Politik | vor der Sommerpause

“Gesetzes-Quickie” im Landtag

Die Grünen kritisieren die Hektik, mit der die Landesregierung in einem Finanzgesetz grundlegende Reformen in verschiedensten Bereichen durchpeitschen will.

“Das wird dann mit dem Nachtragshaushalt geregelt.” Egal, ob bei der Nachbesetzung von Enrico Wegher als Verwaltungsdirektor des Sanitätsbetriebs, der Neuregelung der Mineralwasser-Konzessionen, der Reform des deutschen Schulamtes oder der Hausärzte-Anreize – immer wieder waren die Worte in den vergangenen Wochen von den jeweils zuständigen Landesräten zu vernehmen gewesen. Ab morgen, Mittwoch, befasst sich der Landtag in der letzten Sitzung vor der Sommerpause mit gleich vier Finanzgesetzen. Zwei davon betreffen den Nachtragshaushalt beziehungsweise die Bestimmungen im Zusammenhang damit. Und dieser letztere Gesetzentwurf hat es in sich. “Er ist zu einem riesigen Omnibus-Gesetz verkommen”, sagt Riccardo Dello Sbarba. Und sein Landtagskollege Hans Heiss spricht von einem “Gesetzes-Quickie”, der stellenweise “nach der Ära Durnwalder” schreie. Die Grünen kritisieren weniger den Inhalt der Reformen, die im Landesgesetzentwurf Nr. 130/17 enthalten sind als vielmehr das Vorgehen der Landesregierung.

Warum es so nicht geht

Dass grundlegende, ja sogar radikale Reformen nun mit dem Nachtragshaushalt verabschiedet werden sollen, stößt den Grünen sauer auf. “Die zuständigen Gesetzgebungskommissionen, die das nötige Fachwissen hätten, wurden umgangen”, kritisiert Brigitte Foppa. Da der Nachtragshaushalt in die Zuständigkeit der Finanzkommission fällt, wurden auch die Bestimmungen dazu nur dort behandelt – obwohl sie Bereiche wie Energie, Gesundheit und Bildung betreffen und weit über Haushaltsänderungen hinaus reichen. Eingebracht wurden die Änderungen von der Landesregierung, der Landtag soll nur mehr seinen Segen geben.
“Man höhlt die Legislative aus, während die Landesregierung, fast schon systematisch, die starke Exekutive markiert”, bemängelt Heiss. Was den Grünen noch aufgefallen ist: die Hektik, mit der das Kabinett Kompatscher vorgegangen ist. Selbst die Mitglieder der Mehrheit seien zum Teil perplex gewesen, dass die Landesregierung “die Normen durch die Haushaltskommission gejagt haben wie die Sau durchs Dorf”, wie es Heiss bildlich beschreibt. Der Kommission sind immerhin weitere 10 Punkte zu dem bereits 30 Artikel umfassenden Gesetzentwurf vorgelegt worden. Für Heiss ist die Sache klar: “Die Eile weist auf handwerkliche Mängel hin, die die Landesregierung bei eigenen Gesetzen zutage gelegt hat – nun wird versucht, Aus- und Nachbesserungen an bestehenden Gesetzen vorzunehmen, Einzelsituationen zu sanieren und Ungesetzliches gesetzlich zu verankern.”

Gewollte Überforderung?

Im Minderheitenbericht, den Hans Heiss für die Grünen vorgelegt hat, geht er insbesondere auf die Bereiche Energie und Konzessionen, Bildung und Gesundheit ein. Er bemängelt nicht die Maßnahmen an sich, sondern, dass wichtige Themen nicht in der zuständigen Gesetzgebungskommission behandelt wurden. Darunter der Gratisstrom oder die Erhöhung der “lächerlichen” (Heiss) Konzessionsgebühren für Mineralwasser-Produzenten. Der jährliche Mindestzins von 7.114 Euro soll verfünffacht werden. “Absolut bescheiden” nennt Heiss die Erhöhung, die bei vielen Produzenten gar “nicht vor 2038” greifen wird.

Auch die Neuerungen im Bereich Bildung hätten “nichts im Haushaltsgesetz zu verloren”, so die Grünen. So hätte sich Brigitte Foppa eine breite und öffentliche Diskussion zur Neuorganisation des Schulamts gewünscht: “Auf den ersten Blick wirkt die neue Struktur sehr hierarchisierend. Auffällig ist auch die Nähe der neuen Figur des Bildungsdirektors zum Landesrat.” Mit Neuerungen wie die Ausweitung der Rückerstattung von Studiengebühren auf internationale Universitäten oder der Beibehaltung des Bücherschecks ist Foppa “grundsätzlich einverstanden”. Aber sie findet es “gravierend”, dass die zuständige Kommission nicht damit befasst wurde. “Schließlich haben die Gesetzgebungsausschüsse die Pflicht, Gesetzesvorschläge zu prüfen und zu verbessern.”

Und dass die Hausärzte nun im Nachtragshaushalt Einzug gehalten haben, wundert nicht zuletzt Riccardo Dello Sbarba: “Erst im April hat der Landtag die Gesundheitsreform verabschiedet. Davor wurde zwei Jahre lang diskutiert.” Dass jetzt bereits nachgebessert werden soll, erweckt bei Brigitte Foppa den Eindruck, dass “hier laufend ein errata corrige der eigenen Gesetze stattfindet”.

Warum aber wählt die Landesregierung den Weg über den Nachtragshaushalt, um derart vielfältige und komplexe Neuerungen einzuführen? Und überfordert damit die Mitglieder des Finanzausschusses? Hans Heiss vermutet: “Aus der Sicht der Landesregierung bewähren sich Finanzgesetze als ideale Reparaturwerkstatt, unter deren Schutz die Regierung und ihre Mitglieder auch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit geschickt zerstreuen können.” Als Oppositionspartei wollen die Grünen das verhindern. Ebenso wie Heiss hat übrigens auch Tamara Oberhofer von den Freiheitlichen einen Minderheitenbericht eingereicht.