Kultur | Theater, Femizid

72 Stunden – Eine Anklage

Jeden dritten Tag stirbt in Italien eine Frau durch die Hand eines Mannes. Der Mörder ist zumeist der Partner, Ex-Partner, Stalker oder ein abgewiesener Bewerber.
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Foto: Stadttheater Bruneck
Zu häufig finden Femizide statt, als dass man noch von „Einzeltätern“ sprechen könnte. Vielmehr gibt es unübersehbar gesellschaftliche und strukturelle Gründe, die Frauen gefährden, Morde an ihnen begünstigen. Nach diesen forscht Barbara Plagg in ihrem Stück 72 Stunden – Eine Anklage (Regie: Torsten Schilling), welches in einer engagierten Koproduktion zwischen dem Stadttheater Bruneck, der Carambolage Bozen und dem Theater in der Altstadt Meran die Diskussion mit dem Publikum sucht.
Ausgehend vom Mordopfer Eva spinnt sich ein Netz von Fragen, Irritationen, Betroffenheit, Ausflüchten, Gewohnheiten, Ignoranz und fehlender Zivilcourage mitten durch einen kleinstädtischen Figurenreigen: Wäre dieser Femizid, der sich lange ankündigte, zu verhindern gewesen? Auch, wenn den einzelnen Institutionen und Personen keine unmittelbare Schuld zugewiesen werden kann – die Summe alltäglicher Entscheidungen und Zwänge ebneten Evas Peiniger den Weg zum Messer. Der Versuch, den verstrickten Verlauf einer Tragödie nachzuvollziehen, verstehen zu können, gipfelt im heillosen Knäuel gesellschaftlichen Versagens.
Es spielen Sabrina Fraternali, Viktoria Obermarzoner, Julia Augscheller, Florian Eisner und Horst Herrmann.