Wirtschaft | Gig economy

Arbeit auf Plattformen und neue Regeln

Die Verbreitung von digitalen Plattformen als Instrumente für die Organisation der Produktion von Waren und Dienstleistungen steigt und stellt eine Herausforderung dar.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Gig economy - Pixabay

Angesichts der aktuellen Entwicklungstrends und den wissenschaftlichen Vorhersagen werden Plattformen unweigerlich zu einem organisatorischen Paradigma werden. Unternehmen werden die verschiedenen Bereiche ihrer Tätigkeiten digital integrieren, angefangen von den festen Strukturen bis hin zur Arbeit. Durch Programmiersysteme wird der intensive Einsatz von Robotern und künstlicher Intelligenz immer mehr zunehmen, einerseits um die menschliche Arbeit zu unterstützen, andererseits aber auch, um sie teilweise zu ersetzen. Durch die neuen Technologien wird sich die abhängige Arbeit immer stärker verändern. Die kognitive Arbeit, die diese erfordern, bringt in der Regel eine größere Entscheidungsautonomie mit sich. Darüber hinaus ist es sehr wahrscheinlich, dass hochdigitalisierte Unternehmen vermehrt auch selbstständige Mitarbeiter nutzen werden, auch wenn diese normalerweise in die Unternehmensorganisation eingebunden sind.

Auch der Anteil der prekären Arbeitnehmer, die nur gelegentlich beschäftiget werden, dürfte weiterhin deutlich zunehmen und eine weitere Verschlechterung für die Beschäftigung in den Unternehmen bewirken. Analysen und wissenschaftliche Debatten über die so genannte „gig economy“ nehmen immer mehr zu, oftmals mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Einige Studien sind dabei dem Ausmaß dieser Neuerungen und den Arbeitsbedingungen in der Gig-Wirtschaft gewidmet. Umstritten ist die Frage, wo die rechtlichen Grenzen zwischen abhängiger und autonomer Arbeit liegen, obwohl es sich hierbei um eine Kernfrage handelt. Die Diskussionen beschäftigen sich auch mit den Rechten der Arbeiter, angefangen bei einem angemessenen Lohn, dem Verbot von Akkordarbeit, der Wahrung der Privatsphäre des Einzelnen und der Kontrolle der Algorithmen. Für die CGIL ist eine mögliche Antwort die „Allgemeine Charta der Arbeitsrechte“, die als Gesetzesinitiative im Parlament liegt. Es gilt, alte Rechte zurückzugewinnen, die per Gesetz abgeschafft wurden und ein neues Arbeitsrecht zu verabschieden, das den Bedürfnissen und Veränderungen der Arbeitswelt Rechnung trägt und alle Bedienstete rechtlich schützt.

Diese Diskussion ist in Italien erstmals durch die sogenannten „Rider“ in den öffentlichen Fokus getreten. Die Regierung hat gesetzliche Maßnahmen angekündigt, um deren Ausbeutung zu unterbinden. Ein Gesetz, das in der Lage ist, Flexibilität und neue Formen der Beschäftigung mit geschützter und würdevoller Arbeit zu verbinden, wäre sicherlich zu unterstützen. Allerdings sind wir nach wie vor der Meinung, dass der richtige Weg derjenige ist, den wir in einem einheitlichen Dokument eingebracht haben. Demnach sollte der nationale Tarifvertrag auf alle Bedienstete ausgeweitet und angewandt werden. Diskutiert man aber nur über die Fahrradkuriere, so ist dies eine unzureichende Antwort auf das gesamte Phänomen.

Ein solches Gesetz sollte grundsätzlich für alle Arbeitnehmer in der gig economy oder auf den Plattformen gelten. In den nationalen Tarifverträgen sind diese Arbeitnehmer bereits berücksichtigt. Es gilt aber zwischen den Sozialpartnern nun geeignete Lösungen zu suchen, um den unterschiedlichen Besonderheiten, die diese Tätigkeiten charakterisieren, Rechnung zu tragen. Man bedenke nur, dass diese Arbeitnehmer oftmals von einer App abhängig sind, die den Ort, die Zeit und die Art der Dienstleistung bestimmt.  Durch die Anwendung der nationalen Kollektivverträge kann man diesen Arbeitnehmern neben finanziellen Aspekten auch den Sozial- und Unfallschutz besser garantieren.

Dabei sind für diese Arbeitnehmer in den Verträgen noch zusätzlich folgende Aspekte zu berücksichtigen:

- “Algorithmen" die Entscheidungen, Bewertung der Bediensteten oder die Qualität der Dienste betreffen, müssen in die Tarifverhandlungen in Hinblick auf ihre Funktionsweise und ihrer Anwendung eingebaut werden;

- das Recht auf „Abschaltung“ der digitalen Betriebsstrukturen muss geregelt werden;

- Bereitstellung von Zusatzversicherungen zu Lasten der Unternehmen, zur Deckung von Schäden an Dritten, die im Rahmen der Arbeit entstehen, die derzeit oftmals rechtlich als autonom gilt;

- Abkommen für die Wartung der verwendeten Fahrzeuge in den Bereichen, die dies vorsehen;

- Das Recht auf gewerkschaftliche Vertretung, Gewerkschaftstätigkeit, Streikrecht, sowie der Nichtdiskriminierung für diese Arbeitnehmer ist zu regeln;

- das Recht auf Privatsphäre.

Auch für Arbeitnehmer, auf die, auch auf eigenen Wunsch, ein abhängiges Arbeitsverhältnis nicht anwendbar ist, muss auf jeden Fall ein Schutz ähnlich dem einer untergeordneten Arbeit definiert werden. Dies gilt insbesondere für: Gesamtvergütung, wie in den Kollektivverträgen für ähnliche Tätigkeiten vorgesehen, tägliche Ruhezeiten, Urlaub, Krankheit, Mutterschaft, Unfallschutz, Zuschläge bei Verfügbarkeit und Schulung. Eine gesetzliche Maßnahme zur allgemeinen Anwendbarkeit des Kollektivvertrages, auch für Beschäftigte in all diesen Bereichen, wäre sicherlich positiv. Weniger überzeugend ist aus unserer Sicht ein Gesetz für diese Art von Arbeit, da durch digitale Geräte geregelte Arbeitsmodelle vielschichtig und sehr komplex sind. Zudem kommen immer neue Arbeitsformen dazu. Ein Gesetz ist dann meist zu schwerfällig. Kollektivverträge sind diesbezüglich flexibler und auch leichter an neue Gegebenheiten anzupassen.

Will der Gesetzgeber trotzdem ein Gesetz verabschieden, sollte man sich auf eine Ausweitung bestimmter Garantien konzentrieren, die grundsätzlich Alle betreffen wie z.B. die INPS-Beiträge oder die Unfallversicherung. Auch wird ein hoher Turnover beim Personal wird in unsicheren Zeiten von den Unternehmen einer stabilen Anstellung mit mehr Garantien vorgezogen, oftmals als Scheinselbstständige Hier könnte man zumindest eine zahlenmäßige Höchstgrenze in das Gesetz einbringen.