Kultur | Salto Afternoon

Architektur im Buch und am Tablet

Das Buch "Schauplätze der Architektur in Südtirol" wird morgen in Bozen präsentiert. Salto.bz hat vorab mit einem der drei Autoren gesprochen.
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Foto: Quelle: Folio Verlag

Salto.bz: Ihr Architekturbuch ist nicht das erste Buch zur Architektur in Südtirol. Worin unterscheidet es sich von den anderen Architekturführern?
David Calas: Architekturbücher zur Architektur in Südtirol gibt es bereits einige. Wir wollten nicht das übliche Buch von Architekten – für Architekten. Unsere Motivation lag darin einen Architekturführer zu schreiben und zu gestalten, der eine inhaltsvermittelnde Rolle für eine breite Leserschaft einnimmt. So grenzt sich dieses Buch aufgrund unterschiedlicher Stilmittel und Kommunikationsmethoden klar von traditionellen Architekturbüchern ab.

Was wolltet ihr vorlegen, um euch abzugrenzen?
Wir wollten den Architekturführer neu interpretieren, weshalb sich der Ausdruck ändern musste. Durch dialektale Kreativtitel, klare Skizzen, inspirierende Fotos, persönliche Einsichten sowie Augmented Reality – erweiterte Realität  –, wollten wir das Verständnis hinsichtlich Architektur maximieren. Denn schließlich ist Architektur in den meisten Fällen eine Reflexion gesellschaftlicher Handlungsweisen, weshalb eine rückwirkende Kommunikation zu dieser notwendiger wird.

Ihr habt zahlreiche Architektur-Juwele versammelt und beschrieben. In welchem der beschriebenen Gebäude würden Sie gerne wohnen?
Eigentlich würde ich gerne in allen Architekturobjekten zumindest eine Zeit lang, wenn möglich, wohnen oder verweilen. Besonders überrascht haben mich die Strohballenhäuser am Esserhof in Lana. Eigentlich eine klare und reduzierte Architektur, deren sinnliche Räumlichkeiten eine besondere Form des Zu-sich-kommens ermöglichen. Auch im Bunker 23 bei Tartsch von Benny von Spinn lässt es sich sehr toll verweilen. Unglaublich, wie durch Kreativität und Unternehmenswillen ein ehemaliges kriegerisches Relikt in einem Aufenthalts- und Wohnort für Kultur umgewandelt werden kann.

In der Buchgestaltung geben Sie nicht nur den Gebäuden, sondern auch den Architekten und Architektinnen einen gebührenden Platz. Beschreiben Sie kurz Ihr Konzept.
Mit unserem Buch möchten wir eine verschiedenartige Inhaltsvermittlung von Gebautem im Spezifischen und Baukultur im Allgemeinen erreichen. So gliedern sich die Kapitel weniger nach Bautypologien sondern mehr nach Themen, wie beispielsweise „Ganz oben“ oder „Bodenständig“. Kreativtitel, die mit den gezeigten Werken architektonische Tendenzen und Praktiken aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Die Architekturobjekte werden anhand von Fotos gezeigt, Texten beschrieben, Skizzen und sogenannten „Shouts“ (Kurzinfos als Hinweise) erklärt und bei elf Beispielen mit Augmented Reality (von Clemens Horvath entwickelt) am Handy oder Tablet in der dritten Dimension erweitert. Zusätzlich kommen Architekten, Bauherren sowie Akteure in einem Kastentext mit Profilfoto zur Sprache. Diese vermitteln eine direkte Einsicht in den Entstehungsprozess der Architektur sowie in dessen Nutzung. Es ist uns wichtig auch dem Leser selbst einen Platz zur Meinungsäußerung zu geben. Aus diesem Grund beinhaltet jede Seite einen Bereich für eigene Notizen.

Eine Gesamtheit an Vermittlungsstrategien, die es erlauben hinter die Kulissen von Architektur zu blicken und lesen. Unser Ziel ist erreicht, wenn das Buch eine persönliche Note bekommt, beschriftet wird und somit zum persönlichen Architekturführer wird.

Wie werden die Fotos zum Text gebaut, bzw. es wird ja sogar Text in die Fotos gebaut. Das Buch hat Ähnlichkeiten zu einem Kunst-Katalog, aber auch einer Bauanleitung…
In den meisten Fällen sind Texte und Fotos zeitgleich bzw. gemeinsam bei unseren Südtirol-Aufenthalten entstanden. Während der Fotograf, Sven Wuttej, die Werke bestmöglich fotografisch inszenierte, hatte ich Zeit kleinere Textbausteine zu verfassen. In dieser fotografischen und textlichen Auseinandersetzung entstand auch der Wunsch auf direkte Details und Entwurfsentscheidungen hinzuweisen. Diesem sind wir im Buch nachgekommen indem Text und Bild öfters miteinander in Symbiose treten. Somit entstand weniger eine Bauanleitung, jedoch eine Betrachtungs- bzw. Erfahrungsanleitung die durch persönliche Einblicke erweitert werden kann.

Nach welchen Kriterien sind Sie bei der Auswahl der Gebäude vorgegangen?
Bei der Auswahl der Gebäude wollten wir den facettenreichen Esprit Südtirols sowie die verschiedenartigen Zugänge zu Architektur zeigen. Weshalb wir auf eine Durchmischung an bekannten und weniger bekannten Bauwerken achteten. Wichtig war uns die Bedeutung der gebauten Strukturen für die Baukultur Südtirols. Somit können wir behaupten auf der Suche nach gebauten Statements gewesen zu sein um möglichst viele Zugänge zu Architektur zu legitimieren. Die Gebäude unterscheiden sich deshalb stark nach Typologie, Nutzung, Größe, Entstehungsgeschichte sowie Entstehungsjahr. Hinzu kommt, dass die Werke gleichmäßig auf ganz Südtirol verteilt sind und in den meisten Fällen, bis auf zwei Ausnahmen, öffentlich zugänglich sind.