Fico. Roberto
Foto: upi
Politik | Italien

Auf in die dritte Republik

Drei Wochen nach der Wahl startet Italien in eine neue politische Ära, in der die Weichen für einen umfassenden politischen Wechsel gestellt sind. 
25 Jahre nach seiner ersten Wahl hat Silvio Berlusconi noch ein (vermutlich letztes) Signal gesetzt und die Wahl seiner bedingungslosen Anhängerin Maria Elisabetta Casellati zur Senatspräsidentin durchgesetzt. Die 71-jährige ist die erste Frau im zweithöchsten Staatsamt.
Für radikales Umdenken steht dagegen der neue Kammerpräsident Roberto Fico. Der 43-jährige war in der Fünf-Sterne-Bewegung ein Mann der ersten Stunde und übte als Vorsitzender der Rai-Überwachungskommission bereits eine wichtige Kontrollfunktion aus. Nach den anfänglichen Kontrasten verlief die Wahl erstaunlich reibungslos.  
Nach Ostern beginnt Staatspräsident Sergio Mattarella mit den Beratungen zur Bildung einer neuen Regierung. Dabei ist mit einem mehrwöchigen Tauziehen über Programm und Regierungsmannschaft zu rechnen.
Lega-Chef Matteo Salvini und der Vorsitzende der Fünfsterne-Bewegung Luigi di Maio machen sich  das Amt des Regierungschefs streitig  Zwischen den beide Populisten gibt es einige Gemeinsamkeiten, etwa die Forderung nach Steuersenkungen, der teilweisen Abschaffung der Fornero-Pensionsreform, der Armutsbekämpfung  und der umstrittenen Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Die Fünf-Sterne-Bewegung hat mit über 11 Millionen fast doppelt so viele Stimmen eingefahren wie die Lega.Strittig bleibt die Rolle von Silvio Berlusconi, den die Grillini endgültig aus der Politik verbannen wollen.
 
Denkbar wäre auch eine vom Staatspräsidenten vorgeschlagene neutrale Persönlichkeit als Premier.
Eine wesentliche Streitfrage werden die Kosten der von Lega und Fünfsterne-Bewegung geforderten Reformen sein.  Allein die Abschaffung der Legge Fornero wird auf 140 Millarden Euro veranschlagt. Die Erhöhung der Mindestrenten auf 1000 Euro soll 18 Milliarden kosten, das Grundeinkommen rund 18 Milliarden.
Der Staatspräsident wird bei den Verhandlungen  vor allem auf realisierbare und realistische Reformen pochen und vermutlich auch auf die Ernennung parteiloser Experten zu deren Durchführung. Zu den zentralen Themen gehört die Verabschiedung eines neuen Wahlrechts, das Mehrheitsbildung und Regierbarkeit gewährleistet. 
Rätselhaft bleibt die Rolle des Partito Democratico, der  mit seinen fast 20 Prozent völlig abseits steht und in Zukunft Opposition betreiben will. Die völlig zerrüttet wirkende Partei scheint unter Identitätsverlust zu leidenund riskiert damit eine zweite Abstrafung durch die Wähler. Fraktionschef Luigi Zanda:  "Rischiamo l'archiviazione."

 

Bild
Profil für Benutzer Karl Trojer
Karl Trojer Mo., 26.03.2018 - 12:30

Herr Kunze, Italien ist kein "Kartenhaus". Stellt man sich "italienische Zustände" in Deutschland vor, so würde eine Panik ausbrechen... Im Vergleich dazu sichern die Kreativität und das Engagement der italienischen Peripherie das Überleben.

Mo., 26.03.2018 - 12:30 Permalink