Chronik | Doping

Das Präzedenzurteil

Das Landesgericht hat die beiden Sportärzte Giuseppe Fiorella und Pierluigi Fischetto, sowie die FIDAL-Funktionärin Rita Bottiglieri wegen Beihilfe verurteilt.
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Foto: Othmar Seehauser
Pünktlich um 10 Uhr verlas am Donnerstag die Vorsitzende Richterin Carla Scheidle das Urteil. Wegen Beihilfe zum Doping wurden die beiden Sportärzte Giuseppe Fiorella und Pierluigi Fischetto zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt. Gleichzeitig wurden den beiden Ärzten ein Berufsverbot für dieselbe Zeit und eine lebenslange Sperre in allen leitenden Funktionen der offiziellen Sportverbände auferlegt. Zudem muss jeder eine Geldstrafe von 10.000 Euro zahlen.
Ebenso verurteilt wurde die auch die leitende Funktionärin des italienischen Leichtathletikverbandes (FIDAL), Rita Bottiglieri. Sie erhielt 9 Monate Haft und und eine Geldstrafe von 4.000 Euro.
Das Urteil ist mehr als nur ein Schuldspruch. Es ist ein juridischer Präzedenzfall, der weit über Bozen hinaus, noch für Schlagzeilen sorgen wird. Denn zum ersten Mal wurden in Italien Funktionäre und Ärzte verurteilt, weil sie den Dopingmissbrauch von Athleten gedeckt und nicht gemeldet haben.
Das Verfahren gegen die drei prominenten Sportfunktionäre ist ein Folgeverfahren aus der Doping-Affäre um Alex Schwarzer. Schwazer hatte nach seinem Geständnis mit den Ermittlern eng zusammengearbeitet und das weit verbreitete System des Wegschauen der verantwortlichen Sportmediziner und mancher Verbandsfunktionäre aufgedeckt. Dem Bozner Oberstaatsanwalt Giancarlo Bramante und den Ermittlern der Carabinierisondereinheit ROS gelang es in der Folge auf Computern und Datenträgern bei den drei Beschuldigten Beweise zu beschlagnahmen, die Schwazers Behauptungen untermauern.
Wie bereits in mehreren Dopingprozessen, etwa beim Verfahren gegen Gottlieb und Daniel Taschler und dem Arzt Michele Ferrari fand auch diesmal auf der Klägerseite ein inzwischen eingespieltes Team zusammen. Denn die Weltantidopingagentur WADA hat sich mit ihrem Anwalt Stefano Borella als Nebenklägerin in das Verfahren eingelassen.
 
Als letzten Befreiungsschlag hatten die Verteidigung der drei Angeklagten versucht, dem Gericht zu vermitteln, dass es den Ärzten und Funktionären nicht erlaubt sei, sich bei Dopingkontrollen einzumischen. Genau das aber konnte WADA-Anwalt Borella und Staatsanwalt Bramante durch Vorgaben der Weltdopingagentur deutlich widerlegen.
Mit diesem Schuldspruch hat die Bozner Staatsanwalt nicht nur alle Dopingprozesse mit Erfolg abgeschlossen, sondern auch ein Fanal in der italienischen Sportwelt gesetzt. Denn zum ersten Mal wurden führende Sportärzte und Anti-Dopingbeauftragte verurteilt und ein System des Wegschauens offen gelegt.
Dieses Erdbeben sieht man dann auch, als möglichen Hintergrund für ein noch laufendes Verfahren. Die Manipulation der Dopingproben von Alex Schwazer. Die Frage, die dabei über allen steht. Hat hier jemand versucht, den Kalcher Ankläger zu diskreditieren und auszuschalten, um zu verhindern, dass die Mitwisser- und Täterschaft wichtiger Sportfunktionäre nicht ans Tageslicht kommen?
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