Kultur | Fakultät für Design

Die Ateliers öffnen ihre Tore

Am Ende des Wintersemesters stellen die Studierenden der Fakultäten für Design und Künste und des Masters in ökosozialem Design ihre Projekte aus.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: unibz

In sechs Projektgruppen sind rund 80 Arbeiten umgesetzt worden, die am 20. und 21. Januar in den Studios begutachtet werden konnten. Diese Produkte sollten vor allem Erstsemester in die Arbeitsweisen der Fakultät einführen. Wie sich junge Studierende dem Thema des Gestaltens nähern, ist dem Dekan der Fakultät Steffan Schmidt-Wulffen bekannt: „Die meisten der Studienanfänger kommen mit Kunstvorstellungen zu uns, die mit der heute etablierten künstlerischen Praxis nichts zu tun haben. Ihre Vorbilder sind häufig 100 oder 150 Jahre alt. Im ersten Semester, das wir Warm Up nennen geht es also vor allem darum, an diese zeitgenössische Praxis heranzuführen und die Vorstellungen zu korrigieren. Diese Asigments, das ist uns natürlich bewusst, sind eine Art Eselsbrücke. Deshalb akzeptieren wir auch, wenn sich Studierende verweigern oder eigene Wege gehen. Meist entstehen jedoch erste Produkte, die dann Anlass zu vielen Gesprächen geben. In diesem Einstiegssemester haben die Studierende sechs bis sieben Ansprechpartner. Diese kontinuierliche, auch kontroverse Betrachtung und Diskussion der eigenen Arbeiten ist der erste wesentliche Entwicklungsschritt.”

 

Die ausgestellten Werke entstammen unterschiedlichen Studienzweigen. Von Produkt- über Grafik-design bis hin zu visueller Kommunikation ist alles vertreten. „Aus praktischer Sicht geht es in einem grundständischen Bachelorstudium ja vor allem darum, Grundlagen des Entwerfens zu lernen. Da muss ich als Produktdesigner andere Werkzeuge beherrschen lernen als ein Grafikdesigner. In Bozen betreiben wir eine transdisziplinäre Designausbildung. D.h. wir glauben auch, dass grundlegende Fähigkeiten zur Entwicklung eines Entwurfs in beiden Disziplinen ähnlich sind. Deshalb teilt sich bei uns das Designstudium zu gleichen Teilen in Produkt- und Grafikdesign,“ sagt Schmidt-Wulffen. Aber auch die Grenze zwischen Design und Kunst könne man nicht mehr eindeutig voneinander trennen: „Die Kunst ist in den letzten Jahrzehnten wesentlich zu einer praktischen Gesellschaftskritik geworden. Sie ähnelt damit dem, was wir Social Design nennen. Das Design andererseits hat sich eine Ebene praktischer Reflexion erarbeitet. Wenn sie hier mit Designprodukten nachdenkt, dann sind diese Produkte ohne industrielle Zwecksetzung und sehen durchaus wie Kunstwerke aus.“ Aus diesem Grund ermöglicht die Uni Bozen den Wechsel der Studierenden zwischen den beiden Studienzweigen. Über einen Master, der diese Nähe von Kunst und Design thematisieren soll, wird bereits nachgedacht.

 

Besondere Aufmerksamkeit verdient der neu eingerichtete Studienzweig Kunst, dessen Studierende ebenfalls eine erste Orientierungsphase durchlaufen haben, die mit künstlerischen Arbeiten belegt wird. Mit ihren Exponaten des GOG werden die Studierenden in der kommenden Woche die Abschlussprüfungen des Semesters bestreiten.  Die Besucher werden dadurch in besonderer Weise zu Teilnehmern des Geschehens. „Wir wollen den Bürgern unserer Stadt, der Region, einen Einblick geben in unsere Arbeit. Das ist auch ein Stück Rechenschaft“, meint Dekan Schmidt-Wulffen.

 

Die Aufgaben, die den jungen Studierenden gestellt wurden beschäftigten sich mit Fragen zum Verhältnis vom Individuum zur Gruppe oder die soziale Prägung der Öffentlichkeit. Die Ergebnisseder Diskussionen wurden in der Ausstellung ebenfalls arrangiert. Die Aufgabe von Kunst und ihr Einfluss auf die Gesellschaft sehen laut Schmidt-Wulffen heute anders aus: „Die Kunst hat ihre traditionellen Aufgaben, die sie im 18. Und im 19. Jahrhundert hatte verloren. Die Autorität eines Matisse oder eines Picasso existiert nicht mehr. Ihre Legitimation bezieht Kunst heute aus der Arbeit einer sozialen Gruppe. Es geht um eine gemeinsame Kulturproduktion, in der eine Unterscheidung von Produzent und Rezipient kaum mehr sinnvoll ist, die aber gleichzeitig auch Voraussetzung für so etwas wie Identitätsbildung ist. Wenn sie nach der Aufgabe von Kunst fragen, dann bleibt mir immer das radikale Statement meiner Freundin Chantal Mouffe im Kopf: Den Künstlern ist heute nichts mehr anderes geblieben als kritische Subjekte zu konstruieren.“

 

Die Ausstellung behandelte die verschiedensten Themen. Eine Projektgruppe beschäftigte sich mit Objekten der Südtiroler Alltagskultur und versuchte daraus, Gebrauchsgegenstände zu kreieren. So entstand etwa ein Hocker mit integriertem Melkschemel als Sitzgelegenheit. Lampen und Uhren, Kamine und Kacheln entstanden, aber auch das Thema der Fotographie und des Films kamen nicht zu kurz. Schlussendlich fand auch das Thema Umweltschutz seinen Platz: die Studierende des Masters für ökosoziales Design haben sich um die Beleuchtung des Hauses der Solidarität in Brixen gekümmert. Zu dem Kurzprojekt gehören handgestrickte Lampenschirme und umfunktionierte Nudelsiebe, die dem Haus eine intimere Note verleihen sollen.

 

Professor Schmidt-Wulffen war ebenfalls anwesend, und stand für Gespräche und Fragen zur Verfügung. Das diesjährige GOG bezeichnet er als großen Erfolg: „Das war wohl das beste GOG seit langem. Ich habe mir als Dekan vorgenommen, die Arbeit der Fakultät wieder stärker in der Öffentlichkeit zu positionieren. Dieses GOG war ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung. Zwei Ausstellungen pro Jahr scheinen mir für unsere kleine Fakultät völlig ausreichend. Aber natürlich können wir es nicht beim Ausstellen belassen.“ Eine Reihe von Kooperationsprojekten mit Südtiroler Unternehmen sei demnach bereits im Gange. Ob sich die Fakultät stärker und nachhaltiger als Partner positionieren kann, wird sich zeigen. Für Herrn Schmidt-Wulffen seht jedoch fest, dass die Universität mehr ist als nur ein Forum für Lehre und Forschung. „Die Universität ist für mich kein Elfenbeinturm, sondern sie muss im Dialog um die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung des Landes einen produktiven Beitrag liefern.“