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Gefährlicher Präzedenzfall

Das Schiedsgericht für Finanzstreitigkeiten hat die Volksbank zur Zahlung von Schadenersatz an eine Kundin verurteilt, die 2013 und 2015 Bankaktien erworben hat.
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Foto: Hannes Prousch
"Diese Entscheidung ist bahnbrechend“,  zeigt sich Walter Andreaus euphorisiert. Der Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Südtirol reagiert so auf eine Meldung der „Neue Südtiroler Tageszeitung“. Die Tageszeitung hatte berichtete, dass eine Kundin der Südtiroler Volksbank vor dem Schiedsgericht für Finanzstreitigkeiten in einem Streitfall um den Erwerb bankeigener Aktien einen Sieg errungen hat. Die Volksbank wurde vom Schiedsgericht dazu verurteilt, der Kundin 16.251,48 Euro zu erstatten.
Jenseits des Einzelfalls könnte diese Entscheidung für die Bank weitführende Folgen nach sich ziehen. Wir haben viele der Fälle untersucht, und obschon nicht alle Fälle in das Muster hineinfallen, sind wir der Meinung, dass viele KundInnen ebenfalls Anrecht auf Schadersatz haben könnten, da das Schiedsgericht verschiedene Fehler und auch schwerwiegende Unterlassungen des Bankinstituts festgestellt hat“, sagt jetzt Walter Andreaus. Der Verbraucherschützer verweist zudem darauf, "dass dieses Schiedsgericht aus Experten des Finanzsektors besteht, und seine Entscheidungen allein deshalb besonderes Gewicht haben.“
 

Der Fall

 
Die Kundin hatte im Jahr 2013 und anlässlich der Kapitalerhöhung 2015 insgesamt 1.242 Aktien der Südtiroler Volksbank erworben. Sie zahlte dafür 23.786,40 Euro und der von ihr bezahlte Durchschnittspreis pro Aktie betrug damit 19,15 Euro.
Doch die  Aktien haben in den letzten Jahren stetig an Wert verloren, und waren für lange Zeit auch unverkäuflich (illiquide). Die Kundin hatte deshalb bereits 2018 Beschwerde bei der Bank eingereicht, und die Art, wie der Verkauf abgewickelt wurde, beanstandet. 
Die Kundin beklagte in erster Linie, dass die Bank bei der Erstellung ihres Anlegerinnen-Profil nicht korrekt vorgegangen war, da die Angaben über ihre Erfahrungen und Kenntnisse im Finanzbereich nicht präzise erfasst wurden. Daraus ergab sich eine nicht korrekte Bewertung der Angemessenheit der Geldanlage im Verhältnis zum Risikoprofil.
 
 
Die Kundin beklagte des weiteren auch die irreführenden Angaben in der Dokumentation, welche die Bank über das Produkt zur Verfügung gestellt hatte. Im Produktinformationsblatt stand nämlich zu lesen: „Das Preislimit darf nicht unter den Ausgabepreis der Aktien sinken“.
Das Risiko der Unverkäuflichkeit der Aktien wurde nicht dargestellt; auch wurden weitere Informationspflichten, welche die Börsenaufsicht den Emittenten von Wertpapieren auferlegt, nicht befolgt.
 

Die Entscheidung

 
Das Schiedsgericht hat die Beschwerden der Dame als für annehmenswert befunden, und dem Rekurs stattgegeben. Dabei ist nach Meinung der Verbraucherschützer vor allem eine Passage aus dem Schiedsspruch besonders wichtig:
Das Kollegium kann sich in der Tat nicht davon enthalten, hervorzuheben, dass das vom Beklagten (also der Bank, AdR) erstellte Produktinformationsblatt sich objektiv äußerst wenig klar, und unter gewissen Aspekten irreführend präsentiert, in Bezug auf den Grad der Liquidierbarkeit der Aktien.“.
Dieser Absatz machw deutlich, dass sich die Bank bei der Information an die Kunden nicht korrekt verhalten hat, als die Aktien öffentlich verkauft wurden.
Das Schiedsgericht fügt hinzu: „Im untersuchten Fall muss man nämlich annehmen, unter Befolgung des Prinzips der relativen Wahrscheinlichkeit (principio del ‚più probabile che non‘), dass bei einer korrekten Erfüllung der Pflichten des Beklagten, die Rekursstellerin davon abgesehen hätte, die beanstande Geldanlage durchzuführen.
 

Der Schaden

 
Wichtig ist aber auch die Bewertung, die das Schiedsgericht zum Ausmaß des Schadens vorgenommen hat. „Man muss diese Bewertung auch auf den derzeitigen Wert der Aktie umlegen“, meint Walter Andreaus.
 
 
Die Volksbankaktie wird inzwischen über die multilaterale Handelsplattform Hi-Mtf gehandelt. Man gibt derzeit den Wert nach demdort angegebenen Preis mit 11,90 Euro an. Laut Schiedsgericht sei das aber nicht richtig. Sondern dieser Wert müsse um 50% verringert werden, angesichts des geringen Handelsvolumens und der Möglichkeit, die Wertpapiere zu verkaufen. Mit anderen Worten: die von der Kundin besessenen 1.242 Aktien sind insgesamt 7.389,90 Euro wert, was einem Preis pro Aktie von 5,95 Euro entspricht.
Der Kundin wurde ein Schadenersatz von 15.731,16 zugesprochen, zu welchem noch 520,32 Euro Geldentwertung kommen, sowie die Zinsen ab dem Datum der Beschwerdeeinreichung bis zur Zahlung.
Die Aktien verbleiben dabei im Besitz der Kundin, welche nun theoretisch auch versuchen könnte, diese auf der Hi-Mtf-Plattform zu verkaufen.
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Profil für Benutzer Steuer Zahler
Steuer Zahler Di., 26.11.2019 - 16:21

Die Situation der unverkäuflichen Volksbankaktien reiht sich in die schon reichlich kommentierten Umstände des "Abgangs" von Generaldirektor Schneebacher ein, siehe Salto-Artikel.
https://www.salto.bz/de/article/30102019/freiwilliger-abgang
Es macht keinen guten Eindruck, wenn man seine Abschiedsmail an die Mitarbeiter liest und daraus entnimmt, dass er schon seit langem "neue Herausforderungen" sucht. Nach dem Motto: Jetzt wird's hier brenzlig, ich bin dann weg... Hinterlassen wird eine Bank mit Millionen an Verlusten, mit vergraulten Aktionären, Kunden und Mitarbeitern und die Wahrscheinlichkeit einer Fusion und einer radikalen EDV-Umstellung.
Aber es hat schon den Beigeschmack von Sarkasmus, wenn Schneebacher sogar an der Auswahl seines Nachfolgers teilnimmt. Er wurde schon mehrmals im Kaiserkron beim Abendessen zusammen mit Präsident Michaeler und Josef Prader (der von der Prader Bank) gesichtet...
Schneebacher war übrigens auch in der Auswahlkommission des Generaldirektors der Sanitätseinheit Schael: Möge das jeder bewerten, wie er will.

Di., 26.11.2019 - 16:21 Permalink