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Politik | Hick-Hack um Corona

Ende des politischen Dauerstreits?

Der Staatspräsident zwingt die trotz Notstand verfeindeten Fronten zur Zusammenarbeit.
Während in anderen Ländern die politischen Kräfte nach Katastrophen zusammenrücken, passiert in Italien (nicht zum ersten Mal) das Gegenteil: Ausufernde Polemiken, Tiefschläge und Besserwissereien beherrschen die politische Szene und die Gewerkschaften rufen gar einen Streik aus. Premier Giuseppe Conte ist Zielscheibe heftiger Attacken. Die Front wird von zwei Parteivorsitzenden angeführt, die seit einem Vierteljahrhundert in der Politik sind, ohne Denkwürdiges geleistet zu haben: Matteo Salvini und Giorgia Meloni. Die Vorsitzende der Fratelli D'Italia ging so weit, Premier Conte wegen einer siebenminütigen Fernsehrede "intollerabili metodi da regime totalitario" zu unterstellen.
Und Matteo Salvini, der Conte bisher fast täglich attackierte, pochte auf Zusammenarbeit: "Così non si può andare avanti, fra annunci di notte e confusione di giorno, fra sottovalutazione e improvvisazione, fra ministri che scherzano e morti che aumentano. Noi vogliamo con tutto il cuore aiutare, collaborare, migliorare, risolvere problemi: ad oggi purtroppo non ci è permesso farlo."  
Salvini fordert mit Nachdruck "la riapertura del parlamento". Kammerpräsident Roberto Fico und Senatspräsidentin Elisabetta Casellati stellen klar: "Le camere non devono essere riaperte, perché non sono mai state chiuse."
Dass ausgerechnet der Lega-Chef, der das Parlament als Innenminister nach Möglichkeit gemieden hatte, nun für dessen Einbindung plädiert, gehört zum Bühnenspiel italienischer Politik.  Doch die vom Corona-Virus heraufbeschworene Krise muss im Zusammenspiel aller politischen Kräfte bewältigt werden.
 
 
Im institutionellen Konflikt wird Staatspräsident Sergio Mattarella einmal mehr seiner Vermittlerrolle gerecht. Zum 76. Jahrestag des Massakers der Fosse Ardeatine richtet er eine eindringliche Mahnung an die verfeindeten Lager:
"Dopo quell'eccidio l'Italia unita rinacque. La stessa unità ci è richiesta oggi, in un momento così difficile."
 
Der Appell zeigte Erfolg. Unter der Regie des Staatspräsidenten trafen sich beide Seiten zu einem versöhnenden Gespräch. Salvini: "Sia l'inizio di un percorso."
Nun soll das vom Verfall bedrohte Dekret vom 11. März – es läuft mit 25. März aus – umgeschrieben und neu aufgelegt werden. Darin sind grössere Befugnisse für Gemeinden und Regionen vorgesehen, das Heer soll mehr als bisher zu Kontrollen eingebunden werden. Wie lange die plötzliche Eintracht hält, bleibt abzuwarten. Doch die Entschlossenheit des Staatspräsidenten dürfte dafür eine gewisse Garantie bieten.