Umwelt | Skitourismus

„Fünf vor zwölf am Rosskopf“

Der Südtiroler Alpenverein will ein weiteres umstrittenes Projekt im Skitourismus zur Diskussion stellen: den Ausbau des Skigebietes Rosskopf.
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Foto: AVS

Welche Zukunft haben lokale Dorflifte und Kleinskigebiete in Südtirol? Eine Frage, die am Donnerstag Vormittag auf dem Campus Brixen der Freien Universität Bozen von einer Gruppe von Experten rund um die Forscherinnen Martha Gärber diskutiert wurde. Quasi zeitgleich lieferte der Südtiroler Alpenverein ein praktisches Beispiel – mit einem medialen Hilfeschrei für den Rosskopf bzw. das naturbelassene Vallmingtal. „Trotz allseits bekannter rückläufiger Skifahrerzahlen und dem Klimawandel halten Politik und Rosskopf GmbH am Bau der Talabfahrt und an den weiteren Ausbauplänen, insbesondere am Zusammenschluss Rosskopf-Ladurns, fest“, kritisiert der AVS-Referatsleiter für Natur und Umwelt Klaus Bliem. Geplant sind konkret neben der neuen Talabfahrt, eine Seilbahn-Verbindung über das Vallmingtal mit dem Skigebiet Ladurns und eine Lift- und Pistenverbindung nach Gossensass.  Am 22. August 2017 hat die Landesregierung die Talabfahrt Rosskopf nach zwei Jahren Wartezeit genehmigt – und das obwohl die Umweltverträglichkeitsprüfung dazu negativ ausgefallen ist. „Wir haben uns sehr über die Entscheidung der Landesregierung gewundert“, sagt die Erste Vorsitzende der AVS-Sektion Sterzing Erika Schneider. Schließlich hatte die Regierung Kompatscher versprochen, im Gegensatz zu ihren Vorgängern die Entscheidungen ihrer Fachgremien nicht zu übergehen.

Laut den AVS-Verantwortlichen fehlt nicht nur die Akzeptanz der Sterzinger Bevölkerung für das Projekt. Der Alpenverein stellt vor allem die Kosten-Nutzen-Rechnung des geplanten Projekts in Frage: Eine wenig attraktive Talbafahrt, die die Brennerautobahn überquert, und in Zeiten des Klimawandels von einer Höhe von 1.540 auf 958 Meter ins Tal führen sich im letzten Teilstück auch noch über einen sonnenexponierten Südhang führt. Bereits in den letzten Wintern habe es sich klar gezeigt, dass es unter 1.300 Meter aufgrund steigender Temperaturen statistisch gesehen keine Schneesicherheit mehr gibt, führen die AVS-Verantwortlichen ins Feld.  „Daraus resultiert ein unverhältnismäßiger technischer und energetischer Aufwand zur Beschneiung,“ sagt Klaus Bliem.  Um die  Talabfahrt wie geplant von Anfang Dezember bis Ende Februar offen  zu halten, sind laut Alpenverein zusätzlich 18.000 m³ Wasser für die Beschneiung durch ca. 76 Schneelanzen und fünf bis sechs Propellermaschinen nötig, die aus dem Kraftwerk Maik entnommen und über eine Pumpstation im Bereich der Talstation auf den Rosskopf befördert werden sollen. Darauf hätte sich auch der Umweltbeirat mit seinem negativen Umweltverträglichkeitsgutachten bezogen. Darin war laut UVS überhaupt von der Wahrscheinlichkeit die Rede, dass die Schneesicherheit im untersten Pistenabschnitt trotz der aufwändigen Beschneiung nicht gewährleistet werden könne.

Landschaftliche Eingriffe

Zusätzlich macht der Bau der rund 3000 Meter langen Talabfahrt  laut Alpenverein Rodungen von ca. 2,7 Hektar Wald sowie umfangreiche Erdbewegungen, Hangsicherungsarbeiten und mehrere Bachquerungen erforderlich. Diese landschaftlichen Eingriffe würden im Beschluss der Landesregierung vom 22.8.2017 als gering beurteilt, „da es sich beim unteren Teil der geplanten Talabfahrt eher um einen Skiweg handelt, wodurch der Aufwand für die künstliche Beschneiung wesentlich verringert wird“. Bei dem genannten „Skiweg“ handelt es sich aber nur um die letzten 600 Meter der durchschnittlich 30 Meter breiten Piste, so die AVS-Verantwortlichen. „Leider konzentriert sich die Landesregierung in ihren Ausführungen nur auf diesen Abschnitt und lässt den Wasserbedarf für die Beschneiung des gesamten Pistenverlaufs völlig unberücksichtigt.“ Aus Sicht des AVS sei das zu kurz gedacht.

Der Alpenverein und seine Sterzinger Sektion fordern daher, die Talabfahrt öffentlich zu diskutieren, und warnen vor der geplanten Verbindung der Skigebiete Rosskopf und Ladurns über die noch unversehrte Kultur- und Naturlandschaft des Vallmingtales. „Eine Skiverbindung wäre in keiner Weise mit den Grundprinzipen einer nachhaltigen Entwicklung unserer kostbaren Bergregion zu vereinbaren,“ meint Klaus Bliem. „Schließlich sollte bedacht werden, dass zahlreiche Gäste nicht nur zum Skifahren in die Region kommen, sondern auch zum Wandern. Intakte Naturlandschaft ist doch eine durch nichts zu ersetzende Grundlage für den Tourismus in unserem Land.“

 

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Frei Erfunden Do., 23.11.2017 - 14:34

'Schließlich hatte die Regierung Kompatscher versprochen die Entscheidungen ihrer Fachgremien nicht zu übergehen.'
Hierzu wäre eine Stellungnahme seitens eines SVP Funktionärs angebracht.

Do., 23.11.2017 - 14:34 Permalink