Politik | Gemeinderat

Brunecker Patriarchat

Im Gemeinderat von Bruneck sitzen künftig nur fünf Frauen zwischen 22 Männern. Drei von ihnen schildern, woran es liegt und was sich ändern muss.
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Foto: Stadtgemeinde Bruneck

Bruneck brachten die Gemeindewahlen vom 20. Und 21. September keine neuen Mehrheitsverhältnisse. Ungeachtet des Verlustes von circa Zweiprozentpunkten an Listenstimmen und eines Mandates, bleibt die Volkspartei mit 15 Gemeinderatssitzen unter der Führung des bestätigten Bürgermeisters Roland Griessmair weiterhin tonangebend. Mit gehörigem Abstand dahinter platzieren sich das Team K mit vier, die Grünen mit drei, die italienische Bürgerliste Il Polo mit zwei und Lega, Südtiroler Freiheit sowie Movimento Cinque Stelle mit jeweils einem Mandat. Eines haben die kleinen Parteien der großen Regierungspartei aber voraus: Sie stellen den Großteil der wenigen weiblichen Gemeinderäte.

Der neugewählte 27-köpfige Gemeinderat präsentiert sich nämlich alles andere als rühmlich. Lediglich fünf Frauen werden künftig politisch ein Wörtchen mitreden können im Brunecker Rathaus, eine weniger als noch in der vergangenen Legislatur. Und das, obwohl in Bruneck Frauen fleißiger von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten, als Männer. Südtirolweit finden im Vergleich durchschnittlich 25% Frauen Platz im kommunalen Vertretungskörper.

Ordnungsgemäß gewählt wurden in Bruneck sogar nur vier Frauen: Ursula Steinkasserer Goldwurm für die SVP, Johanna Schmiedhofer Ganthaler und Elisabeth Mair für die Grünen, sowie Wilma Huber für das Team K. Weil Markus Falk von der Fünf-Sterne-Bewegung seinen Posten nicht wahrnehmen wird, rückt mit Barbara Medei eine fünfte Frau in den Gemeinderat nach.

„Ich bin sehr erschüttert und empfinde es als schlimm, dass so wenige Frauen im Gemeinderat vertreten sind. Die Präsenz des weiblichen Geschlechts in der Gemeindepolitik ist in keiner Weise ein guter Spiegel der Gesellschaft“, findet Ursula Goldwurm, die seit sechs Jahren für die Volkspartei im Gemeindeausschuss vertreten ist und dort unter anderem auch für Belange der Frauen zuständig war.

 

Woran es liegen könnte, dass Bruneck als urbanes Zentrum im Pustertal ein denkbar schlechtes Beispiel für die angemessene Repräsentation des weiblichen Geschlechts ist, kann sich Goldwurm nicht erklären. Es sei in den letzten Jahren eigentlich viel in Frauenarbeit investiert worden. Es brauche womöglich aber einen zusätzlichen Anreiz: „Man muss einfach eine bestimmte Anzahl an Posten - egal ob im Gemeinderat oder im Ausschuss - für Frauen reservieren, bis man es schafft, dass Frauen endlich Frauen wählen und eine 50/50 Präsenz erreicht wird in öffentlichen Gremien.“

Für Quoten stark macht sich auch die Grüne Neo-Rätin Elisabeth Mair, „um zumindest einen Übergang zu ermöglichen und sich daran gewöhnen zu können, Frauen auch in anderen Rollen zu sehen, als nur daheim.“ In Bruneck bestehe dahingehend noch viel Aufholbedarf, was sie auch als mögliche Erklärung für das schlechte Frauenergebnis im Pusterer Hauptort heranzieht: „Einen Großteil der Stimmen hat die SVP bekommen, die meines Erachtens in Bruneck ziemlich traditionell ist. Und die traditionellen Wähler sind nun mal männerlastig. Die Politik wird einfach mit dem Mann verbunden.“  

 

Die Frauen sind oft auch noch in der traditionellen Rolle gefangen, waren und sind in der Politik bestenfalls eine Randerscheinung. Ich empfinde das in Bruneck überhaupt ganz stark. Und alte Gewohnheiten werden einfach weitergeführt. 

Dass die SVP nicht ganz unschuldig an der Misere sei, meint auch Wilma Huber vom Team K. „Bei den Grünen sind zwei von drei Gemeinderäten Frauen, beim Team K ist es einer von vier Gemeinderatssitzen, der an eine Frau geht. Mich schockiert, dass von 30 Kandidaten auf der Liste der SVP nur eine Frau im Gemeinderat gelandet ist.“  Von Quoten, um der weiblichen Unterrepräsentation Einhalt zu gebieten, hält Huber aber nichts.

 

Quoten bringen nichts. Dadurch verliert mein Sitz und meine Kompetenz an Wert. 

Viel mehr brauche es Rückendeckung von Frauen für Frauen: „Die Frau hat ein Problem, Frauen zu wählen. Der Konkurrenzkampf unter uns ist wesentlich größer, als jener unter den Männern.“ Aber auch Letzteren müsse deutlich gemacht werden, so Huber, dass „Frau gleich viel wert wie Mann“ sei und sich beide gut ergänzen. Letztendlich sollen die Kompetenzen einer Person darüber entscheiden, wer den Vorzug für ein politisches Amt erhalte. 

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rotaderga Sa., 26.09.2020 - 13:05

"Brunecker Patriarchat"
Dieser Titel ist nicht genderkonform, Salto scheint nicht up to date zu sein.
In diesem Falle ist phallozentrischer Lastung korrekt, oder?

Sa., 26.09.2020 - 13:05 Permalink