Wirtschaft | Berglandiwrtschaft

„Es ist fünf vor zwölf“

Der Milchpreis am Boden, die Wertschöpfung ein Witz und immer mehr junge Bauern, die ihre Höfe verlassen. Es ist Fünf vor Zwölf sagt Franz Locher und fordert Maßnahmen.
Franz Locher
Foto: Südtiroler Landtag/SVP
Mitte Mai hat der Landtag einen Beschlussantrag genehmigt, mit welchem Maßnahmen zur Erhaltung der Berglandwirtschaft getroffen werden sollen. Eingebracht wurde er von den Bauernvertretern der SVP, Franz Locher (Erstunterzeichner), Manfred Vallazza und Josef Noggler, die unter anderem die Durchführung einer Erhebung forderten, die Aufschluss über den Fleischkonsum in Südtirol gibt. 
 
Salto.bz: Herr Locher, wozu braucht es eine Erhebung?
 
Franz Locher: Die Verkaufs- und Marketingstrategien beginnen meistens mit einer gründlichen Recherche und Erhebung. Wovon ernährt sich die Südtiroler Bevölkerung hauptsächlich? Welches Fleisch isst man vorzugsweise? Ist der Südtiroler bereit, mehr für regionale Qualitätsware auszugeben? Wie werden die einheimischen Produkte bewertet? Daraus leitet sich dann der Bedarf ab, der wiederum eine Entscheidungshilfe bietet, in welche Richtung sich die landwirtschaftliche Produktion entwickeln könnte. Aus einer Erhebung ließen sich viele interessante Schlüsse ziehen.
 
 
 
Bedenkt man den Wiener-Schnitzel-Verbrauch in den hiesigen Gastbetrieben, dürfte zumindest der Bedarf an Schweine- und Kalbfleisch enorm sein.
 
Es muss nicht immer ein Wiener Schnitzel sein und ich denke hier an Modelle, wie sie beispielsweise in der Steiermark praktiziert werden. In den gehobenen steirischen Gastronomiebetrieben wird Tafelspitz aus einheimischem Rind angeboten, nach althergebrachter Tradition zubereitet, gut präsentiert und vermarktet. Der Gast geht in ein Restaurant, um einen Tafelspitz und nicht um ein Wiener Schnitzel zu essen. Denn er möchte ein Produkt auf seinem Teller haben, das aus der Region stammt. Solche Modelle wären auch für uns sehr interessant und eine Bereicherung. In den vergangenen Jahren waren unsere Bauern sehr innovativ unterwegs und haben erfolgreich viele lokale Produktionsketten auf die Beine stellen können. Ich nenne an dieser Stelle nur die Vermarktung des „LaugenRindes“. Auch bei anderen verschiedenen Qualitätsfleischsorten funktioniert die Zusammenarbeit mit den lokalen Metzgereien hervorragend, die sich bemühen, das Südtiroler Fleisch an den Konsumenten zu bringen und ihnen im besten Fall sogar noch ein Kochrezept mit auf den Weg geben. Hier steckt noch sehr viel Potential.
 
Der Gast geht in ein Restaurant, um einen Tafelspitz und nicht um ein Wiener Schnitzel zu essen.
 
Könnte der Umstieg auf Mastviehhaltung ein Ausweg für die in Schwierigkeit geratenen Milchbauern sein? Den tatsächlichen Fleischbedarf können unsere Bauern nicht decken ...
 
Nein, das können sie tatsächlich nicht. Eine Erhebung des Fleischkonsums in Deutschland im Jahr 2021 hat ergeben, dass pro Person tatsächlich 55 Kilogramm Fleisch im Jahr verzehrt werden. Das ist nicht gerade wenig. Eine ähnliche Umfrage, bei der erhoben wird, wieviel und welches Fleisch konsumiert wird, bräuchte es auch für Südtirol. Diese Daten könnten uns dabei helfen, unsere speziellen Ressourcen wie Rindfleisch besser zu nutzen. Ich besuche sehr viele Viehversteigerungen und muss dabei feststellen, wie Qualitätstiere für einen Spottpreis in den oberitalienischen Raum verkauft werden. Das Fleisch landet dann anschließend wieder sündteuer in den Südtiroler Verkaufstheken. Wir können das sicher besser machen. Wir hatten sehr viel Erfolg in der Organisation unserer Genossenschaften sei es in der Milch-, Wein- oder Obstwirtschaft und nun auch im Gemüseanbau. Weshalb können wir dasselbe nicht mit Fleisch machen? Ganz provokant gefragt: Ist unser Rindfleisch nicht mehr wert als die Käfig-Hühnchen, die zu Billigstpreisen angeboten werden?
 
Ist unser Rindfleisch nicht mehr wert als die Käfig-Hühnchen, die zu Billigstpreisen angeboten werden?
 
Diese Erhebung ist fix eingeplant?
 
Sie gehört zu den Punkten, die wir umsetzen möchten. Anschließend müsste ein Qualitätsfleischprogramm auf die Beine gestellt werden. Die einzelnen Vermarkter bestätigen, dass unsere hochwertigen Produkte sehr gefragt sind und dass viele Konsumenten einen funktionierenden und nachvollziehbaren Kreislauf schätzen. Bei Importware kann dagegen niemand nachvollziehen, unter welchen Bedingungen die Tiere gehalten, transportiert und gefüttert wurden oder ob und welche Umweltauflagen eingehalten wurden. Hält man sich die Haltungsbedingungen der Tiere in manchen Ländern vor Augen, sollte uns das zum Nachdenken anregen. Ich möchte oft lieber nicht wissen, wie die Tiere aufgezogen und mit welchem pestizidbelastetem Futter sie gefüttert werden. Ich für meinen Teil werde mit Sicherheit niemals solches Fleisch kaufen. Zudem: das Thema Umwelt. Wir reden ständig von Nachhaltigkeit und CO2-Fußabdruck, importieren und konsumieren aber Fleisch, das tausende Kilometer weit transportiert wird.
 
 
 
 
Setzt an der Verkaufstheke der Konsumenten-Verstand aus?
 
Die Leute schielen auf den Preis, Bequemlichkeit spielt eine Rolle und nicht zu vergessen die Gewinnspannen der Handelsketten. In Argentinien sind weder Getreidepreise noch die Gülleproblematik oder Umweltauflagen ein Thema. Hier wird gewirtschaftet ohne Rücksicht auf Verluste. Wir müssen zur regionalen Kreislaufwirtschaft zurückkehren und die Lebensmittel so nah wie möglich am Konsumenten produzieren.
 
In Argentinien wird gewirtschaftet ohne Rücksicht auf Verluste.
 
Die Corona-Pandemie und die politische Weltlage haben leider zu einer großen Verunsicherung geführt und in unsicheren Zeiten greifen die Leute zu billigen Produkten. Trotzdem müssen wir versuchen, unsere Berglandwirtschaft zu stärken, denn momentan ist insbesondere die Stimmung in der Milchwirtschaft am Boden. Der Milchpreis steckt auf dem Stand von 2012 fest, während die Getreidepreise gleichzeitig um 80 Prozent gestiegen sind. Kurz und gut: Die Situation ist sehr schwierig und aus diesem Grund brauchen wir eine detaillierte Recherche und Erhebung, welche die Basis für die weiteren Entscheidungen sein muss. In der weiteren Folge muss die Lebensmittelkennzeichnung eingeführt werden. Auf diesem Wege können die Konsumenten sehr gezielt angesprochen werden. Sehr einfach in der Anwendung und sehr effizient, weil der Kunde sofort weiß, was er bekommt.
 
Qualitätsware hat ihren Preis. Ein Problem für die heimische Produktion? Erst recht, wenn ein Großteil der Bevölkerung zusehen muss, wie Strom und Miete bezahlt werden können können?
 
Die Lebenshaltungskosten sind enorm gestiegen, sei es Strom, Gas, Miete oder Lebensmittel. Wir wissen sehr wohl, dass das ein sehr schwieriges Kapitel ist.
Das allergrößte Problem bei Fleisch oder Milch ist jedoch die Lagerung. Ich muss diese Produkte so schnell wie möglich verwerten, da sie ansonsten verderben. Im Unterschied zu beispielsweise Nudeln spielt die Haltbarkeit hier eine sehr große Rolle. Das bedeutet, dass die Produktion besser auf den Bedarf abgestimmt werden muss und beispielsweise Fleisch der vorderen Viertel bzw. Teilstücke trotzdem vermarktet und verwertet werden können, wie zum Beispiel für Suppenfleisch. Zwischen der Versteigerung zum Preis von 1,50 Euro pro Kilogramm – für den Bauer ist das ein Spottpreis – und den Spesen bis zum Verkauf um sechs Euro ist noch sehr viel Spielraum vorhanden. Allerdings fehlt uns hier die Vermarktungsstruktur.
 
Ich finde es jammerschade, wenn die guten Südtiroler Produkte im Sortiment untergehen.
 
Die Konsumenten sind vorhanden, aber der Lebensmittelhandel muss mitspielen und wir brauchen die Vermarktungs- und Verkaufsstrukturen in der Stadt und bei den Konsumenten und nicht in einem entlegenen Dorf. Auch hier gäbe es durchaus Möglichkeiten wie beispielsweise eine Genossenschaftsstruktur, welche Organisation, Vermarktung und Vertrieb übernimmt. Eine weitere Idee wäre eine Südtiroler Produktecke in den Lebensmittelgeschäften. Ich finde es jammerschade, wenn die guten Südtiroler Produkte im Sortiment untergehen. Und zudem, was man leicht vergisst: Es bräuchte bei jedem Produkt auch einen Koch- bzw. Verwendungstipp. Ein Stück Fleisch in Top-Qualität muss nämlich auch gut zubereitet werden, ansonsten hat der Konsument keine Freude damit. Das würde das Ganze abrunden. Der reine Verkauf ist nämlich viel zu wenig und der Konsument ist an diesem Punkt noch lange nicht zufrieden. Das Ziel muss sein, die Konsumenten für unser Produkt zu gewinnen. Und schließlich könnten wir mit 500.000 Einwohnern und 30 Millionen Nächtigungen einen großen Markt bedienen.
 
Die Wünsche der Konsumenten zu erfüllen, ist nicht immer einfach. Nimmt man das Beispiel Ziegen- oder Schafhaltung: Der Konsument will Fleisch von einigen Wochen alten Kitzen oder Lämmern, am liebsten zu Ostern – das Fleisch eines ausgewachsenen Tieres, obwohl eine Delikatesse, will „der Konsument“ nicht. Will man auch hier Überzeugungsarbeit leisten?
 
Im Passeiertal, wo die Zubereitung von Ziegen- und Schaffleisch eine lange Tradition hat, sind „Bockans“ und „Scheppsans“ eine Delikatesse. Früher wurden Schafe und Ziegen gezüchtet, damit die Leute etwas auf dem Tisch hatten. Heute müssen wir einen Schritt weiter gehen und die bewährten lokalen Modelle weiterführen und bekannter machen. Wenn die Verwendung von  Ziegen- und Schaffleisch im Gastronomiebereich in Passeier so wunderbar funktioniert, dann kann man das Modell auf andere Südtiroler Ortschaften übertragen und beispielsweise mit demselben Geschäftsmodell lokales Rindfleisch anbieten. Dann braucht es auch kein Fleisch aus Argentinien mehr.
 
 
 
Im Beschlussantrag haben Sie als Erstunterzeichner gezielte Maßnahmen gefordert. Wäre der Tourismus-Euro, den Sie propagieren, eine dieser Maßnahmen oder können Sie sich weitere langfristige finanzielle Unterstützungsmaßnahmen vorstellen?
 
Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Wenn wir mit der Berglandwirtschaft weiter so verfahren wie bisher, fahren wir irgendwann den Karren an die Wand. Man muss sich nur einmal vor Augen halten: Während der vergangenen 20 Jahre haben 2.000 Bauern die Milchwirtschaft aufgegeben. Was mir aber noch mehr zu denken gibt, ist die wirtschaftliche Situation und hier im Speziellen der Fachkräftemangel. Ich war letztens zu einem Matura-Ball eingeladen, auf dem sich fünf Firmen vorgestellt und sich um die Maturanten beworben haben.
 
Wenn wir mit der Berglandwirtschaft weiter so verfahren wie bisher, fahren wir irgendwann den Karren an die Wand.
 
Viele Kinder von Bauernhöfen sind mit der Arbeit groß geworden; sie können mit Werkzeugen umgehen bzw. sind sie handwerklich sehr geschickt und für jeden Handwerksberuf geeignet. Die Arbeitswelt braucht diese Kräfte sehr, sehr dringend, aber diese fehlen dann auf den Höfen. Im Grunde genommen geht es um das liebe Geld. Dass der Verdienst auf den Höfen im Vergleich zu einer Arbeitsstelle beinahe schon lächerlich ist, weiß man ja. Viele tun sich die Doppelbelastung – Hof und Arbeit, um das Geld nach Hause zu bringen – nicht mehr an und sie geben die Landwirtschaft auf. Wir kämpfen hier ein wenig auf verlorenem Posten und das sollte uns die größten Sorgen bereiten. Wie sollen wir die jungen Leute auf den Höfen dazu motivieren, die Arbeit ihrer Eltern fortzuführen? Entweder geben wir ihnen Perspektiven oder wir werden sie verlieren.
 
 
 
 
An welche Perspektiven denken Sie?
 
Beispielsweise an den Tourismus-Euro, der bereits einige Male ins Spiel gebracht wurde. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass der Tourismus am meisten von der Berglandwirtschaft profitiert. Gibt es keine Unterstützung, wird es bei uns früher oder später so aussehen wie in den verlassenen Ortschaften im Belluno. Mit dem Auflassen der Höfe zerfällt die bäuerliche Familie und das soziale Gefüge in unseren Dörfern gerät zunehmend aus dem Lot. Und dann stelle ich mir die Frage, was ist die Berglandwirtschaft der Politik wert?
 
Ich stelle mir die Frage: Was will die Politik? Die Tendenz geht dahin, dass die kleinen Höfe verschwinden und die Großen noch größer werden. Offenbar will die Politik das verhindern …
 
Je kleiner, desto einfacher. Die großen Betriebe sind nämlich meistens die „Problembetriebe“. Ab 50 bis 60 Stück Vieh wird ein Angestellter benötigt und Arbeitskraft ist nun mal teuer.
Wenn das Milchliefern zu einem Defizitgeschäft wird und man sich eine Arbeit suchen muss, um das Futter oder die Maschinen bezahlen zu können, dann wird es eng. Und leider ist es so, dass viele Höfe nur mehr durch Zu- und Nebenerwerb bewirtschaftet werden können. Es ist unbestritten, dass der Tourismus von der Berglandwirtschaft profitiert, schon allein die regionalen Produkte sind ein effizientes Marketinginstrument und von der Erhaltung der Kulturlandschaft ganz zu schweigen. Deshalb scheint mir der Tourismus-Euro gerechtfertigt, ansonsten müssen eventuell andere Möglichkeiten in Betracht gezogen werden.
 
Welche zum Beispiel?
 
In vielen Naturreservaten der Welt wird Eintritt verlangt, aber ich glaube definitiv, das wäre nicht Sinn der Sache und man sollte hier vernünftige Lösungen suchen und nicht komplizierte Wege gehen. Eine Möglichkeit wäre, Gelder aus dem Haushalt für die Erhaltung der Berglandwirtschaft zur Verfügung zu stellen.
 
Es ist unbestritten, dass der Tourismus von der Berglandwirtschaft profitiert.
 
Wäre das rechtlich möglich?
 
Ja, diese Möglichkeit ist im Europäischen Recht verankert und wäre in Form von Ausgleichszahlungen durchaus möglich. Die rechtliche Basis ist gegeben und auch der Landeshaushalt hätte hier Spielraum – bei einem Sechs-Milliarden-Haushalt sollten wir darüber diskutieren, ob wir das System Berglandwirtschaft aufrechterhalten wollen. Das eigentliche Problem hat nämlich nicht der Bauer, der findet mit Sicherheit eine Arbeit – das Problem haben die Gesellschaft und der Tourismus. Uns landwirtschaftlichen Vertretern ist es mit diesem Beschlussantrag nur um die Erhaltung der Höhe gegangen.
 
Gäbe es eine Mehrheit in der Landesregierung und im Landtag für einen solchen Berglandwirtschafts-Beitrag? Bei der großen Unterstützungs-Sitzung im Jahr 2018 hieß es über alle Partei-Grenzen hinweg: „Ich bin ein Bergbauer!“
 
Damals hatten die meisten ein offenes Ohr und haben sich für den Erhalt der Berglandwirtschaft ausgesprochen. Ich glaube, dass wir eine Mehrheit zusammenbekommen würden, wenn es darauf ankommt. Es ist höchste Zeit, meiner Meinung nach ist es nämlich schon fünf vor zwölf.
 
 
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Josef Ruffa Mi., 25.05.2022 - 07:54

Es ist fünf vor zwölf, vermutlich hat er recht, aber es ist auch fünf vor zwölf in der Sanität, im Seniorenheim, im Pflegebereich und andere wichtigste Strukturen. Die Frage ist, wo ist es mehr fünf vor zwölf?

Mi., 25.05.2022 - 07:54 Permalink
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Günther Alois … Mi., 25.05.2022 - 09:08

Antwort auf von Josef Ruffa

Im Sanitäts-Pflege und Wartezeitenbereich ist es bereits 10 NACH 12!!!! Leider! Und wenn überhaupt Visite nach einigen Monaten Wartezeit,dann darf man auch noch fleissig draufzahlen! Für Rentner/innen Pensionisten/innen oft unzumutbar,bei einer Nettorente von 550 Euro . Wir befinden uns bereits in der DREIKLASSENMEDIZIN für Gutbetuchte! Armes Südtirol?!

Mi., 25.05.2022 - 09:08 Permalink
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S. Bernhard Mi., 25.05.2022 - 07:57

Vielleicht wohne ich in der falschen Gegend? Hier sehe ich niemanden der seinen Hof verlässt, ganz im Gegenteil. Es wird gebaut auf Teufel komm raus, riesige Futterhäuser und weil man schon dabei ist, noch ein paar "Chalets" dazu. Am Bauernhof gibt es ja keinen "Bettenstop", wenn es den denn überhaupt gibt, das muss ausgenutzt werden. Wohlgemerkt, alles Milchbauern. Kräne sehe ich zur Zeit bloß bei Bauernhöfen rumstehen. Möchte gerne wissen, wo es 5 vor 12 ist ..

Mi., 25.05.2022 - 07:57 Permalink
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Manfred Gasser Mi., 25.05.2022 - 09:32

Erstmal wäre zu definiere, was genau ein Bergbauer ist. Oder will man den Bauer im Schnalstal auf 1600 Metern, mit 8 Kühen, mit dem Bauer im Pustertal auf 800 Metern, mit 80 Kühen gleich behandeln?

Und noch eine Frage, da wir hier ja die so gute und gesunde Heumilch habe, frag ich mich, wie stark sich der Getreidepreis bei den Bauern auswirkt. Wenn man genug Heu hat, .......?

Mi., 25.05.2022 - 09:32 Permalink
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Klemens Riegler So., 29.05.2022 - 23:47

Antwort auf von Manfred Gasser

Heumilch ? hier gibt es eine klare Antwort: Ingesamt wird nur 5% der angelieferten Milch zu Frischmilch verarbeitet. Und selbst diese ist nicht zu 100% nur Heumilch. "Heumilch" betrifft somit nur einen minimaler Anteil in der Milchindustrie. Für den großen Rest braucht es also "Futtermittel" (Getreide), wobei selbst bei der "Heumilch" eine gewisse Menge an Zufütterung erlaubt ist. Es sind also wahrscheinlich mehr als 95% der Milchbauern von den Getreide-Preissteigerungen betroffen, und das minimiert den Ertrag.
P.s.: Die heile "Heumilch-Welt" ist ein Werbefoto und spielt in der Milchindustrie nur eine untergeordnete Rolle.

So., 29.05.2022 - 23:47 Permalink
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Martin Sitzmann Mi., 25.05.2022 - 14:02

Naja, Tränendrüsen-Lobbying halt...
das muss man den Bauern lassen, das können sie sogar besser als der LVH und der Unternehmerverband und mindestens gleich gut wie der HGV.
Fette, überdüngte Wiesen ohne Artenvielfalt - auf diese "Kulturlandschaft" kann ich eigentlich verzichten. Da ist mir eine verbuschte Alm lieber.
Und übrigens: Ob wir den Tag noch erleben werden, wo Arbeitnehmer*innen konsequent ihre Standesvertreter*innen (bei den verschiedenen Parteien) wählen und somit das Gewicht bekommen, das diesem größten Wählersegment zusteht? Zweifel sind angesichts der Vergangenheit berechtigt.

Mi., 25.05.2022 - 14:02 Permalink
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Stefan S Mi., 25.05.2022 - 21:08

Antwort auf von Martin Sitzmann

Ihrem ersten Teil kann ich gut folgen, hier hätte ich gerne noch ein wenig Erläuterung ;-)
"Und übrigens: Ob wir den Tag noch erleben werden, wo Arbeitnehmer*innen konsequent ihre Standesvertreter*innen (bei den verschiedenen Parteien) wählen und somit das Gewicht bekommen, das diesem größten Wählersegment zusteht? Zweifel sind angesichts der Vergangenheit berechtigt."

Mi., 25.05.2022 - 21:08 Permalink
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Paul Tasser Mi., 25.05.2022 - 19:02

Der Mensch ist gleichermaßen dumm wie intelligent! Wie sonst ist es möglich, dass man in ganz Europa und darüber hinaus, unaufhörlich diskutieren muss wie man die Milchbauern unterstützen kann, wenn durch die Erhöhung des Milchpreises, beinahe alle Anforderungen die wir Kunden gerne an die Bauern stellen,gelöst werden könnten. Keine Massentierhaltung, keine Überdüngung,Landschaftspflege Almwirtschaft, keine Auszehrung der Kühe (sie können jahrelang Milch liefern) all dies wäre nachhaltig und umweltfreundlich.
Die Produktion von Fleisch hingegen, hat kein gutes Verhältnis zwischen Ressourcen Verbrauch und Nettoausbeute.Auch der Verkauf der gesamten Fleischteile sowie der Innereien,an die heimischen Betriebe bzw. Konsumenten, ist schlicht nicht möglich. Man braucht nur, egal in welchem Gastlokal, zu schauen was die Leute sich bestellen. Vor allem junge Menschen sind mit Tafelspitz, Suppe, Gulasch, Eintopf usw kaum zu begeistern.Aber die ganzen Produkte,welche sich aus Milch herstellen lassen, konsumieren wir in irgendeiner Form beinahe alle.

Mi., 25.05.2022 - 19:02 Permalink
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Profil für Benutzer Klemens Riegler
Klemens Riegler So., 29.05.2022 - 23:59

Antwort auf von Paul Tasser

Wie schon in einem Kommentar weiter oben erwähnt hat der reine Liter-Milchpreis keinen Einfluss auf das "Überleben" der Milchbauern. Er betrifft nur 5% der Milchwirtschaft und ist somit fast vernachlässigbar. Das Überleben garantiert die weitere sogenannte "Veredelung" und in der Folge die Endpreise jener Produkte.
Wobei schon klar sein muss, dass Kuhmilch im Prinzip keine Zukunft hat.

So., 29.05.2022 - 23:59 Permalink