Kultur | Salto Afternoon

Addio San Siro?

Die Diskussion zur Nachhaltigkeit "historischer Sportstätten" ist seit dem Olympia-Zuschlag 2026 neu entflammt. Eine Stadion-Geschichte, die nach Südtirol führt.
San Siro
Foto: Werner Feiersinger

Werden die Olympischen Spiele 2026 im Mailänder Stadion San Siro eröffnet? Geht es nach den Fußballklubs Inter Mailand und AC Mailand ist die Antwort eindeutig: Nein, denn das alte San Siro soll einem Stadion-Neubau weichen.


Milan-Präsident Paolo Scaroni erklärte am Montag gegenüber italienischen Medien, dass ein „neues San Siro“ neben dem alten entstehen soll. Als am Abend dann Milano-Cortina den Zuschlag für die Winterspiele 2026 bekam, meinte Mailands Bürgermeister Giuseppe Sala – er stellt sich gegen einen Neubau –, „dass die Eröffnungsfeier 2026 im alten San Siro stattfinden wird“, dies sei auch fester Bestandteil der italienischen Kandidatur für Olympia gewesen.

Das Stadionspiel Alt gegen Neu geht damit wohl in die Verlängerung.


Das Mailänder Stadion wurde Mitte der 1920er Jahre im Stadtteil San Siro erbaut und Mitte der 1930er Jahre ein erstes Mal renoviert. In diesen Jahren wird es auch zum Spiel- und Heldenplatz des legendären Giuseppe Meazza, dessen Name das Stadion ab den 1980er Jahren führen wird. Im Volksmund blieb bis heute die gängige Bezeichnung San Siro erhalten.


Mitte 1950er Jahre hat auch ein in Bozen umtriebiger Architekt an der Mailander Fußball-Scala Hand angelegt: Armando Ronca. Gemeinsam mit  Ferruccio Calzolari hat er das Stadion erweitert.


Armando Ronca wurde 1901 in Verona geboren. Er studierte in Genua und Turin und nahm bereits 1929 als junger Gestalter am Erweiterungswettbewerb der Stadt Bozen teil. Danach folgten Jahre zwischen Trient und Mailand, bevor er sich in Bozen niederließ, hier entwarf und baute – mitunter im guten Einvernehmen mit dem faschistischen Regime. 

Als Mittler moderner Architekturimpulse verband er Oberitalien mit Südtirol, die Metropole mit der Provinzhauptstadt.

Kunsthistoriker Jörg Stabenow schreibt im Architekturbuch Armando Ronca, Architektur der Moderne in Südtirol, 1935-1970, dass Ronca „den größten Teil seines Berufslebens als Pendler zwischen Mailand und Bozen“ verbrachte und dass Mailand jener Ort war, „an dem er seine Maßstäbe definierte und sein Formbewusstsein schulte; in Bozen lag der Schwerpunkt seiner persönlichen Recherche als praktizierender Architekt. Diese Zweipoligkeit ist Ausdruck und Grundlage der architektonischen Mittlerrolle, die Ronca übernahm: Als Mittler moderner Architekturimpulse verband er Oberitalien mit Südtirol, die Metropole mit der Provinzhauptstadt."


Wer im Mailänder Stadion-Derby am Ende als Sieger vom Platz gehen wird: die historisch gewachsene Sportstättenarchitektur oder ein Neubau in kapitalistischer Shopping- und Unterhaltungsmeilen-Manier? Derzeit scheint das Ergebnis nicht so klar zu sein wie das Resultat beim Eröffnungsspiel im September 1926: AC Mailand – Inter Mailand 3:6.