Politik | Europa 2019

Die einzig Wahren?

Als “einzige wirklich Südtiroler Liste” geht die SVP in den EU-Wahlkampf. Mit der Vision einer tieferen Integration stellt man sich gegen die Lega und ihre Verbündeten.
SVP
Foto: Salto.bz

Draußen regnet es in Strömen als im Parteisitz der SVP in der Brennerstraße die Präsentation der EU-Kandidaten beginnt. Das trübe Wetter und der wolkenverhangene Himmel – sinnbildhaft für die Stimmung in der Volkspartei? Dass unterm Edelweiß im Vorfeld der EU-Wahlen am 26. Mai nicht alles eitel Sonnenschein ist, haben die letzten Tage bewiesen. Wegen des Wahlbündnisses mit Berlusconis Forza Italia sieht sich die SVP seit Tagen heftiger Kritik ausgesetzt. Deshalb vermeidet man es am Mittwoch tunlichst, die umstrittene Allianz oder gar das schwarze Schaf Alessandra Mussolini anzusprechen.

“Das italienische Wahlgesetz gibt die Spielregeln vor – und die schauen eben so aus, wie sie ausschauen”, ist die einzige Anspielung von Parteisekretär Stefan Premstaller auf das Zweckbündnis mit Forza Italia, das es der SVP erlaubt, mit einer eigenen Liste und dem eigenen Symbol anzutreten. “Uns ist das als einzige gelungen – wir sind die einzige wirklich Südtiroler Liste”, stichelt Herbert Dorfmann gegen die Opposition und ihre Kandidaten, die allesamt jeweils auf der Liste einer nationalen Partei antreten.
Genauer gesagt sind es vier Südtiroler, eine Trentiner und eine slowenische Vertreterin, die unter dem Edelweiß antreten. Als Unterstützungskandidaten flankieren Claudia Segnana (PATT), Klaus Mutschlechner (SVP-Jugendreferent im Pustertal) als Ladiner, Martina Valentincic (Slovenska Skupnost) als Minderheitenvertreterin der Slowenen im Friaul, Otto von Dellemann (Vorsitzender SVP-Senioren) und Sonja Anna Plank (scheidende JG-Chefin) den Spitzenkandidaten Dorfmann.

 

“Europa ist mehr als ein Friedensprojekt, mehr als ein Wirtschaftsraum, mehr als Reisefreiheit – Europa hat Heimat zu bieten und wir müssen Europa wieder eine Seele und eine Chance geben”, plädiert von Dellemann leidenschaftlich. Europa und die Europäische Union weiterentwickeln – mit dieser Vision und diesem Auftrag will die SVP Dorfmann ein drittes Mal nach Brüssel und Strassburg schicken. Weiterentwickeln, das bedeutet für Dorfmann eine tiefere Integration – “und nicht ein Rückbau der Union, wie sie die nationalistischen, sovranistischen und egoistischen Kräfte wollen, die sich in Europa breit machen”.

“Das Projekt der radikalen Veränderung Europas von Lega, AfD, FPÖ, Rassemblement National und UKIP, die die EU zurückbauen wollen, kann nicht das Südtiroler Projekt sein.” (Herbert Dorfmann)

Überzeugt pro-europäisch präsentiert sich die SVP an diesem Tag. Und schießt auch gegen die Lega, mit der man ein Wahlbündnis für die EU-Wahlen bereits vor Monaten kategorisch ausgeschlossen hat – aufgrund deren Europafeindlichkeit. “Ich habe den EU-Kandidaten der Lega in Südtirol gehört – er will den ‘degrado’ am Bozner Bahnhofspark beseitigen. Da hat er wohl die Institution verfehlt und sollte vielleicht besser für den Bozner Gemeinderat kandidieren”, grinst Herbert Dorfmann – und listet andere Bereichen auf, wo die EU sehr wohl Zuständigkeiten hat und die er für Südtirol als besonders wichtig erachtet: Verkehr, Landwirtschaftspolitik, Minderheitenpolitik.

Südtirol hat von Europa bisher nur profitiert – nicht zuletzt aufgrund der Summe von über einer Milliarde Euro, die in der vergangenen Legislaturperiode aus den EU-Kassen nach Bozen geflossen sind – und kann es auch weiterhin. Am besten wenn ein SVP-Vertreter im EU-Parlament sitzt. So die Botschaft an diesem Mittwoch Vormittag. Draußen lichtet sich der Himmel. Ob sich die dunklen Wolken über der SVP bis 26. Mai auch verziehen werden? Man will jedenfalls alles dafür tun. Und zählt auf prominente Unterstützung. Kommenden Donnerstag, 2. Mai, ist EVP-Spitzenkandidat, der Bayer und CSU-Mann Manfred Weber in Bozen zu Gast.