Wirtschaft | Sparkasse

Scharfe Rüge & Ermittlung

Die Stiftung Sparkasse wird nicht für eine Haftungsklage stimmen. Man wird aber eine harte Rüge aussprechen und die Bestrafung der Schuldigen fordern.

Niemand will etwas sagen. „Wir haben noch nichts beschlossen“, ersucht Konrad Bergmeister um Verständnis, „deshalb kann ich auch nichts sagen“. Der Stiftungspräsident blufft nicht (ganz). Der Verwaltungsrat der Stiftung Sparkasse trifft sich erst heute, Dienstag um die offizielle Gangart für die Aktionärsversammlung der Südtiroler Sparkasse festzulegen. Ab 17.30 Uhr wird sich dann im Bozner Waltherhaus entscheiden, ob es zu einer Haftungsklage gegen die frühere Spitze und die ehemaligen Verwalter der Sparkasse kommt oder nicht.
Die Anzeichen gehen aber in eine klare Richtung: Auch im dritten Anlauf wird es nicht zur Haftungsklage kommen.

Die Kleinaktionäre

Der Verbund der Kleinaktionäre, dem rund 300 Mitglieder angehören, die zusammen 1,91 Prozent der Aktien halten, hat bereits am Montag in einer Pressaussendung erklärt, dass er seinen Mitgliedern für die Abstimmung keine Empfehlung erteilen wird. „Der Verbund überlässt es jedem Mitglied selbst bei der Abstimmung nach bestem Wissen und Gewissen zu entscheiden“, erklärt der Vorsitzendes des Verbundes Stephan Jäger. Jäger, der selbst zwei Jahre – von April 2014 bis April 2016 - für die Kleinaktionäre im Verwaltungsrat des Sparkasse saß, verweist darauf, dass auch im Verbund ein durchaus kontroverse Diskussion zur Haftungsklage gibt. In der Presseaussendung heißt es:

„Die Einleitung einer Haftungsklage hat den Vorteil dass eventuelle Verantwortlichkeiten von einem neutralen Gericht geklärt werden können, für Bank und Betroffene ist dieser Weg jedoch auch belastend. Auf die Klage zu verzichten hätte dagegen den Vorteil dass die Bank sich schnell auf die Zukunft konzentrieren könnte, allerdings ohne die Klärung eventueller Verantwortlichkeiten am hohen Wertverlust der Sparkasse-Aktien.“

Dieser letzte Punkt liegt den Kleinaktionären sehr am Herzen, was viele Mitglieder des Verbundes klar bekundet haben.


Stephan Jäger: Klärung eventueller Verantwortlichkeiten“

 

Der Blindflug

Eine ähnliche Diskussion gibt es seit Monaten auch innerhalb der Stiftung Sparkasse. Die Stiftung hält 65,81 Prozent der Bank. Damit ist klar, dass sie alleine in Sachen Haftungsklage entscheidend ist.
Der Verwaltungsrat der Bank hat den eigenen Hauptaktionär ordentlich in die Bredouille gebracht. Er hat bei der Mailänder Kanzlei Chiomenti ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das zum Schluss kommt, das man eine Haftungsklage gegen die ehemaligen Sparkassen-Verwalter einleiten soll. Diese Haftungsklagen – strategisch aufgeteilt in vier verschiedene Kategorien und Beschlüsse – und vom Sparkassen-Verwaltungsrats verabschiedet, stehen heute, Dienstag auf der Tagesordnung der Aktionärsversammlung.
Doch die Bankenführung um Gerhard Brandstätter hat beschlossen, das sündteure Rechtsgutachten top secret zu halten. Den Aktionären wird nur eine 12seitige Zusammenfassung vorgelegt. Auch die Stiftung hat nicht mehr Informationen bekommen.
Das Ganze wird damit zu einer Art Blindflug für die Stiftung.

Das Gegengutachten

Nach Informationen von salto.bz hat Stiftungspräsident Konrad Bergmeister deshalb bei einem römischen Universitätsprofessor und einen Fachmann in Verona weitere Gutachten eingeholt. Das Ergebnis der Expertisen: Die Haftungsklage sei eine äußerst unsichere Sache. Kostenpunkt zwischen 350.000 und 700.000 Euro und mit einer durchschnittlichen Dauer von 10 Jahren. Vor allem sei äußerst unklar, was auch im Falle einer Annahme der Klage vor Gericht bei den ehemaligen Verwaltern wirklich zu holen sei.

Stiftungspräsident Konrad Bergmeister: Schwierige persönliche Gratwanderung.

Unterm  Strich soll herauskommen, dass sich Aufwand und Ergebnis kaum die Waage halten. Vor allem wenn man mitberechnet, dass die Sparkasse damit noch weitere Jahre in den Schlagzeilen sein wird. In diesem Fall muss man auch den Imageschaden mitberechnen. „Der Bank nützt es sicher nicht, wenn sie noch jahrelang mit Negativmeldungen in den Medien ist“, sagt ein Stiftungsrat.
Vor diesem Hintergrund dürfte die Stiftung auf der Aktionärsversammlung der Haftungsklage nicht zustimmen.

Die Verantwortlichkeiten

Absolut einig ist man sich in der Stiftung aber, dass die Verantwortlichkeiten für die Millionenverluste lückenlos aufgedeckt und die Verantwortlichen, sollten sie wirklich fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt haben, zur Rechenschaft gezogen werden müssen.Vor diesem Hintergrund wird der Verwaltungsrat der Stiftung wenige Stunden vor der Aktionärsversammlung eine Entschließung verabschieden, die eine harte Rüge gegen die ehemaligen Sparkassen-Verwalter sein soll. „Wir werden auf jeden Fall Klartext reden“, kündigt ein Stiftungsmitglied an.
Es wird Stiftungspräsident Konrad Bergmeister sein, der auf der Aktionärsversammlung nicht nur die Rüge vortragen wird, sondern dem auch die undankbare Rolle zufallen wird, den zornigen Kleinaktionären erklären zu müssen, was derzeit gegen eine Haftungsklage spricht. Bergmeister weiß, dass genau das auch für ihn persönlich ein gefährliche Gratwanderung ist. Der Unipräsident und BBT-Verantwortliche legt damit auch seine persönliche Glaubwürdigkeit in die Waagschale.
Unweigerlich dürfte auf der Aktionärsversammlung aber auch ein Argument angesprochen werden, über das die Bankenverantwortlichen bisher lieber den Schleier des Vergessens gebreitet haben.

Die Ermittlungen

Seit fast einem Jahr ermittelt die Bozner Staatsanwaltschaft zu den Millionenverlusten der Sparkasse. Ende Februar durchsuchten Beamte der Carabinieri-Sondereinheit ROS den Sparkassensitz und beschlagnahmten nicht nur Kistenweise Akten und Dokumente, sie stellten auch mehrere Terabyte an Daten aus dem Bankenservern sicher. Anfang April legten die ROS-Beamten dem damaligen leitenden Staatsanwalt Guido Rispoli einen ersten Zwischenbericht vor. Darin werden mehrere konkrete Strafbestände aufgezeigt.

Staatsanwalt Giancarlo Bramante: Leitet die Ermittlung gegen die Sparkasse.

Nach dem Abgang Rispolis hat Staatsanwalt Giancarlo Bramante die heikle Ermittlung übernommen. Wobei von Anfang an drei Fachleute mit am Werk sind. Die Staatsanwaltschaft hat von der Banca d´ Italia drei Inspektoren für diesen Fall angefordert. Vergangene Woche haben die Inspektoren ihren Bericht bei Staatsanwalt Bramante hinterlegt. Nach Informationen von salto.bz ist das Fazit der Bankenaufsicht für die Sparkasse verheerend. Es gibt gleich mehrere Ermittlungsstränge in denen man weit über bankenrechtliche Verfehlungen hinaus ins Strafrecht gerät.
Der Vorschlag, den die Stiftung und ihr Präsident auf der Aktionärsversammlung am Dienstag machen werden, wird deshalb in diese Richtung gehen. Warten wir ab, was die Ermittlung der Staatsanwaltschaft zu Tage fördert. Danach kann man gezielt gegen die wirklich Verantwortlichen vorgehen.
Die Zeit reicht auf jeden Fall. Nach dem Gesellschaftsrecht bleibt fünf Jahre Zeit für eine Haftungsklage.

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Wolfgang Mair Di., 26.07.2016 - 11:33

Die Sparkassenführung sollte die Gelegenheit nutzen, um den Kleinaktionären reinen Wein einzuschenken:Bankaktien, besonders ital. Banken werden sich auch in den nächsten 10 Jahren nicht erholen; dazu ist das Umfeld zu schlecht, die Konkurrenz zu gross; gleichzeitig drängen immer mehr branchenfremde Unternehmen (pay pal, apple pay, fintechs) in den Markt. Besonders regionale Banken werden sich noch schwerer tun, da ihr Markt weitgehend erschlossen ist und eine Expansion (sh. Sparkasse) in andere Märkte extrem schwierig ist. Gleichzeitig wachsen die Regulatorien weiter, die Kreditvergabe wird noch schwieriger da mehr Eigenkapital von den Banken zur Hinterlegung bei der Kreditvergabe verlangt wird. Bill Gates hatte es voraus gesagt: we need banking, not banks.

Di., 26.07.2016 - 11:33 Permalink