Politik | Aufbau geht weiter

Mit zwei Volksbegehren

Den Demokratieabbau haben wir BürgerInnen verhindert - der Weg zu mehr und besserer Demokratie geht weiter.
Jetzt Direkte Demokratie endlich gut anwendbar machen!
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das gemeinsame Haus brennt
Foto: Initiative für mehr Demokratie

Das Referendum ist gerettet. Aber Volksabstimmungen werden mit den geltenden Regeln verhindert und Volksabstimmungen über bessere Regeln der Demokratie werden nicht zugelassen. Weder beschließende noch unverbindlich beratende. Also müssen wir auf das Volksbegehren zurückgreifen, auf das Recht, dem Landtag Gesetzesvorschläge zur verpflichtenden Behandlung vorzulegen. Wir zeigen damit noch einmal auf, was es braucht, um die Direkte Demokratie endlich anwendbar zu machen. Die Parteien werden noch vor den Wahlen im Oktober 2023 darüber zu entscheiden haben.

Mit dem Gesetz zur Direkten Demokratie von 2018 hatten wir gehofft, dass die direktdemokrati­schen Instrumente endlich anwendbar würden. Obschon diese seit 2001 vom Autonomiestatut vorgesehen sind, waren sie bis 2018 vor allem wegen des 40% Quorums und der hohen Hürden nicht zu brauchen. Gefehlt hat auch das Referendum. Das ist 2018 halbwegs in Ordnung gekommen.

Dann kam die Pandemie. Es war unmöglich, die Instrumente Direkter Demokratie zu nutzen. Mit einfacheren Regeln, vor allem mit der Online-Unterschriftensammlung wäre es dennoch möglich gewesen, mit niedereren und den einzelnen Instrumenten angepassten Hürden und einem erweiterten Kreis an Beglaubigungsberechtigten. Eine solche einfachere Nutzung schlagen wir jetzt mit einem Volksbegehren vor. Eine auch Pandemie taugliche Direkte Demokratie!
Aber es ist noch schlimmer gekommen: nicht nur, dass die Mehrheit im Landtag mitten in der Pandemie die Direkte Demokratie wieder abbauen wollte. 71.000 Menschen in unserem Land haben das mit der Volksabstimmung am 29. Mai verhindert. Wir haben auch feststellen müssen, dass die Volksinitiative (neben dem Referendum die zweite Säule der Direkten Demokratie) vor allem auch aus einem anderen Grund nicht anwendbar ist.

Ob ein Antrag auf Volksabstimmung zulässig ist oder nicht, entscheidet eine Kommission der Landesregierung, die aus ausgelosten Richtern besteht. Mit der Kommission, die in dieser Legislaturperiode im Amt ist, haben wir sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Sie hat alle Anträge, insgesamt sechs, abgelehnt. Mit fünf haben wir Vorschläge zu einer besseren Gestaltung der Demokratie vorgelegt über die die BürgerInnen in einer Volksabstimmung entscheiden können sollten. Obwohl das nirgendwo festgelegt ist, hat die Kommission entschieden, dass über Gesetzesvorschläge, die die Regeln der Demokratie betreffen, nur der Landtag entscheiden darf. Das war nicht immer so. Über solche Vorschläge haben wir schon 2009 abgestimmt. Also liegt es an der zufälligen Zusammensetzung der Kommission. Ihre Entscheidung ist also eine Frage des Glücks, ob die Kommissionsmitglieder Direkte Demokratie ablehnen oder befürworten. Das kann nicht sein. Gegen ihre Entscheidung kann zwar bei Gericht Rekurs eingelegt werden, man riskiert damit aber, zur Bezahlung der Verfahrenskosten der Gegenseite in fünfstelliger Höhe verurteilt zu werden. Zudem ist eine Befangenheit des Gerichts gegenüber dem Entscheid seines Mitglieds in der Kommission nicht auszuschließen.

Die sechste abgelehnte Volksinitiative wollte mit Gesetzesänderungen die gefährdete Artenvielfalt in Südtirol schützen. Mit der Art und Weise der Ablehnung muss man annehmen, dass es mit dieser Kommission grundsätzliche keine gesetzeseinführenden Volksabstimmungen geben wird. Damit vertritt sie ganz offensichtlich die Position der Landesregierung und der Landtagsmehrheit.

Wir schlagen deshalb mit einem zweiten Volksbegehren eine andere Zusammensetzung der Kommission vor. Zugleich arbeiten wir an einem Vorschlag zur klaren Begrenzung ihrer Aufgaben. Überdies wollen wir im Direkte-Demokratie-Gesetz unmißverständlich festgeschrieben haben, dass auch die Regeln der Demokratie von den BürgerInnen mitbestimmt werden können. Dass dies im Gesetz von 2018 nicht explizit ausgeschlossen wurde, ist von den schriftführenden Landtagsabgeordneten Magdalena Amhof und Brigitte Foppa versprochen und auch eingehalten worden. Die Kommission aber legt sich ihre eigenen Interpretationen zurecht, um die BürgerInnen davon auszuschließen.

Mit den zwei Volksbegehren verlangen wir die Verbesserung und Anwendbarkeit, die vor dem Referendum versprochen worden ist! Wer will, dass Direkte Demokratie nicht nur auf dem Papier steht, sondern endlich auch gut anwendbar wird, kann die zwei Vorschläge innerhalb September unterstützen. Kommen 10.000 Unterschriften zusammen, dann müssen die Gesetzesvorschläge noch vor den Landtagswahlen im Oktober 2023 im Landtag abschließend behandelt werden. Zu den Landtagswahlen werden wir dann also wissen, wer Direkte Demokratie wirklich praktiziert sehen will oder wer sie nur als ein schönes Aushängeschild vor sich her trägt.