Wirtschaft | Wohnbau

Plädoyer für soziale Gerechtigkeit

Die Diskussion um die Zukunft der Wohnbaupolitik geht am Mittwoch mit Euregio-Perspektive weiter. Mit dabei das AFI-IPL mit Vorschlägen für mehr soziale Gerechtigkeit.
wohnen.jpg
Foto: Twitter

Wie kann Wohnbaupolitik zu mehr sozialer Gerechtigkeit beitragen? Antworten darauf gibt am Mittwoch das Arbeitsförderungsinstitut AFI-IPL, das sich auf einer Euregio-Tagung mit Partnerorganisationen aus dem Trentino und Tirol in der Bozner Eurac der komplexen wie aktuellen Thematik widmet. Immerhin hat das Forschungsinsitut erst im vergangenen Winter erhoben, dass 96 Prozent der Arbeitnehmer im Land aufgrund zu hoher Preise Schwierigkeiten beim Erwerb des Eigenheims haben. Das Thema leistbares Wohnen ist also eines der zentralen Anliegen, auf das hin beim AFI auch der Vorschlag zur Novellierung des Landesgesetzes für Raum und Landschaft in einer umfassenden Studie zum Thema Wohnen geprüft wird. Bereits vor einer Woche hatte das Arbeitsförderungsinstitut selbst zehn Punkte vorgestellt, die auf der Tagung am heutigen Vormittag vertieft erläutert werden. Zumindest in einigen Bereichen des Gesetzesvorschlages aus dem Ressort Theiner ist ein Paradigmenwechsel in der heimischen Wohnbaupolitik zu erkennen,  sagt AFI-Forscher Friedl Brancalion, Mitglied des Forschungsteams zum Wohnbau. Zum Beispiel, indem man von der jahrzehntelangen Praxis weggeht, die Nachfrage über Beiträge zu stützen und Wohnungspreise künstlich nach oben zu treiben, sondern stattdessen mehr Angebot auf den Markt bringt, wie man beim AFI hofft. „Es zeichnet sich zumindest eine Entwicklung in diese Richtung ab“, sagt Friedl Brancalion.  

Doch konkrete Aussagen sind aufgrund des vorliegenden Gesetzesvorschlags noch schwierig zu treffen, lautet eines der kritischen Feedbacks zur aktuellen Novellierung der Spielregeln im heimischen Wohnbau. „Klare Gesetze aus einem Guss“, so die Forderung des AFI. Tatsache ist aber, dass bislang nur der Reformvorschlag von Richard Theiner zum Gesetz für Raum und Landschaft vorliegt. Die Reform der Wohnbauförderung, Kompetenz von Landesrat Christian Tommasini, soll dagegen erst in einem nächsten Schritt folgen. „Das macht es schwierig abzuschätzen, wohin die Reise tatsächlich gehen wird“, sagt man beim AFI. Positiv beurteilt man dort laut Brancalion in jedem Fall den Willen, landschaftliches Grün zu schützen und stärker auf die Wiederverwendung von bebautem Grund zu setzen.

 

Grundwohnbedarf als Trennungskriterium

 

Weniger Freunde haben die Sozial- und Wirtschaftsforscher mit der vorgesehen Einteilung der Zielgruppen in Ansässige und Nicht-Ansässige. Mindestens fünf Jahre muss man seinen Arbeitsplatz oder seinen Wohnsitz demnach in einer Südtiroler Gemeinde haben, um Anrecht auf die von den Gemeinden für Ansässige reservierten Wohnungen zu haben. „Diese Bestimmung trägt aktuellen sozialen Trends wie einem zunehmend dynamischen Lebensstil nicht Rechnung“, sagt Friedl Brancaglion. Und sorge darüber hinaus für Unklarheiten, da es für Ansässige sowohl Wohnungen mit vergünstigtem Preis wie auch auch dem freien Markt gäbe. Der Gegenvorschlag des AFI? Das primäre Unterscheidungskriterium bei der Wohnbauförderung und der Zuweisung von Baugrund soll der Grundwohnbedarf sein. Alle Menschen haben laut der UN-Erklärung der Menschenrechte Anrecht auf eine angemessene Wohnung – und dieses Recht müsse durch entsprechende politische Maßnahmen gewährleistet werden. „Gerade da in Südtirol in Gemeinden mit starker Tourismusintensität die Preise in die Höhe getrieben werden, könnte der Markt für den Grundwohnbedarf auf diese Art ganz klar vom freien Markt getrennt werden“, sagt der AFI-Mitarbeiter. Ein Instrument, um dies zu gewährleisten, könne die Sozialbindung sein, die - statt wie zuletzt aufgeweicht zu werden – auf ewig gelten soll. Damit soll laut AFI sichergestellt werden, dass die Wohnbauförderung und die Zuweisung von vergünstigtem Baugrund nur dem Grundwohnbedarf vorbehalten sind.

Für den Mietmarkt wünscht sich das Arbeitsförderungsinstitut wie viele andere eine deutliche Belebung. Die könnte laut den AFI-Vorschlägen einerseits durch eine Stärkung des Sozialen Wohnbaus erfolgen, der künftig auch dem Mittelstand zugänglich gemacht werden soll – immer vorausgesetzt, dass es sich um Grundwohnbedarf handelt. Dadurch würde einerseits eine soziale Durchmischung in den WOBI-Häusern gewährleistet. Gleichzeitig würde sich das AFI durch ein deutliches Mehr an WOBI-Wohnungen auch ein Sinken des Preisniveaus auf dem privaten Mietmarkt erhoffen. Um dort mehr Eigentümer zur Vermietung leerstehender Immobilien zu bewegen, wird die Einrichtung einer Landesstelle nach Vorbild des Vorarlbergers ´VOGEWOSI´ angeregt, der  leerstehende Wohnungen von Privaten im Gegenzug für die Garantie einer pünktlichen Miet-Zahlung überlassen werden könnten.

Bild
Profil für Benutzer Sell Woll
Sell Woll Do., 25.05.2017 - 09:42

Grundwohnbedarf statt Ansässigkeit - sehr richtig! Sonst fördert man jemandem 4 Wohnungen. Ewige Bindung = logisch zwingend.

Do., 25.05.2017 - 09:42 Permalink