Gesellschaft | Gegen Gewalt

Gaslighting erkennen und benennen

Mit einem Beschlussantrag der Grünen, durch den 'Gaslighting' als Form von Gewalt anerkannt wird, sollen die Opfer in ihrem Ausdruck bestärkt und geschützt werden.
Brigitte Foppa & Riccardo dello Sbarba
Foto: Grüne Verdi Verc

Zum Tag gegen Gewalt an Frauen rufen die Südtiroler Grünen dazu auf, genau hinzuschauen: Welche Formen von Gewalt gibt es? Wo fängt Gewalt an? Und welche Art von Gewalt verbirgt sich hinter bestimmten Verhaltensweisen? In einem Beschlussantrag, der am Mittwoch präsentiert wurde und der in der kommenden Woche im Landtag behandelt werden soll, weisen die grünen Abgeordneten Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba und Hanspeter Staffler auf eine besondere Form von Gewalt hin: das 'Gaslighting'.

 

Theater im Theater

 

Der Begriff rührt vom englischen Theaterstück "Gas Light" (1938): Im Stück geht es um die Beziehung eines Ehepaars, in der der Mann versucht, seine Frau in den Wahnsinn zu treiben. So verschwinden Dinge im gemeinsamen Haus und tauchen an den eigenartigsten Orten wieder auf. Die Frau kann sich die Vorkommnisse nicht erklären und ihr Mann redet ihr ein, dass sie selbst die Dinge verlegt habe und sich nicht mehr daran erinnern könne. Zudem flackert das Gaslicht im Haus auf eine eigenartige Weise. Der Mann bestreitet es und unterstellt seiner Frau, dass es sich um eine Einbildung handle. Wie sich am Ende des Stücks herausstellt, ist der Mann selbst für die Geschehnisse im Haus verantwortlich. Er hat seine Frau bewusst terrorisiert, indem er ihre Wahrnehmung infrage stellt.

"Diese erschreckende Form von Gewalt muss auch in Südtirol bekannt und benannt werden", so Foppa. In seiner schlimmsten Form läuft Gaslighting in einer Beziehung darauf hinaus, dass es eine 'gesunde' Person gibt, die mehr oder weniger immer recht hat, und eine zweite Person, die 'nicht gesund' ist und immer falsch liegt. Das Opfer von Gaslighting vertraut seinen eigenen Gefühlen nicht mehr, weil diese vom Gegenüber marginalisiert und infrage gestellt werden. "Stellt sich das Opfer mit zunehmender Häufigkeit die Frage, ob es einerseits den Aussagen des oder der anderen noch glauben – und andererseits den eigenen Empfindungen noch trauen kann, dann ist es der Kontrolle des Gegenübers bereits ausgeliefert", so die grünen Abgeordneten in einem Schreiben.

Zudem verweisen sie darauf, dass die bayrische Landesverwaltung den Begriff 'Gaslighting' als Unterform von psychischer Gewalt institutionalisiert und somit einen ersten Schritt gesetzt hat, um das Problem als solches zu erfassen und dagegen vorzugehen. Diesem Beispiel kann uns muss Südtirol folgen, um diese Form der psychischen Gewalt gezielt zu bekämpfen.

 

Der Beschlussantrag

 

Geht es nach den Grünen, so soll diese Form von Gewalt nun offiziell anerkannt werden und somit auch unter den Schutz des Landesgesetzentwurfs gegen Gewalt an Frauen gestellt werden. "Aufgrund des von Brigitte Foppa vorgeschlagenen Passus, der Formen von Gewalt 'die künftig als solche definiert werden und (…) jene, die von Frauen als solche wahrgenommen werden' anerkennt, ist es möglich den Gesetzesschutz auf neue Formen von Gewalt auszuweiten", so die Grünen. Wie wichtig es sei, von einem dynamischen Gewaltbegriff auszugehen, werde am Beispiel von 'Stalking' deutlich: "Stalking ist in Italien seit 2009 eine Straftat. Auch vorher gab es Opfer von Stalking, allerdings war es für die Opfer dieser terrorisierenden Form des Nachstellens vor 20 Jahren schwierig, sich selbst, ihrem Umfeld und nicht zuletzt dem Rechtsstaat begreiflich zu machen, welche Art von Unrecht ihnen geschah. Heute ist der Begriff geläufig: Stalking, das im schlimmsten Fall - wie bei der Tötung einer jungen Frau in Eppan im März 2020 - zu Gewaltverbrechen bis hin zu Mord führen kann, wird erkannt und benannt."

Der Beschlussantrag der Grünen sieht vor,

  1. das Phänomen 'Gaslighting' als Form von psychischer Gewalt anzuerkennen, gegen das es gezielt vorzugehen gilt.
  2. den Internetauftritt "Gewalt hat viele Gesichter" der Landesverwaltung zu aktualisieren und ihn um neue Erkenntnisse, Anlaufstellen etc. zu ergänzen.