist auf Einladung des Landesbeirates für Chancengleichheit gekommen, der sie für den internationalen Förderpreis der Region Aosta, “La Donna dell’anno” vorgeschlagen hatte. Hauser schaffte es unter die drei Finalistinnen. “Ich freue mich immer wieder über Preise, weil sie auch meine Arbeit sichtbar machen. Aber solche Preise haben auch eine Alibi-Funktion, um den Kampf für Frauenrechte an uns Feministinnen zu delegieren. Ich wünsche mir, dass das Engagement weltweit und auf einer breiten Basis geschieht”, eröffnet Hauser ihre kurze Rede, die sie am Freitag vor zahlreichen Zuhörern – die meisten davon weiblich – hält.

“Monika Hauser macht die Welt ein bisschen besser, verändert sie und ist damit für uns alle ein Vorbild.”
(Ulrike Oberhammer)

Sexualisierte Gewalt gibt es nicht nur an Kriegs- und Nachkriegsschauplätzen, sondern auch in Europa und in Südtirol”, ruft sie in Erinnerung. Und appelliert an das andere Geschlecht: “Vergewaltigungen sind ein Männerthema, aber hoch patriarchale Gesellschaften stigmatisieren allzu oft Mädchen und Frauen, die diese entwürdigende Gewalt erfahren haben. Der Kriminelle ist aber der Täter, er gehört ausgegrenzt – und die Frau geschützt.” Aufklärung – gegen patriarchalische Kulturen und ihre Folgen – sei zentral, insbesondere unter Männern, ist Hauser überzeugt.

“Ich mache diese Arbeit für die Würde von Frauen und auch für meine eigene Würde.”
(Monika Hauser)

Über 150.000 Frauen hat Monika Hauser mit ihrer Organisation medica mondiale seit der Gründung 1993 “ins Leben zurück begleitet”. Neben medizinischer und psychologischer Hilfe bietet medica mondiale auch psychosoziale und juristische Unterstützung. Die Organisation ist vor allem in den ehemaligen – und aktuellen – Kriegsgebieten am Balkan, in Afghanistan, Irak, Zentralafrika und der Türkei aktiv. Seit Kurzem läuft auch ein Projekt in Deutschland, wo sich medica mondiale um geflüchtete Frauen kümmert. “Viele von ihnen haben Gewalt im Heimatland, auf der Flucht, aber auch in Flüchtlingslagern erfahren – vonseiten des Sicherheitspersonals. Davon wissen wir in ganz Europa.”

“Es geht bei medica mondiale um viel mehr: Es geht darum, bei Menschen ein Bewusstein zu schaffen.”
(Martha Stocker)

Hin- statt wegschauen und hartnäckig bleiben. Dank dieser Einstellung haben Monika Hauser und ihre Mitstreiter bereits Erfolge erzielen können – auch auf politischer Ebene. Die Lobbyarbeit, die medica mondiale dort betreibt, sei besonders schwer, gesteht sie. Denn das Ziel sei es, “grundsätzlich patriarchalische Strukturen zu verändern”. In einer Welt, die immer noch vorwiegend von Männern regiert und gelenkt wird, eine Herkulesaufgabe. Doch Monika Hauser ist optimistisch: “Ich rufe die Politik auf, mutig zu sein, Zuversicht zu zeigen, keine Angst zu haben und Geld in die Hand zu nehmen!” Und an die Zivilgesellschaft gerichtet meint sie: “Der Kampf gegen Gewalt und für Frauenrechte darf nicht nur der Politik überlassen werden, wir müssen Rassismus und Sexismus ablegen, nach dem Motto – ich sage es ganz altmodisch‘Wir sind das Volk!’.”

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gorgias Sa., 24.06.2017 - 14:48

Durch solche Preise schmücken sich die Witzfigurenfemministinnen mit den Leistungen einer Person wie Monika Hauser. Zumindest sie ist nicht so blöd und nimmt Worte wie "rape culuture" in Anspruch um unsere Gesellschaft zu kritisieren, ohne sich darum zu kümmern, dass man die tragischen Situationen von Frauen in anderen Gesellschaften trivialisiert.

“Vergewaltigungen sind ein Männerthema, aber hoch patriarchale Gesellschaften stigmatisieren allzu oft Mädchen und Frauen, die diese entwürdigende Gewalt erfahren haben. Der Kriminelle ist aber der Täter, er gehört ausgegrenzt – und die Frau geschützt.”

Ich sehe das genau so.

Sa., 24.06.2017 - 14:48 Permalink