Luca Zaia
Foto: Facebook/Luca Zaia
Politik | Zaia-Revival

Der erstaunliche Höhenflug des Luca Zaia

Venetiens-Präsident ist nach Giuseppe Conte Italiens populärster Politiker.

Die Nachricht war sogar der hochnäsigen Londoner Financial Times, die gerne aus der Höhenluft des britischen Geldadels auf Italien herunterblickt, eine Schlagzeile wert: "Political hero of Italy's coronavirus takes shine of Salvini." Der Anlass: In der jüngsten Umfrage über die beliebtesten Politiker der Halbinsel platzierte sich Venetiens Präsident Luca Zaia hinter Premier Giuseppe Conte auf Platz zwei – mit einer Zustimmung von 50 Prozent. Damit stiess der Lega-Veteran seinen eigenen Parteichef Matteo Salvini vom Podest – mit überraschender Deutlichkeit.

Der versuchte umgehend in gewohnter Anbiederung, an diesem Erfolg teilzuhaben: "Ci sentiamo ogni giorno per telefono" – gerade so, als würde er seinem venezianischen Kollegen die Erfolgsrezepte suggerieren.
Doch Bossi-Nachfolger Roberto Maroni legte prompt den Finger in die Wunde: "A Salvini piace essere al governo. Ma non gli piace il gioco di squadra". 
Im Unterschied zu Salvini weiss Zaia ausserdem genau, wovon er spricht. Und er leidet  nicht unter der notorischen Selbstgefälligkeit seines Parteichefs, der mit 18 in die Politik eingestiegen ist und seither allen anderen genau jenen poltronismo  vorhält, den er selbst seit Jahrzehntenn vorexerziert.
Zaia dagegen war schon Anfang der 90-er Jahre in der Liga Veneta aktiv, 1993 wurde er in den Gemeinderat seiner Heimatortes Godega  gewählt und besuchte in Conegliano die älteste Weinbauschule Europas. In Udine promovierte er zum Veterinärmediziner. Er war Präsideht der Provinz Treviso und amtierte in der Regierung Berlusconi als umtriebiger und kompetenter Landwirtschaftsminister. 2008 wurde er zum Präsidenten des Veneto gewählt. Als solcher war er Initiator des erfolgreichen Referendums für die Autonomie der Region. Viele sehen in ihm den geeigneten Nachfolger des angeschlagenen Parteichefs Matteo Salvini. 
 
Die Lega, die bei der Europawahl vor zwei Jahren 34 Prozent der Stimmen erobert hatte, liegt jetzt unter der 25 Prozent-Marke. Und das klägliche Covid-Versagen in ihrer Hochburg Lombardei bringt ihr mit Sicherheit keinen neuen Rückenwind.
 
Auch Salvinis permanentes Trommelfeuer gegen Brüssel, die EU und Kanzlerin Merkel erweist sich angesichts der jüngsten Entwicklungen in  Europa als Fehlschlag. Salvinis Zulauf auf den Plätzen der Halbinsel hat deutlich nachgelassen, seit er kein Regierungsamt mehr bekleidet. Auch innerhalb der Lega wächst die Kritik an seiner Politik. Giancarlo Giorgetti, der einflussreiche Wirtschaftsexperte der Partei, warnt vor unnützen Polemiken und plädiert für einen Strategiewechsel: "Di fronte a tanti morti  bisogna mantenere un atteggiamento responsabile, non fare risse in TV". 
Für Giorgetti sind nordismo und sovranismo keine geeigneten Themen mehr, um einen Wahlerfolg zu garantieren. Er plädiert nach dem Covid-Desaster für eine Regierung der nationalen Einheit. Eine Rückkehr Salvinis in die Regierung Conte freilich ist angesichts seiner permanenten Attacken auf den Premier nicht vorstellbar. Viele in der Lega sehen in Zaia den richtigen Mann. Aber dazu müsste er das Präsidentenamt im Veneto abgeben – schwer vorstellbar.
Nun besteht er darauf, die wegen der Pandemie verschobenen Regionalwahlen im Veneto  im Juli abzuhalten. Sie würden ihm einen plebiszitären Erfolg gewährleisten: "Non votare a luglio è una sospensione della democrazia." Dabei erhält er Schützenhilfe aus dem linken Lager. Emiliens Präsident Stefano Bonaccini: "Zaia ed io siamo sullo stesso fronte. Questa crisi non è di destra o sinistra."  
 
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Stereo Typ Mo., 25.05.2020 - 22:46

Vielleicht sollte man dazu auch sagen, warum Zaia aktuell so beliebt ist. Ähnlich dramatisch mit Covid-19 gestartet wie die Lombardei hat Venetien die Pandemie unter Kontrolle bekommen und damit viele Menschenleben retten können. Das vergessen ihm die Veneti nicht, ganz gleich welcher politischer Couleur.

Mo., 25.05.2020 - 22:46 Permalink