Umwelt | Urbanistik

Der Luxusbauer

Der Gadertaler Hotelier Paolo Pizzinini errichtet eine neue Hofstelle. Eine skandalöse Baugeschichte mit möglichen Folgen für ganz Südtirol.
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Foto: Privat
Paolo Pizzinini ist eine Größe in diesem Land, weit über das Gadertal hinaus. Der Hotelier und Senior-Chef des 5-Sterne-Luxuxhotels „Rosa Alpina“ in St. Kassian kennt Gott und die Welt. Pizzinini hat beste Kontakte zu höchsten Polit- und Justizkreisen in Bozen und in Rom. So ist es auch keine Besonderheit, dass vor einigen Wochen die Eheleute Pizzinini und Theiner gemeinsamen auf den Almen im Gadertal eine Sonntagswanderung machen.
Etwas problematisch wird der Sonntagsausflug, wenn man weiß, dass Landesrat Richard Theiner und seine Ämter derzeit über ein Bauprojekt Pizzininis zu entscheiden haben, das das Südtiroler Höfegesetz ad absurdum führt. Es ist eine Immobilienspekulation, die zu einem Präzedenzfall werden könnte, der weit über St. Kassian hinaus nachhaltige Folgen haben kann.
Das Thema wird spätestens an diesem Donnerstag in Theiners Ämtern akut werden. Denn auf der Tagesordnung der Sitzung der Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung steht ein Rekurs gegen Pizzininis Bauvorhaben.
Dieser Rekurs ist eine Zeitbombe. Es winkt nicht nur ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, sondern nach einer Eingabe hat auch die Bozner Staatsanwaltschaft Bozen Vorermittlungen eingeleitet.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Staatsanwaltschaft mit Paolo Pizzinins Bauprojekten befasst.

Bauvorhaben und Ermittlungen

 
Die Familie Pizzinini hat in drei Generationen einen der größten und erfolgreichsten Tourismusbetriebe des Landes aufgebaut. Ausgehend vom geschlossen Hof „Alpenrose“ und dem gleichnamigen Dorfgasthaus, entstand ein Komplex mit Suiten, Wellnessbereich, einem Gourmet-Restaurant mit Sternekoch Norbert Niederkofler und mehreren Nebengebäuden. Für diese riesige Anlage wurde immer wieder Kubatur aus dem früheren geschlossenen Hof verbaut.
Vor rund zehn Jahren plante Paolo Pizzinini auf dem grünen Tisch eine groß angelegte Immobilienoperation, die in drei Teilen umgesetzt werden soll. Alle drei Teile sind rechtlich und urbanistisch eine Gratwanderung. Denn der Bauherr dehnte mit Hilfe der Gemeinde und des Landes dabei die gesetzlichen Bestimmungen bis ans Äußerste.
 
Das erste Projekt war die Ausweisung einer Auffüllzone und die Errichtung mehrerer Wohnhäuser. Dabei wurde der Bestand nie genau erhoben. Das zweite Projekt ist eine Geschichte über die Salto.bz bereits im Oktober 2014 ausführlich berichtet hat.
2010 plante Paolo Pizzinini eine neue Hotel- und Appartementanlage. In seinem Besitz befand sich auch ein altes Kraftwerk, einige hundert Meter entfernt. Für den Bau der Luxuswohnungen riss Paolo Pizzinini das alte Kraftwerk ab und verlegte die Kubatur für den Neubau. Dazu musste das Kraftwerk aber als Wohnhaus deklariert werden, was es eindeutig nicht war. Zudem wurde bei der Kubaturberechnung des Kraftwerks geschwindelt. In den Plänen wurde bewusst weit mehr Bestandskubatur angegeben als vorhanden war.
Weil sich Architekt Marcello De Biasi, der als Landessachverständiger in der Baukommission der Gemeinde Abtei saß, gegen diese Methoden wehrte, ließ Paolo Pizzinini seinen politischen Einfluss spielen. Der damalige Urbanistiklandesrat Michl Laimer setzte De Biasi kurzerhand ab und ernannte einen anderen, willfährigen Architekten als Landesvertreter für Abtei. Diese Ernennung war zwar eindeutig gegen das Gesetz und musste auf Anweisung der Staatsanwaltschaft später widerrufen werden, doch Paolo Pizzinini konnten seinen Plan dadurch umsetzen.
Nach einer detaillierten Eingabe begann 2012 aber die Bozner Staatsanwaltschaft zu ermitteln. Staatsanwalt Giancarlo Bramante ermittelte anfänglich gegen Pizzinini, den Bürgermeister von Abtei Giacomo Frenademez und den Geometer Giovanni Call. Bei den Ermittlungen kam eindeutig heraus, dass bei der Kubatur geschwindelt worden war und der Bau so nicht rechtens ist. Am Ende übernahm Geometer Giovanni Call die gesamte Verantwortung. Das Verfahren endete 2015 mit einem Schuldeingeständnis (patteggiamento).

Die neue Hofstelle

 
2010 beginnt Paolo Pizzinini aber auch jenen dritten Teil seiner Immobilienoperation umzusetzen, um den es jetzt geht.
Am geschlossenen Hof „Gasthaus zu Alpenrose“ war die landwirtschaftliche Tätigkeit bereits Ende der 1960er Jahre eingestellt worden. Die ursprüngliche Kubatur des Hofes wurde in den Jahrzehnten danach verbaut. So etwa wurde 1977 der Stadel abgebrochen. Daraus entstand das „Aparthotel Rosa Alpina“, 24 Appartements und im Erdgeschoss Geschäfts- und Büroräume. Diese Luxus-Wohnkubatur ist bis heute Teil des geschlossenen Hof. Sie ist im Grundbuch als „Wohngebäude mit Hof“ eingetragen.
1997 suchte Pizzinini bei der Höfekommission um die Abtrennung eines anderen materiellen Anteiles des geschlossenen Hofes an. Die Kommission bewilligt die Teilung. Die Begründung: „Es verbleiben mehr als 1.000 Kubikmeter Wohnkubatur im geschlossenen Hof“. Pizzinini verkauft die abgetrennte Kubatur wenig später.
 
2010 beginnt der Hotelier, dann Teil 3 seines Bauplanes. Pizzinini sucht um die Aussiedlung des geschlossenen Hofes Alpenrose aus der Wohnbauzone im Zentrum von St. Kassian an. Die Baukommission leitet das Ansuchen an die zuständige Sonderkommission des Landes weiter. Doch Abteilungsdirektor Anton Aschbacher stoppt dieses Verfahren, weil er bescheinigt, dass der geschlossene Hof keine Hofstelle mehr besitzt. Deshalb sei diese Kommission nicht zuständig. Ein Urteil, das völlig im Widerspruch zum Grundbuch und zu den Gutachten der Höfekommission steht.
Paolo Pizzinini reagiert umgehend. Nachdem ihm amtlich bescheinigt wurde, keine Hofstelle mehr zu besitzen, sucht der Hotelier um den Bau einer neuen Hofstelle an. Zwischen 2010 und August 2011 wird dieses Ansinnen mehrmals in der Baukommission von Abtei zurückgewiesen. Nach dem Austausch Marcello De Biasis wird auch dieses Projekt Ende 2011 genehmigt.
Wobei alle im Tal wissen, dass der Hotelier nicht einmal ein Luxusbauer ist. Denn landwirtschaftliche Tätigkeit gibt es am Hof seit Jahrzehnten keine mehr. Dennoch erklärt Bürgermeister Giacomo Frenademez in einem Schreiben an die zuständigen Landesämter im August 2016 etwas anderes. Zweimal im Jahr werden die Talwiesen des Hofes und einmal im Jahr die Almen gemäht. Das sei landwirtschaftliche Tätigkeit. Das Entgegenkommen des ersten Abteier Bürgers geht aber noch weiter. Denn Pizzinini sucht bei der örtlichen Höfekommisson auch um die Abtrennung des „Aparthotel Rosa Alpina“, also des Wohnhaues des geschlossen Hofes, an. Die Höfekommission lehnt das ab. Die Begründung: „Das Höfegesetz sieht nämlich vor, dass der geschlossene Hof über ein Wohnhaus zur Unterbringung der bäuerlichen Familie verfügen muss.
Als Bürgermeister Frenademez im Mai 2016 die Baukonzession für die neue Hofstelle erlässt, fügt er eine Bedingung ein. Pizzinini muss vor Ausstellung der Benutzungsgenehmigung die alte Hofstelle vom geschlossen Hof abtrennen und das neue Haus als Hofstelle eintragen.
Damit kommt der Hotelier zu seinem Ziel, gleich zwei Häuser zu haben. Ein alte Hofstelle, das Aparthotel Rosa Alpina“, das am Ende nicht mehr im geschlossenen Hof liegt und die neue Hofstelle.
Pizzinini beginnt Ende September kurz nach der Wanderung mit Richard Theiner mit den Bauarbeiten. Er errichtet in schönster Lage im landwirtschaftlichen Grün ein Wohnhaus und ein Wirtschaftsgebäude. 
 
 

Die Rekurse

 
Dass das Ganze noch nicht in warmen Tüchern ist, liegt an drei Abteier Bauern und Nachbarn von Pizzinini. Sie haben gegen diese Vorgangsweise der Gemeinde bei der Landesregierung eine Eingabe gemacht. Es ist der Rekurs, den die Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung am Donnerstag begutachten muss. Gleichzeitig sind aber zwei dieser Bauern bei der Gemeinde mit genau demselben Vorhaben vorstellig geworden, eine neue Hofstelle zu errichten und die alte aus dem geschlossenen Hof abzutrennen. Es ist urbanistisch das identische Projekt, wie es der einflussreiche Hotelier derzeit umsetzt. Die Gemeindeverwaltung erklärte aber umgehend, dass diese Vorgangswiese nicht rechtens sei. „Wie kann das bei Pizzinini gehen und bei uns nicht“, fragt sich jetzt einer der Betroffenen.
Die Bauern haben bereits einen Anwalt damit beauftragt, beim Verwaltungsgericht die Baukonzession Pizzininis anzufechten. Zudem hat vergangene Woche  die Finanzwache in der Gemeinde Abtei auf Antrag von Staatsanwalt Igor Secco die Akten zu Pizzininis neuem Hof beschlagnahmt.
Auf der Alm gibt’s vielleicht doch eine Sünd?
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Sigmund Kripp Do., 24.11.2016 - 07:30

Solche Machenschaften zerstören das gute Rechtskonstrukt des geschlossenen Hofes. Wenn hier die Landespolitik mitspielt, macht sie sich mitschuldig an der Zerstörung des Images sowohl des geschlossenen Hofes wie der Bauern an sich. Der Landesrat für Landwirtschaft muss hier laut seine Stimme erheben und intervenieren!

Do., 24.11.2016 - 07:30 Permalink
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alfred frei Do., 24.11.2016 - 08:46

Es gibt einen anderen Weg, man verwandelt die politischen Entscheidungsmöglichkeiten in ein procedere wie in einem geschlossenen Hof. Nur mit der Vermehrung der Hofstellen und den Wanderwegen muß man sorgfältig umgehen: Achtung die Nachbarn hören mit !

Do., 24.11.2016 - 08:46 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Do., 24.11.2016 - 13:47

Wenn das nächste mal irgendwo ein Hof, Stadel oder Scheune abbrennt und im Radio groß nach Spenden gebeten wird, würde ich bei Herrn Pizzinini anklopfen lassen. Der hat für seine "Kollegen" sicher Verständnis und an Ressourcen mangelt es bestimmt auch nicht.

Do., 24.11.2016 - 13:47 Permalink